zur Artikelübersicht

Open Hardware in den Ingenieurwissenschaften

Im Rahmen des Fellow-Programms Freies Wissen fördern wir junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die offene Wissenschaft betreiben möchten. In diesem Gastbeitrag berichtet Stipendiat Hans Henning Stutz über sein Fellow-Projekt. Das Ziel: Ein geotechnisches Laborgerät zu reproduzieren und Baupläne und Methodologie frei zugänglich zu machen.

Christopher Schwarzkopf

27. März 2018


Das Fellow-Programm Freies Wissen geht in die dritte Runde! Noch bis zum 15. Mai können sich interessierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus allen Fachrichtungen bewerben. Zur aktuellen Ausschreibung geht es hier entlang.


Das Fellow-Programm Freies Wissen ist eine Initiative von Wikimedia Deutschland, dem Stifterverband und der VolkswagenStiftung, um junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei zu unterstützen, ihre eigene Forschung und Lehre im Sinne Offener Wissenschaft zu öffnen und damit für alle zugänglich und nachnutzbar zu machen. Denn: Wir glauben an das Potential offener und kollaborativer Forschung. In unserem Blog stellen die Fellows einige ihrer Projekte vor und berichten über ihre Erfahrungen im Umgang mit offener Wissenschaft in der Praxis. Hier berichtet Stipendiat Hans Henning Stutz über sein Projekt Das Gläserne Gerät von der Entwicklung, zur Nutzung bis zum Datensatz : Geotechnik meets Science 2.0.

Reproduzierbarkeit ist ein Kriterium, das in experimentellen Studien eines der maßgebenden sein sollte. Durch die häufig nicht vorhandene Möglichkeit, einen Test- bzw. Versuchs-Aufbau genau zu replizieren, ist diese Reproduzierbarkeit für Forschende oftmals aber nur schwer zu erreichen. Sollte ein solcher Test- oder Versuchs-Aufbau auf kommerziellen Produkten beruhen, ist es oftmals sehr unklar, wie die Analysen und Tests genau durchgeführt wurden. Das ist einmal durch die häufige „Black-Box“-Bauweise der Versuchsgeräte und/oder den hohen Preis des kommerziellen Produkts bedingt. Wenn Versuchsgeräte nur schwer reproduzierbar sind, sind es auch die Ergebnisse. Dieses Problem war für mich immer wieder offensichtlich, wenn ich versuchte mit fremden Datensätzen zu arbeiten um anhand dieser Modelle zu kalibrieren.

Offene Wissenschaft digital und analog

Aus diesem Hintergrund entwickelte ich die Projektidee für das Fellow-Programm Freies Wissen, welches gemeinsam von Wikimedia, dem Stifterverband und der VolkswagenStiftung initiiert und gefördert wird. Dabei spielte es für mich eine wesentliche Rolle für das Projekt, eine Idee zu entwickeln, welche die doch sehr digitale Open-Science-Welt mit der analogen Welt zu verbinden vermag. Dies habe ich mit dem Projekt “Das Gläserne Gerät von der Entwicklung, zur Nutzung bis zum Datensatz : Geotechnik meets Science 2.0 ” versucht umzusetzen.

Die Idee, welche in dem Projekt realisiert werden soll, ist es, ein bodenmechanisches Laborgerät zu entwickeln bzw. zu reproduzieren, welches in dieser bzw. ähnlicher Form in verschiedenen Untersuchungen bislang bereits genutzt wurde. Dabei ist es im Projekt verankert, die Entwicklung des Gerätes offen zu dokumentieren und so anderen Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, das Gerät in ihrem eigenen Labor zu installieren bzw. zu implementieren. Dabei können durch die Verfügbarkeit der Pläne und Steuerungen Anpassungen vorgenommen werden, welche z. B. in anderen Labors nützlich oder sinnvoll sein können. Erste Informationen sind auf dem Blog OpenGeoLab.com zu finden.

Durch den Start dieses Projektes konnten interessante und belebende Kontakte in meiner eigenen wissenschaftlichen Community geknüpft werden, sodass dies zu einer Initiative geführt hat, welche in naher Zukunft aktiv werden wird. Diese Initiative hat als Zielgruppe die sehr spezifische Fachgesellschaft der Geotechnik als Ganzes. Die Idee ist es, Open Science im Generellen, aber insbesondere Aspekte wie “Open Hardware” und “Open Methodology” in dieser Community umzusetzen, um dabei in den doch eher traditionellen Ingenieurswissenschaften als eine Art Role-Model zu dienen. Im Rahmen dieser Initiative hat sich gezeigt, dass viele auch sehr erfahrene Wissenschaftler ein großes Interesse an dieser Art der Wissenschaft haben, es jedoch aus unterschiedlichen Gründen leider selten tun. Genau dies ist ein Aspekt, der immer wieder in den Diskussionen und im Mentoring rund um das Fellow-Programm zu Sprache kommt. Um Open Science in der Wissenschaft auf lange Sicht präsenter zu machen hilft es meiner Ansicht nach nur, wenn wir erfolgreiche und umgesetzte Projekte haben.

