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Von Wikipedianern in Museen, Kulturgut unter Hackern und neuen Ufern.

GLAMs (Galerien, Bibliotheken, Archive und Museen) sind wichtige Institutionen im Universum des Freien Wissens. Barbara Fischer, Kuratorin für Kulturpartnerschaften, wirft einen Blick zurück auf 365 Tage GLAM bei Wikimedia Deutschland.

WMDE allgemein

17. Dezember 2017

365 Tage GLAM*- Arbeit und was daraus folgt

Zu dieser Jahreszeit häufen sich Rückblicke. Manch einer schaut voller Wehmut zurück, mancher voller Stolz. Einige messen ihre Erfolge in Zahlen, andere rappen. Rappen werde ich nicht, aber 2017 rockte ganz nett, wenn Sie mir den Kalauer zum Jahresende erlauben.


Die musizierenden Musen im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg inspirierten die Freiwilligen zu vielen neuen Beiträgen zur klassischen Musik. Bild von Nightflyer CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Die Sonnen des Wikiversums

Im Wikiversum strahlt nicht nur eine Sonne. Viele, viele Freiwillige arbeiten hart. Sie strahlen förmlich. Die Wikipedia wird umfangreicher. Mehr als zwei Millionen Artikel. Etliche davon entstanden bei den inzwischen sehr vielfältigen GLAM on Tour Stationen

In diesem Jahr zählte die Tour sechs Stationen. Von einer Museumsbaustelle in Köln, über Wiki loves Music in Hamburg, Tony Craggs Skulpturenpark in Wuppertal, Porzellan in Fürstenberg, alte Manuskripte in der Biblioteca Palatina und schließlich Wiki goes MEK in Berlin. Gleich zweimal drohte ein Sturm die jeweilige Veranstaltung zu torpedieren, doch wir ließen uns nicht bange machen. Im Zuge der beliebten Wochenendausflüge, jeweils von Freiwilligen im Verbund mit einem Museum, Bibliothek oder Archiv geplant und mit Unterstützung von Wikimedia Deutschland durchgeführt, werden nicht nur Wikipedia-Artikel geschrieben, sondern auch viele Fotos gemacht und oft genug der Grundstein für gute Arbeitsbeziehungen gelegt. Wir feierten dieses Jahr die 20. GLAM on Tour Station.

Stets aufs Neue bin ich fasziniert, wie der wissenshungrige Eifer der Freiwilligen die Kollegen in den Kultureinrichtungen so mitreißt, dass jene bereitwillig längere Vorträge halten, noch eine Kostbarkeit aus dem Depot hervor holen und schließlich sich selbst als Wikipedianer/in anmelden. Uns erreichen immer mehr Ideen von Freiwilligen und Anfragen von Kultureinrichtungen für weitere GLAM on Tour Stationen. Daher bin ich froh, mit Holger Plickert jetzt einen wackeren Projektmanager an meiner Seite zu haben. Zu zweit können wir das wunderbare Engagement der Freiwilligen besser unterstützen. Wir überlegen im kommenden Frühjahr mit allen GLAMistas gemeinsam, wie wir die Zusammenarbeit mit den Kultureinrichtungen noch verstärken können. Warum nicht mit einer Kampagne #FotografierenBitte, die Museen einlädt, das oft noch geltende Fotografierverbot in ihren Häusern aufzuheben, damit die Fotos aus den Museen unter freier Lizenz auf Wikimedia Commons hochgeladen werden können. Natürlich um Artikel in der Wikipedia zu illustrieren. Aber mit großen Bilderschätzen kann man auch andere schöne Dinge schaffen.

 

Tanzende Kulturdaten

Ein kleiner Vorgeschmack auf das  Online-Spiel Bombus, eines der diesjährigen Coding da Vinci Projekte. Film von Jem the Misfit CC BY SA auf Vimeo 

