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WikiGap: Edit-a-thon macht Frauen in der Wikipedia sichtbar

„Zugang zu Informationen ist Macht!“. Zum Weltfrauentag riefen das schwedische Außenministerium und Wikimedia Sverige in mehr als 50 Ländern zu Edit-a-thons auf, um die Unterrepräsentation von Frauen in der Wikipedia zu bekämpfen. Der Aktion folgte nun ein Editier-Marathon im Felleshus der Nordischen Botschaften in Berlin. Mit reichlich Elan, Zimtschnecken und politischer Unterstützung von höchster Stelle befeuerte die Veranstaltung am Samstag den Wiki-Spirit.

WMDE allgemein

17. April 2018

Rechte, Ressourcen, Repräsentation: die drei Säulen der ausdrücklich feministischen Außenpolitik Schwedens stellen für Ministerin Margot Wallström einen konkreten Auftrag dar. Rechte und Ressourcen einzufordern, ist ein Teil davon, Frauen zu ermutigen, ihre Anliegen hörbar, ihr Wissen und ihr Können sichtbar zu machen, der Andere. „Nur wer gesehen wird, existiert – also sorgt für den Wandel“, mit diesen deutlichen Worten rief Wallström in einer Videobotschaft zu Beginn des Edit-a-thons zum Handeln auf. Wandel ist dringend nötig; im Internet wie auch in der analogen Welt sind Frauen noch immer unterrepräsentiert.

Auch die Wikipedia ist vom Mangel an Gleichberechtigung der Geschlechter betroffen: Die Liste der „Frauen in Rot“, deren Leben eines enzyklopädischen Eintrages würdig wäre, und dennoch keinen Artikel in der Wikipedia besitzen (daher der Rotlink), ist lang. Projekten wie Frauen in Rot und Women Edit, die diesen Missstand anprangern, wird gerne vorgeworfen, die Geschichte umschreiben zu wollen. Die strengen Qualitätsmaßstäbe an Belege für Wikipedia-Informationen lassen das Problem der mangelnden historischen Dokumentation der Leistungen von Frauen tatsächlich wohl eher ungewollt fortbestehen. Doch das Problem zieht sich weit über historische strukturelle Ungleichheiten hinaus.

Es hat auch, aber sicherlich nicht nur, mit der deutlich geringeren Anzahl an weiblichen Wikipedia-Autoren zu tun. Nur schätzungsweise 10-16% der Bearbeitenden der deutschsprachigen Wikipedia sind Frauen. Die reale Zahl mag etwas höher liegen, da nicht alle Freiwilligen der Wikipedia Angaben zu ihrem Geschlecht machen. Dieses eklatante Ungleichgewicht ist jedoch für einige Wikipedianerinnen und Wikipedianer Grund genug, sich mit Projekten wie Women in Red international für einen Wandel einzusetzen.

Mit offenen Zusammentreffen wie dem WikiGap Edit-a-thon in Berlin ermutigen sie erfahrene Wikipedianerinnen und Wikipedianer, Frauen und ihr Werk in der Wikipedia sichtbarer zu machen. Doch es geht auch darum, Interessierten die Scheu vor den ersten Schritten in der Wikipedia zu nehmen. Selbst solchen Wikipedia-Lesenden, die sich der Hintergründe der Entstehung von Artikeln bewusst sind, fällt der erste Schritt häufig schwer. „Was, wenn ich aus Versehen einen ganzen Artikel lösche?“ und „Wie stelle ich sicher, keine Urheberrechtsverletzung zu begehen?“, waren einige der Fragen, die vielen Neulingen durch den Kopf gingen. Die langjährigen Administratorinnen und Administratoren, die alltäglich Artikel sichten, auf Fehler überprüfen und Hilfestellungen geben, konnten diesen Samstag einem guten Dutzend Interessierten mit Geduld und Humor zur Seite stehen. So einfach gesperrt wird niemand wegen anfänglichen Fehlern und versehentlich gelöschte Artikel sind in ein paar Klicks auch wieder hergestellt, erklärte eine langjährige Wikipedianerin. Die meisten kämen über ihnen Bekanntes zur Wikipedia, über berufliche Expertise oder Hobbys, spannend werde es aber gerade, wenn man sich dann in unvertraute Themen hineinarbeite, berichteten die alten Hasen.

