Jedem Zauber wohnt ein Anfang inne: Bericht vom Brüsseler Kick-off

Wie beginnt man etwas, wofür es keinerlei Vorbild gibt? Wie findet man Zutrauen für eine Sache, die skeptische Beobachter als …

  • Jan Engelmann
  • 26. April 2013

Graphic Thinking. Foto: Lilli Iliev, CC-BY-SA

Wie beginnt man etwas, wofür es keinerlei Vorbild gibt? Wie findet man Zutrauen für eine Sache, die skeptische Beobachter als “zu ambitioniert” betrachten? Wie wird man Teil einer Gemeinschaft, die niemals geschlossen, sondern immer zugangsoffen und transparent sein soll?

Die Grundvoraussetzungen des Projekts “Roadmap nach Brüssel”, von dem ich hier erstmals im März berichtete, unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht so sehr von den Startbedingungen der Wikipedia 2001. Auch damals hätte es niemand für möglich gehalten, dass eine einfache Internet-Plattform zu einem international anerkannten Umschlagplatz des Wissens werden könnte.

Heute, über eine Dekade später, ist deshalb die Frage legitim: Wieso sollte es nicht auch möglich sein, dieser sozialen Bewegung auch einen politischen Arm zu verleihen, der die europäische Gesetzgebung auf ihre möglichen Restriktionen für Freies Wissen abtastet und – wann immer nötig – auf den Plan tritt?

Das Vorhaben klingt nicht nur ambitioniert, es ist es auch. Denn die Zeit hat das Wikimedia-Universum komplexer gemacht, in unterschiedliche Rollen, Territorien und Interessensgebiete auseinandergefaltet, ein unübersichtliches Gewimmel erzeugt, das für jedes (auch abseitige) Thema eine eigene Seite oder gar eine Mailing-Liste bereithält. Let’s face it: Wir sind ein riesiges Netzwerk, das gerne kommuniziert. Zuweilen etwas zu viel mit sich selbst, aber immer auch mit der Gewähr auf spannende Ideen.

Vor diesem Hintergrund erschien es uns nur konsequent, Wikimedianer zu einem direkten Gespräch am 6./7. April nach Brüssel zu laden, um intensiv über die Struktur und Arbeitsweise einer künftigen Arbeitsgruppe zu sprechen, die Freiem Wissen gegenüber der EU eine Stimme verleiht. Der Grundgedanke ist beileibe nicht neu und hat bei diversen Wikimania-Konferenzen schon eine Rolle gespielt, sich bislang allerdings nie in eine nachhaltige Struktur übersetzt.

Einen ersten Anlauf in Brüssel dazu gab es bereits im Juli 2009, der leider weitgehend folgenlos blieb. Umso mehr freut es uns, dass neben Vertretern aus Belgien, Niederlande, Italien, Estland, Bulgarien, Frankreich und Deutschland mit Lyzzy und Lodewijk eben auch zwei äußerst engagierte Wikimedianer einfanden, die seit Jahren für das Thema werben. Eine von WMDE beauftragte Studie half zudem dabei, bereits im Vorfeld die möglichen Anknüpfungspunkte für die EU-Gesetzgebung zu identifizieren und unterschiedliche Handlungsoptionen zu erörtern.

Wie das umfassende Protokoll (Danke, Lilli!) zeigt, ist es schwierig, den gesamten Diskussionsverlauf pointiert wiederzugeben. Angeleitet von der grandiosen Anna Lena Schiller hatten wir uns eben sehr viel vorgenommen. Es ist aber sehr wohl möglich, die drei wichtigsten Richtungsentscheidungen festzuhalten:

Mir persönlich gibt ein Satz Hoffnung, den Stephen LaPorte (WMF) in Mailand äußerte: “We have no choice than getting engaged.” Auch Kat Walsh vom Board of Trustees signalisierte, dass es auf Seiten von Creative Commons ebenfalls großes Interesse am Aufbau einer solcher Arbeitsgruppe gibt. Die Vernetzung mit anderen “like-minded” Akteuren wird eben auch ein Weg sein, um effektiver arbeiten zu können.

Indes: Nicht jede Beteiligung an der EU-Policy-Group muss unweigerlich in “Arbeit” ausarten  – auch kurze Hinweise auf relevante Ereignisse innnerhalb und außerhalb des Movements, interessante Texte, Tweets und selbst Gerüchte helfen dabei, den Informationsaustausch über Ländergrenzen hinweg zu intensivieren. Um unkompliziert mit der Gruppe in Kontakt zu treten, haben wir auf der Meta-Seite eine Art Briefkasten eingerichtet, mit dem man entweder direkt an uns herantreten oder einfach etwas hinterlassen kann. Eine offizielle Schneckenpostfachadresse (etwa für EU-Aussendungen oder Einladungen anderer Akteure) wird es dann hoffentlich auch irgendwann geben.

  1. […] der VisualEditor, die vielfältigen GLAM-Aktivitäten der Organisationen und der Kick-off der EU Policy Gruppe. Ein allgemeiner Bericht folgt noch im […]

    Pingback von Wikimedia Blog » Blog Archive » Monatsbericht April 2013 am 3. Mai 2013 um 10:16

  2. Eine hervorragende Idee, die zahllose UnterstützerInnen finden würde, wüßte man davon. “We have no choice than getting engaged.” Dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn jemand die Initiative ergreift eröffnet das dem gezwungenermaßen schweigenden – besser: hilflosen – Teil die Möglichkeit wenigstens Unterstützung zu leisten. Nur gemeinsam ist man stark. Irgendeiner muß den den Anfang machen. Danke für den blog, auf den ich zufällig geraten bin. Auch mir macht das Hoffnung.

    Kommentar von Monika am 29. Mai 2013 um 03:29

  3. @Monika Danke für den netten Zuspruch! Um das Vorhaben weiter zu streuen, werden wir ab jetzt einen monatlichen Newsletter versenden, der über die neuesten Entwicklungen in Brüssel und deren Bezüge zu Freiem Wissen informiert. Die dafür genutzten Mailinglisten werden wikimedia-l und advocacy-l sein. Zugleich werden diese Newsletter auf der Seite http://meta.wikimedia.org/wiki/EU_Policy archiviert, öftere Besuche lohnen sich also ;-)

    Kommentar von Jan Engelmann am 29. Mai 2013 um 10:15

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