Der Autor (rechts) mit seiner Mentorin Prof. Dr. Claudia Müller-Birn bei der Vorstellung seiner Projekt-Roadmap, Bild: Ralf Rebmann, Auftaktveranstaltung Fellow-Programm Freies Wissen 2017 080, CC BY-SA 4.0

Konkrete Informationen zu dem im Rahmen des Fellow-Programms entwickelten Gerätes sind auf der Projektseite zu finden. Die gesamte Dokumentation des Gerätes wird momentan überarbeitet, um eine Reproduzierbarkeit zu gewährleisten. Es ist wie folgt gegliedert: Materiallisten sowie die Materialkomponenten werden über Github zu Verfügung gestellt. Die fertigen Konstruktionspläne im modifizierbaren Format (.stl) werden mittels Zenopodo.org oder über den OpenScienceFramework zugänglich gemacht werden. Der Einfachheit halber werden die Pläne nach der Fertigstellung des Gerätes einer letzten Anpassung unterzogen, sodass während der Konstruktion aufgetretene Änderungen eingearbeitet sind, und danach online hochgeladen. Neben den mechanischen Teilen und unterschiedlichen Komponenten, wird auch die Steuerungssoftware zu Verfügung gestellt.

Aktueller Entwicklungstand des OSInterface Gerätes, Bild: Hanshenningst, Open Science interface shear device (construction status), CC BY-SA 4.0

Der Hauptfokus hierbei liegt auf der Hardware und dessen notwendige Komponenten. Im weiteren ist es das erklärte Ziel des Projektes, das entwickelte Gerät über das Fellow-Programm hinaus nachnutzbar zu machen. Dies wird es ermöglichen, an der Entwicklung zu partizipieren. Da ich mir aber durchaus bewusst bin, dass es schwierig sein kann auf Grund von Zeit, Geld und Mangel an Herstellungsmöglichkeiten dieses Gerät selber zu reproduzieren, wird die Nutzbarkeit  ein weiterer wichtiger Baustein meines Fellowship-Projektes. Dies geschieht mittels einer Nutzervereinbarung, sodass die Daten welche mit dem Gerät gewonnen werden als Open Data zur Verfügung zu stellen werden. Auch wenn es bei Nutzung des Gerätes durch Dritte stattfindet.

Wie eingangs von den Mentoren bemerkt wurde, ist dieses Projekt sehr ambitioniert gewesen – und ist es immer noch. Jedoch bin ich als einer der aktuellen Fellows sehr dankbar für die Möglichkeit, im Rahmen dieses Projektes zusammen mit Wikimedia und allen anderen Beteiligten an einem solchen Projekt arbeiten zu können. Hierbei ist vor allem die Diversität der unterschiedlichen Fachdisziplinen bei den Fellows sowie den Mentoren als sehr stimulierend zu bewerten.

Im Rahmen dieses Projektes sind zahlreiche Anregungen entstanden, wie das ganz konkrete Projekt weitergeführt werden kann, und darüber hinaus, wie Open Hardware im Allgemeinen der Gesellschaft und der Wissenschaft helfen kann. Als eins meiner persönlichen Highlights im Bereich der Open Hardware ist hierbei das Projekt von Waterscope zu nennen, welche Open Hardware nutzen um die Wasserqualität zu verbessern und somit es schaffen, dass diese Entwicklungen der gesamten Bevölkerung zugute kommen.


Zum Autor: Hans Henning Stutz ist Bauingenieur und arbeitet als Assistant Professor in der Geotechnik an der Universität Aarhus im Department für Ingenieurwissenschaften. Sein Forschungsschwerpunkt liegt hierbei in der Entwicklung von innovativen Konzepten zu experimentellen Untersuchungen in der Bodenmechanik, sowie der numerischen Modellierung von komplexen bodenmechanischen Zusammenhängen. Im Rahmen des Fellowprogramms entwickelte er ein Konzept für ein bodenmechanisches Laborgerät als Open Hardware und Open Labspace.


Weitere Gastbeiträge unserer Fellows im Wikimedia Deutschland Blog:


 

Kommentare

  1. […] Hans Henning Stutz: Open Hardware in den Ingenieurwissenschaften […]

  2. […] Hans Henning Stutz: Open Hardware in den Ingenieurwissenschaften […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert