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Konferenz

Wikimedias Wikibase & die ICOM Triennale 2023

Sonne, Strand, Valencia. Aber die Stadt, aus der die weltberühmte Paella stammt, ist so viel mehr als nur das. Sie ist ein Ort großartiger Architektur und kultureller Umschlagplatz. Und: Vom 18.-22. September 2023 ist sie Schauplatz der ICOM Triennale – eine Konferenz, die viele namhafte Museen und themenverwandte Akteure zu dem größten Branchen-Austausch der Welt einlädt. Wikimedia ist als Kooperationspartner des ICOM mit mehreren Chaptern vertreten. Mit dabei: Wikimedia Deutschland, das in diesem Jahr die Software Wikibase in den Fokus seiner Gespräche stellt. Vertreten wurde das deutsche Chapter durch Wikibase Partner Manager Christos Varvantakis und die Wikibase Community Managerin Valerie Wollinger.

Zarah Ziadi

12. Oktober 2023

Zunächst wollen wir noch einmal die Organisation hinter der Veranstaltung vorstellen: Der ICOM (International Council of Museums) hat in über 138 Ländern etwa 45.000 Mitglieder. Er ist dem Schutz und der Bewahrung beweglicher Kulturgüter und Naturalien verpflichtet und bildet ein Portal zu einem weltweiten Fachnetzwerk und Think Tank mit Hauptsitz in Paris. Im Zentrum seiner Aktivitäten stehen die professionelle Beratung zu allen Museumsfragen, die Verankerung der Museumsstandards sowie Forschung und Weiterbildung.

Dieses Jahr setzte sich die ICOM Triennale „Konservierung und Restauration“ zum übergeordneten Thema. Rund tausend Fachleute aus der ganzen Welt, sowohl ICOM-Mitglieder als auch Nicht-ICOM-Mitglieder, kommen zusammen, um Erfahrungen und Ideen auszutauschen, wertvolle Kontakte mit Kolleg*innen und Vertreter*innen von Kulturerbe-Institutionen zu knüpfen als auch über die neuesten technischen und kulturellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben. Dabei bleibt immer ein Ziel im Visier: Den Museumsbesucher*innen und allen Menschen darüber hinaus alle beweglichen Kulturgüter der Welt sichtbar und zugänglich zu machen. Ein ähnliches Ziel verfolgt auch Wikimedia mit Wissen und Informationen …

It’s a Match: ICOM & Wikimedia

Wikimedia Deutschland hat neben der Wikibase-Software entsprechend auch den Zugang zu Freiem Wissen und das weltweite Wikimedia Netzwerk repräsentiert, das ganz neue Formen von Kollaborationen und Entwicklungen zulässt. Unterstrichen werden konnte die Botschaft mit der Anwesenheit weiterer Wikimedia Chapter: Spanien, Italien, Schweiz, Portugal, Schweden und die Wikimedia Foundation aus San Francisco – der Hauptsitz der gesamten Organisation – waren ebenfalls mit von der Partie.

Dieses Jahr ist Wikimedia zudem Sponsor der ICOM Triennale. Anlass dafür sind neue Parallelen, die durch die Neuausrichtung von Museen, die am  24. August 2022 auf der Generalkonferenz der ICOM beschlossen wurde, entstanden sind. Nun werden auch Inklusion, Teilhabe und Nachhaltigkeit als zentrale Aspekte der Museumsarbeit betont:

“Ein Museum ist eine gemeinnützige, dauerhafte Einrichtung im Dienste der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Offen für die Öffentlichkeit, zugänglich und integrativ, fördern Museen Vielfalt und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und unter Beteiligung von Gemeinschaften und bieten vielfältige Erfahrungen für Bildung, Vergnügen, Reflexion und Wissensaustausch.”

Wikibase und Linked Open Data

Bei der Erreichung dieser Ziele kann die von Wikimedia Deutschland entwickelte Open-Source-Software Wikibase für Museen ein bedeutendes Werkzeug werden. Es gibt je nach Bedarf Wikibase Cloud und Wikibase Suite, eine von dem deutschen Chapter gehostete Version und eine Version, die lokal installiert werden kann. Damit lassen sich Datenbanken von Individuen, Gruppen oder Organisationen auf unterschiedliche Bedarfe maßschneidern und gemeinsam bearbeiten.

Darüber hinaus lassen sich alle Daten miteinander verknüpfen und ebnen den Zugang für ganz neue Datenabfragen. Diese Verknüpfung findet nicht nur in dem eigenen lokalen Ökosystem statt: Wenn mehrere Individuen, Gruppen oder Organisationen eine Wikibase-Konfiguration haben, können sie die Daten auch untereinander verknüpfen. Sprich ein Museum aus Stockholm kann seine Daten mit denen eines Museums aus Neuseeland verbinden und dadurch ganz neue Erkenntnisse gewinnen. Diese Datenbeschaffenheit wird Linked Open Data genannt und ist Teil einer größeren Vision Wissen jedem zugänglich zu machen: Mehrere Wikibases und sogar andere Wikimedia Projekte, wie zum Beispiel Wikidata – eine der größten international frei zugänglichen Datenbanken im Internet – sind untereinander verknüpft und werden ein größeres Ökosystem freier Daten.

Die gemeinsame Arbeitsoberfläche, das kollaborative Bearbeiten und die flexible Modellierung der eigenen Daten machen Wikibase darüber hinaus zu einer interessanten Möglichkeit für Museen, ihre Werke digital zugänglich zu machen. Ein gutes Beispielprojekt ist ArtBase von Rhizome. Rhizome ist eine digitale Plattform für Kunst, die im Internet entstanden ist, die sogenannte Netzkunst. Rhizome war unter den Ersten, die Wikibase als Software benutzt haben. Heute hat sich der Umfang von ArtBase um vielfältige Kunstformen erweitert, die sich mit Technologie befassen – darunter Spiele, Software und interdisziplinäre Projekte mit Online-Elementen. Gründe für die Nutzung von Wikibase waren insbesondere die Möglichkeit, ihre Daten flexibel zu modellieren. Traditionelle Software hingegen beschränkt die Nutzung, den Zugang und die Kompatibilität mit anderen Datensätzen. Mit Linked Open Data ist ein stetiger Austausch mit neuen Medien, kulturellen Praktiken und schneller Entwicklung neuer Software möglich.

Veranstaltungs-Highlights

Die Orte, an denen präsentiert, gesprochen und diskutiert wurde, waren bereits Highlights. Die erste Panel-Diskussion fand zum Beispiel im Ciudad de las Artes y las Ciencias (auf dt. Stadt der Künste und der Wissenschaften), einem architektonischen Gebäudekomplex besonderer Bauart, der auch das moderne Wahrzeichen von Valencia darstellt.

Weitere Teile der Veranstaltung wurden auf dem Campus einer der ältesten Universitäten Spaniens abgehalten. Beide Orte stellen Bauwerke dar, mit denen Innovation und neue Konstruktionslösungen zum Ausdruck gebracht werden.

So wurde ein passender Rahmen geschaffen für die aktuellen Debatten rund um die Zukunft von kulturellem Erbe, Museen und Konservierung. Besonders die Diskussionen zu Fragen der digitalen Aufbereitung, Nachhaltigkeit und dem Umgang und die Bedeutung unabhängiger Sammlungen waren sehr bereichernd und haben die aktuellen Herausforderungen der Museen noch einmal vor Augen geführt. Einen besonderen Input gab es auch durch einen Austausch zur Ethik in der digitalen Nachhaltigkeit und in Bezug auf indigene Sammlungen.

Hervorzuheben sind vor allem die Begegnungen mit dem internationalen ICOM-Netzwerk, die ohne die Triennale nicht möglich gewesen wären. In Gesprächen mit Museumsfachleuten aus Südamerika oder Südostasien konnten Valerie und Christos Einblicke in ihnen unbekannten Problemstellungen gewinnen.

Eine interessante Erfahrung für die beiden war auch die private Führung mit dem Direktor des L’Etno-Museums, das für die Sammlung, Erforschung und Verbreitung der valencianischen Volks- und Traditionskultur zuständig ist. Hier erfuhren sie, dass L’Etno als bestes Museum Europas 2023 ausgezeichnet wurde, weil es sich um eine Einrichtung mit starken ethischen Grundsätzen und leidenschaftlichem Engagement handelt, die sich mutig mit der Vergangenheit auseinandersetzt.

Und natürlich gab es auch ein kulturelles Learning: Bei einem Abendessen mit Kolleg*innen anderer Wikimedia Standorte, als fast alle hungrig von dem vielen kulturellen Input Paella bestellen wollten, wurden diese freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass das Nationalgericht Spaniens traditionell zu Mittag gegessen wird und niemals zu Abend! Es ist nicht leicht verdaulich und läge dann zu schwer im Magen. Die Kolleg*innen der nicht spanischen Chapter freuten sich daraufhin, andere Aspekte der vielseitigen lokalen Küche zu erkunden.

Unser Fazit

Das Event war eine besondere Möglichkeit, mit Menschen aus der Museumsbranche, ob Kurator*innen, Direktor*innen oder Restaurator*innen, in Kontakt zu treten und das kulturelle Erbe aus der Perspektive offener Daten zu diskutieren. Im Fall von Wikimedia Deutschland ging es vor allem um die Linked Open Data Strategie und wie Museen Teil dieser Vision werden können.

Valerie und Christos verfolgen auch nach ihrer Rückkehr weiter die Diskussionen, die sie auf der Triennale mit verschiedenen Personen und Organisationen aus der ganzen Welt begonnen haben und hoffen, dass sich daraus fruchtbare Synergien ergeben.

Wikimedia Deutschland wird darüber hinaus auch weitere Aktivitäten mit den Kolleg*innen aus anderen Wikimedia-Chaptern planen.

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