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Wissenschaftler diskutieren Science 2.0 in Hamburg

Christopher Schwarzkopf

10. April 2014

Dies ist ein Gastbeitrag von Daniel Mietchen, Wissenschaftler am Museum für Naturkunde in Berlin und aktiver Wikimedianer. Beruflich und privat befasst er sich mit Open Science und Open Acess und hat anlässlich einer Konferenz zum Thema “Science 2.0” in Hamburg einen Wikimedia-Workshop gegeben.

Am 26. und 27. März fand in Hamburg eine Konferenz zum Thema “Science 2.0” statt, ausgerichtet vom gleichnamigen Leibniz-Forschungsverbund “Science 2.0”, in welchem Wikimedia Deutschland Mitglied ist. Ziel des Forschungsverbundes ist es, zu erforschen, wie die Verfügbarkeit und Nutzung von Web 2.0-Technologien und -Netzwerken das Umfeld und die Arbeitsabläufe von Wissenschaftlern verändern, und Wikimedia Deutschland bringt sich dabei vor allem mit Beiträgen zu Freiem Wissen ein.

Im Vorfeld der Tagung fand vom 24.-25. März ein Doktoranden-Symposium und am 25. ein Wikimedia-Workshop statt, den ich leitete. In diesem Workshop ging es darum, die Teilnehmer sowohl mit allgemeinen Wikimedia-Prinzipien als auch Unterschieden zwischen den einzelnen Projekten und Sprachversionen vertraut zu machen, ihnen grundlegende Fertigkeiten für eigene Beiträge zu vermitteln und Wikimedia-Projekte im Kontext von Science 2.0-Aktivitäten einzuordnen. Ich denke, das ist gelungen.

Die Konferenz selbst wurde am 26. nach einleitenden Worten von Prof. Klaus Tochtermann, dem Sprecher des Forschungsverbunds, durch eine Video-Botschaft von EU-Kommissarin Neelie Kroes eingestimmt, worin sie die Bedeutung digitaler Technologien und die Möglichkeiten offener Wissenschaft unterstrich:

Neelie Kroes: Open digital science. Lizenz: CC BY 2.0

 

Leider spielte das Thema Freies Wissen an diesem ersten Tag anschließend nur eine untergeordnete Rolle: Open Access und Open Data wurden zwar diskutiert, doch in beiden Fällen mehr mit Fokus auf Lesezugriff und nicht im Hinblick auf Nachnutzbarkeit. Aus Wikimedia-Sicht besonders interessant – wenn auch nicht überraschend – waren die von Thomas Köhler vorgestellten Resultate einer im Rahmen des Forschungsverbundes erhobenen Umfrage unter Wissenschaftlern an deutschen Forschungseinreichtungen, wonach fachübergreifend fast alle regelmäßig Wikis (und da wohl vor allem Wikipedia) lesen, aber nur wenige von ihnen auch selbst dazu beitragen (Folien 25-29).

Das Programm war im wesentlichen als Abfolge von Frontalvorträgen strukturiert, was in Anbetracht des Themas schon verwundert. Einige dieser Beiträge waren dennoch sehr lebhaft, zum Beispiel diejenigen von David Nicholas zu Glaubwürdigkeit im sozialen Netz und Ursula Schulz zur Nutzbarkeit von Bibliotheks-Webseiten. PDF-Versionen der Vorträge sind aus dem Programm verlinkt, obgleich nicht offen lizensiert. Videos sollen noch folgen. Aufgelockert wurde das Format durch eine Reihe 3-minütiger Lightning Talks nach der Mittagspause, gefolgt von einer Poster-Session.

Am Abend trafen sich die Konferenzteilnehmer auf einem Binnenschiff zu einer Rundfahrt auf der Elbe, doch da saß ich schon wieder im Zug. Den zweiten Tag habe ich in Teilen per Video-Stream verfolgt. Besonders erwähnenswert ist hier der Vortrag von Paweł Szczęsny, einem der wenigen Teilnehmer, die Science 2.0 selbst praktizieren.

Science 2.0 – and now what? from Pawel Szczesny Lizenz: CC BY-SA 2.5

 

Dem folgte noch ein Vortrag von Celina Ramjoué, in welchem sie die Richtlinien der EU-Kommission zum Lesezugriff auf wissenschaftliche Publikationen und Daten erläuterte.

Insgesamt war die Tagung eine gute Gelegenheit, sich über Aktivitäten rund um Science 2.0 auszutauschen und in diesem Zusammenhang Interesse für freies Wissen zu wecken. Mir persönlich hat es dabei etwas an “Science” gefehlt (was in der Tagungssprache ja im wesentlichen für Naturwissenschaften steht und die hier stark vertretenen Bibliotheks- und Informationswissenschaften nicht einschließt), das Programm war für eine “2.0”-Veranstaltung aus meiner Sicht durchaus interaktiver sein können, und für eine internationale Tagung wäre es schön gewesen, mehr internationale Beiträge zu haben. Die Organisatoren haben auf solche Anregungen recht positiv reagiert, so dass zu erwarten ist, dass die nächste Veranstaltung dieser Art sich noch verbessern wird.

Abschließend sei noch angemerkt, dass das ansonsten bei ähnlichen Veranstaltungen sehr auf Wikipedia fokussierte Interesse an Wikimedia-Aktivitäten bei vielen Konferenzteilnehmern dieses Mal eine merkliche Wikidata-Komponente ent- bzw. in Diskussionen erhielt. Darauf sollten wir bei weiteren Aktivitäten in wissenschaftlichen Kontexten – z.B. bei der MS Wissenschaft oder allgemein im Wissenschaftsjahr zur Digitalen Gesellschaft – verstärkt achten und ggf. eingehen.

Kommentare

  1. […] 15.04.2014: Ein Fazit, dass grob etwa in gleiche Kerbe schlägt hat Daniel Mietchen hier […]

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