Denn großartige Bilderschätze unter freier Lizenz gab es auch dieses Jahr wieder für Coding da Vinci. In einer famosen bestärkenden Partnerschaft mit der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Servicestelle Digitalisierung, der Open Knowledge Foundation und dem Deutschen Nationalkomitee Denkmalschutz haben wir zum vierten Mal GLAM-Institutionen und HackerInnen zur Kreation neuer Produkte aus Kulturdaten animiert. Was man alles mit Kulturdaten anstellen kann, zeigten am 2. Dezember ungefähr 100 ProgrammiererInnen, Kulturfans und DesignerInnen bei der Preisverleihung des Kultur-Hackathons. Kurt Jansson, stellvertretender Vorsitzender von Wikimedia Deutschland und zum ersten Mal in der Jury, meldete im Anschluss “Ich fahre gerade sehr beseelt nach Hause.” Berlins Kultursenator Klaus Lederer betonte, Wissen und Kultur, Zugang zu freien Daten und Informationen seien wichtig für die moderne Zivilgesellschaft. Er lobte Coding da Vinci und wünschte sich davon gern noch mehr. Was beide, das Publikum und die Presse begeisterte, war die Professionalität, der Innovationsgeist, der Charme und die Vielfalt der fünfzehn Projekte, die mit den 32 Kulturdatensets von Oktober bis Dezember gearbeitet hatten. Die Preisträger wurden schon gewürdigt. Mein Lieblingsprojekt Bombus hat zwar keinen Preis gewonnen, aber ich hoffe, dass ich es schon bald als fertiges Online Spiel auf meinen Computer herunter laden kann. In wunderbarer Weise schlägt dieses Spiel von Betruchs Kinderenzyklopädie des 18. Jahrhunderts eine Brücke zu den Kids des 21. Jahrhunderts. Denn es vermittelt unterhaltsam die Bedeutung von Hummeln für die Bestäubung vieler Pflanzen, aktuell von Giften wie Glyphostat bedroht, mit den animierten Illustrationen von Bertruch. Im nächsten Jahr wandert Coding da Vinci von Berlin nach Leipzig an die Universitätsbibliothek.

We transform the world with culture

So lautet der Claim von Europeana, der europäischen Digitalplattform für das Kulturerbe dieses Kontinents. Seit einem Jahr bin ich Mitglied des Beirates von Europeana und habe die Arbeit der Plattform begleiten dürfen. Dabei bezeichnet der Claim nicht nur die Mission von Europeana, sondern beschreibt auch gut mein eigenes Verständnis der Förderung des Freien Wissens im Kulturbereich. Denn wir können die Welt nur mit Kultur weiterhin verändern, wenn es uns gelingt, das kulturelle Erbe in den digitalen Raum hinein zu tragen. Es ist unsere Aufgabe Menschen zu ermutigen und zu befähigen, die in den GLAM-Einrichtungen Kulturgut sammeln, bewahren und erforschen, mit uns gemeinsam unser aller Kulturerbe über Wikimedia-Projekten für das Freie Wissen zu öffnen und für eine offene Weiternutzung zu erschließen. Mit Workshops, Beiträgen auf Konferenzen und Publikationen arbeiten wir Wikimedia-GLAMistas für mehr #openGLAM.

2018 ist das Europäische Jahr des Kulturellen Erbes. Das ist eine große Chance für noch effektivere GLAM-Wiki-Arbeit. Wikimedia Deutschland unterstützt daher Initiativen wie die Collection Days der Europeana zum Thema Migration und strebt hier eine Kooperation mit Museum 4.0 an. Wir arbeiten mit Partnern wie dem Deutschen Nationalkomitee Denkmalschutz, dem deutschen Koordinator des Europäischen Jahres,  sowohl in Wiki Loves Monuments als auch bei Coding da Vinci 2018 zusammen. Wir werden das Goethe-Institut bei der Umsetzung eines mehrteiligen internationalen Editathons zu europäischen Erbstücken begleiten. “Auf zu neuen Ufern” ist mein Credo für 2018! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, frohe Feiertage und ein “GLAMouröses” neues Jahr.

Europeana versucht auf unterschiedlicher Weise Menschen für die kreative Auseinandersetzung mit dem digitalen Kulturgut zu gewinnen. Zum Beispiel mit dem Wettbewerb GIF IT UP. Hier einer der Beiträge. Realisiert durch Alicja Podobińska. Klicken Sie auf das Bild, dann startet die Animation.

 

Weiterführender Link zur Europeana Reihe “Migration”

*Das Akronym GLAM steht international für IT-Aktionen in und mit Galleries, Libraries, Archives and Museums.

 

  • Barbara kalauert. JETZT habe ich alles erlebt *ggg*

    Kommentar von Marcus Cyron am 20. Dezember 2017 um 15:42

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