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E-Lending

Stellungnahme veröffentlicht

Das Justizministerium hat in einem Konsultationsprozess um Perspektiven zum E-Lending gebeten. Gemeinsam mit COMMUNIA, der Gesellschaft für Freiheitsrechte, der Open Knowledge Foundation Deutschland und AlgorithmWatch ist Wikimedia Deutschland dieser Einladung gefolgt. Unsere Stellungnahme unterstreicht: Wie bereits im Koalitionsvertrag angedeutet, bedürfen die Rahmenbedingungen des E-Lendings einer fairen gesetzlichen Regelung.
Biblioteca de la Universidad Eötvös Loránd, Budapest.

Jan-David Franke

28. Juni 2023

Wer schon einmal ein E-Book bei einer öffentlichen Bibliothek ausgeliehen hat, weiß um die Vorzüge (und möglicherweise auch die Nachteile) des sogenannten E-Lending. Unabhängig von Öffnungszeiten und Ort können so —  nach Legitimation mit dem Bibliotheksausweis —  E-Books, E-Magazine und weitere digitale Medien heruntergeladen und auf Endgeräte übertragen werden. Nach Ablauf der Leihfrist ist eine weitere Nutzung der Dateien nicht mehr möglich. Dementsprechend fallen auch keine Versäumnisgebühren an. Sofern ein Titel nicht bereits von anderen Nutzer*innen reserviert ist, kann dieser beliebig oft erneut ausgeliehen werden. Die Leihfristen legt die jeweilige Bibliothek individuell fest.

Leider gibt es im Gegensatz zur analogen Leihe keine gesetzlichen Regelungen für das E-Lending, sodass Bibliotheken für den Verleih jedes einzelnen E-Books auf eine freiwillige Erlaubnis des jeweiligen Verlags angewiesen sind. Viele Verlage schließen den Erwerb von E-Book-Ausgaben durch Sperrfristen für Bibliotheken aus. Manche Verlage bieten sogar überhaupt keine Lizenzen für den Verleih durch Bibliotheken an. In der Folge sind Bibliotheken in der Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags hinsichtlich der Bereitstellung von E-Books eingeschränkt und Nutzer*innen im digitalen Raum vom Zugang zu Informationen abgeschnitten.

Politischer Hintergrund

Das Thema E-Lending wird dementsprechend seit einiger Zeit aus verschiedenen Perspektiven diskutiert und es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Forderungen dazu. Es gilt die Interessen von Bibliotheken, Nutzer*innen, Verlagen und Autor*innen unter einen Hut zu bringen. Zu diesem Zweck heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag auf Seite 123: „Wir wollen faire Rahmenbedingungen beim E-Lending in Bibliotheken.“

Um die kulturpolitischen Aspekte des E-Lending zu erörtern, hatte die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Oktober 2022 einen Runden Tisch initiiert. Hier kamen wesentliche Interessengruppen zusammen, unter anderem der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Deutsche Bibliotheksverband, der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, das Netzwerk Autorenrechte, sowie das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. In Konsequenz dieses Runden Tisches gab die BKM im April dieses Jahres eine Studie in Auftrag, welche die wirtschaftlichen Auswirkungen des E-Lending auf den Buchmarkt im Vergleich zur Ausleihe von physischen Büchern untersuchen soll.

E-Lending Konsultation

Diese Studie wurde nun flankiert von einer vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) durchgeführten Konsultation in Form eines Fragebogens. Die Konsultation zielt darauf ab, ein möglichst umfassendes Bild über den aktuellen Status quo zu erhalten und allen betroffenen Akteuren die Gelegenheit zu geben, ihre Erkenntnisse und Sichtweisen einzubringen. Das BMJ möchte damit prüfen, ob und gegebenenfalls welche gesetzlichen Regelungen im Urheberrecht erforderlich sind, um das E-Lending durch öffentliche Bibliotheken zu regeln. Wikimedia Deutschland hat zusammen mit COMMUNIA, der Gesellschaft für Freiheitsrechte, der Open Knowledge Foundation Deutschland und AlgorithmWatch eine entsprechende Stellungnahme eingereicht.

Darin fordern wir unter anderem: Wegen der großen Bedeutung des E-Lendings durch Bibliotheken für die grundrechtlich geschützte digitale Teilhabe an Wissen und Information sollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass das E-Lending im selben Umfang wie die Verleihe von physischen Büchern rechtssicher und sowohl für Bibliotheken als auch für ihre Nutzer*innen praktisch handhabbar möglich ist. Bibliotheken müssen ihren Nutzer*innen insbesondere die Möglichkeit geben können, ohne Sperrfristen auf aktuelle E-Books zuzugreifen und so das Grundrecht der Informationsfreiheit gewährleisten.

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