Tag der Gemeinfreiheit
Public Domain Day 2025 – Meisterwerke der Kunst ab heute gemeinfrei
Lukas Mezger
1. Januar 2025
Jeweils siebzig Jahre nach dem Tod einer Person erlischt zum Jahresende das Urheberrecht an ihren Werken – seien es Arbeiten aus der bildenden Kunst, Musik, Literatur oder Architektur. Diesen Zustand nennt man auch Gemeinfreiheit oder auf Englisch „Public Domain“. Deswegen blicken wir traditionell Anfang Januar in den kunsthistorischen Kalender, diesmal auf die im Jahr 1954 Verstorbenen.
Frida Kahlos ausdrucksstarke Selbstportraits
Zunächst ist da Frida Kahlo – bekannt vor allem wegen ihrer Selbstportraits, die häufig mit Symbolen gespickt sind und sich durch den charakteristischen stoischen Blick der Malerin auszeichnen. Kahlos Schaffen, zunächst als „naiv“ verkannt, wird heute zwischen Surrealismus und magischem Realismus eingeordnet. Ab heute kann nicht nur endlich der Wikipedia-Eintrag über die mexikanische Malerin mit Abbildungen ihrer Werke versehen werden. Sondern wer zum Beispiel selbst T-Shirts mit Kahlos Bildern bedrucken möchte, kann diese auch verfremden und so in einen neuen Kontext setzen.
Henri Matisses tanzende Linien
Ebenfalls im Jahr 1954 verstarb der französische Maler Henri Matisse, wichtigster Vertreter des sogenannten Fauvismus. Auch seine Werke, bekannt für ihre starke Farbigkeit und die Suche nach der perfekten Linienführung, können ab sofort nicht nur Wikipedia-Einträge bebildern, sondern auch zur Grundlage neuer Schöpfungen werden – wie wäre es zum Beispiel mit einem kleinen Animationsfilm? Sowohl das hier abgebildete frühe Gemälde als auch die späten Scherenschnitte könnten dazu inspirieren.
Von musikalischer Avantgarde bis zu mathematischer Forschung
Neben den so unterschiedlichen Bildern von Frida Kahlo und Henri Matisse bereichern 2025 noch viele weitere Werke die urheberrechtliche Gemeinfreiheit: Von den „silbernen“ Operetten des Wieners Oscar Straus über die frühe Avantgarde des amerikanischen Komponisten Charles Ives oder der französischen Schriftstellerin Colette bis hin zu den Fotografien des ungarisch-US-amerikanischen Kriegsreporters Robert Capa oder den mathematischen Forschungsarbeiten des Briten Alan Turing – am Tag der Gemeinfreiheit gibt es auch in diesem Jahr großartige Beispiele menschlicher Kreativität zu entdecken. In der Wikipedia gibt es die vollständige Übersicht.
Ein Meisterwerk wartet auf neue Noten
Zum Schluss darf ein weiteres Meisterwerk nicht unerwähnt bleiben: Als Urheber der Oper Turandot – mit der zum Welt-Hit gewordenen Arie Nessun Dorma – ist Giacomo Puccini bekannt. Tatsächlich handelt es sich aber um ein Gemeinschaftswerk: Puccini starb, bevor er die Oper vollendet hatte, so dass der heute weniger bekannte Komponist Franco Alfano die fehlenden Elemente auf der Grundlage der vorhandenen Skizzen ergänzte. Jetzt, wo auch Alfanos Urheberrechte abgelaufen sind, dürfen sich Komponist*innen eingeladen fühlen, der Geschichte von der grausamen Prinzessin selbst eine neue Note hinzuzufügen.
Lukas Mezger ist Wikipedianer und Rechtsanwalt. Bis 2022 war er Vorsitzender des Präsidiums von Wikimedia Deutschland.