WMDE-Teamleiterin Ideenförderung Verena Lindner stimmte mit einem Aufruf zum Mitmachen ein Lisa Dittmer (WMDE), WikiGap Berlin Verena Lindner, CC BY-SA 4.0

Das deutsch-schwedische Zusammentreffen nahm den anwesenden Neulingen offensichtlich sehr erfolgreich die Scheu: 17 neue Artikel entstanden zu schwedischen Politikerinnen, Geschäftsfrauen und Forscherinnen, 27 weitere wurden ergänzt. Wichtiger noch als das verschriftlichte Tagesergebnis war den Veranstalterinnen und Organisatoren der Schwedischen Botschaft sowie der WikiGap-Freiwilligen letztlich die Begeisterung der frisch gebackenen Wikipedia-Freiwilligen für das Projekt. Sichtbarkeit beginnt und wächst mit vielen, kleinen Schritten, auch weit fernab der politischen Diskussionen, das schien dieser Edit-a-thon jeder und jedem Einzelnen ganz unaufgeregt mit auf den Weg zu geben.

 

Möglichkeiten zum Mitmachen:

Wikipedia-Projekt Frauen in Rot, Wikipedia:Wikimedia Deutschland/Mach mit

Mehr zur Motivation hinter der Schwedischen Initiative: Elisabeth Mayr, Medienreferentin der Schwedischen Botschaft im Gespräch mit dem rbb Kulturradio: https://www.kulturradio.de/programm/schema/sendungen/zeitpunkte/archiv/20180415_1704/2.html

Das Video zur Initiative (nur auf englisch verfügbar):

https://www.youtube.com/watch?v=NdPb4Bap3hk&feature=youtu.be

 

 

Kommentare

  1. Marcus Cyron
    20. April 2018 um 20:24 Uhr

    Natürlich: “Listen mit Artikel generieren, die es in anderen Artikeln schon gibt” -> “Listen mit Artikel generieren, die es in anderen Wikipedien schon gibt”

  2. Marcus Cyron
    20. April 2018 um 20:23 Uhr

    “Die Liste der „Frauen in Rot“, deren Leben eines enzyklopädischen Eintrages würdig wäre, und dennoch keinen Artikel in der Wikipedia besitzen (daher der Rotlink), ist lang.” – es ist mittlerweile wirklich nur noch ärgerlich, daß dieser Stuss immer weiter tradiert wird, egal wie oft man euch darauf aufmerksam macht, daß es nicht stimmt.

    Listen mit Artikel generieren, die es in anderen Artikeln schon gibt, aber etwa noch nicht in der deutschsprachigen Wikipedia, ist leicht. Das kann man auch genauso für männliche Biografien machen und wahrscheinlich noch mehr in der deutschsprachigen Wikipedia fehlende Artikel finden, als bei den Frauen.

    Eine Sache also immer wieder zu wiederholen macht sie nicht richtiger. Noch viel Schlimmer ist aber, daß ihr mit diesem seit Jahren falschem Vorgehen von den eigentlichen, wirklich Problemen ablenkt. Schlimm ist, daß ihr zwei Dinge mit einander verquickt, die nicht wirklich miteinander zu tun haben. Ja – die Zahl weiblicher Beitragende ist zu gering. Aber wie mein Vorschreiber schon korrekt sagt – Niemand wird abgehalten. Auch wenn das immer wieder falsch behauptet wird. Nein, die Zahl der Artikel über Frauen ist nicht zu gering, die Diskrepanz in der Zahl ist durch historische Gegebenheiten erklärbar und nicht rückwirkend zu ändern. Wir klittern nicht die Geschichte, damit sich ein paar Leute besser fühlen oder es ins gerade opportune politische Programm passt.

    Ich wage die Behauptung, daß IHR mit eurem dauerhaft seit Jahren immer wieder fälschlich aufgebauten Horroszenario Frauen nicht zur Mitarbeit motiviert, sondern eher abhaltet. Warum sollten Frauen auch mitmachen, wenn sie als Einladung nicht bekommen: 2kommt her und schreibt worüber immer ihr wollt, über das, was ihr wisst und kennt” – sondern “kommt her, rettet die Welt, schreibt über Frauen und Frauenthemen”. Die Reduktion von Frauen in dieser Weise auf ein “Kernthema” ist erbärmlich. Es ist ein bald 10 Jahre andauerndes Trauerspiel, daß man Frauen immer wieder nur dazu animieren will, über ihre Geschlechtsgenossinnen oder über ihre angeblich ureigensten Themenfelder zu schreiben.

    Traurig, daß ihr angeblichen Kämpfer für Frauenrechte und Frauengleichheit Frauen so wenig zutraut.

  3. Konfermann
    19. April 2018 um 08:48 Uhr

    Missstand, anprangern etc. sind so formuliert, als ob die Männer die Frauen unterdrücken und am mitarbeiten hindern? Jede Frau kann dieses Hobby genauso wählen wie jeder Mann. Nix gegen die Gewinnung neuer Autoren beim weiblichen Geschlecht, aber man muss eher was unternehmen, dass insgesamt mehr Autoren hier mitmachen.

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