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“Wikipedia ein Gesicht geben” – GLAM-Aktivisten trafen sich im Allgäu

Lilli Iliev

11. März 2013

Wikipedianer auf Exkursion im Kirchenarchiv Kaufbeuren. Foto: Benutzerin:Elya, CC-BY-SA 3.0

“Eine Gruppe, die so fachkundig ist und gleichzeitig so viel Spaß hat!” begeistert sich die Kirchenarchivarin Kaufbeurens.

Ein Lob, das den Wikipedianern galt, die sich – ausgerüstet mit Fotoapparat und Notizblock – interessiert die Exponate des Archivs zeigen ließen.

Letztes Wochenende reisten 17 kulturbegeisterte Wikipedianer ins beschauliche Kaufbeuren. Zum ersten Mal kamen damit “GLAM-Aktivisten” aus dem gesamten Bundesgebiet und Österreich für drei Tage zusammen, um sich über die vielfältigen Aktivitäten der deutschsprachigen Wikipedia-Community und Wikimedia Deutschland im kulturellen Sektor auszutauschen.

Entsprechend dicht gepackt war das Programm.

GLAM – wofür steht das gleich nochmal?

Unter dem Begriff GLAM (engl. Akronym für galleries, libraries, archives, museums) wird international der breite Bereich aller Aktivitäten von Wikipedia-Communities und Wikimedia bezüglich Kulturgütern und Kultureinrichtungen zusammengefasst. Weil sich das nicht unbedingt von selbst erschließt, drehte sich die Diskussion auch um ein besonders wichtiges Thema: Wie können die Kommunikation und der Informationsfluss über die Kulturaktivitäten von Wikimedia einerseits in den Communities, andererseits in der medialen Öffentlichkeit verbessert werden, und wie können vor allem noch mehr Mitglieder aus der Community für GLAM-Projekte gewonnen werden?

Sehen – Hören – Verstehen

Impression des GLAM-Aktivisten-Treffens im Allgäu Foto: Lilli Iliev CC-BY-SA 3.0

Diskutiert wurden auch die technologischen Potenziale für eine zeitgemäße, mobile Form der Wissensvermittlung in Kultureinrichtungen und bezüglich der Kunst im öffentlichen Raum. Denkmäler und Kulturgüter bergen meist eine Fülle an unentdeckten Informationen, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind. So entgeht dem Betrachter oftmals ein ganzes Spektrum an interessanten Querbezügen, die etwa durch Augmented Reality Apps erlebbar gemacht werden können.

Mithilfe von Wikipedia-ShortClips, die durch das “Einscannen” einzelner Kunstwerke oder auch ganzer Gebäude abgerufen werden, könnten bestehende Bilder aus WikiCommons mit weiterführenden Informationen und eingesprochenem Text mit entsprechender Spracherkennung verknüpft werden, sodass für den interessierten Betrachter ein mehrdimensionales Bild des Objekts entsteht.

Erfahrungsaustausch im Bereich kulturelles Erbe

Kilian Kluge und Marcus Cyron berichteten über ihre Erfahrungen als Wikipedians in Residence in der Stiftung Stadtmuseum Berlin bzw. im Deutschen Archäologischen Institut. Auch die erfolgreiche Kooperation von Wikimedia mit dem Bundesarchiv und weitere, vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Kultur- und Gedächtnisinstitutionen wurden besprochen.

Deutlich wurde hierbei, dass Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen und Wikimedia immer einer guten Vorarbeit bedürfen. Teilweise braucht es einen langen Vorlauf, bis beide Seiten eine klare Vorstellung der individuellen Möglichkeiten und Vorteile ihrer Zusammenarbeit gewinnen. Auf dem Weg zu nachhaltigen Kulturkooperationen sollten wir verstärkt die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit von GLAM-Aktivisten mit Kultur- und Gedächtnisinstitutionen erproben. Grundsätzlich kann sich die gemeinsame Arbeit zukünftig auch über einen längeren Zeitraum erstrecken.

“Wikipedia ein Gesicht geben”

Barbara Fischer stellt GLAM on Tour vor.
Foto: Lilli Iliev, CC-BY-SA 3.0

Barbara Fischer fokussierte bei der Präsentation des WMDE-GLAM-Programms für 2013 das Projekt GLAM on Tour, ein offenes Angebot für GLAM-Aktivitäten im gesamten Bundesgebiet. Wikipedianer und Kultureinrichtungen sollen unmittelbar vor Ort zur Zusammenarbeit eingeladen werden.

Die Anzahl der Community-Mitglieder, die sich für Freies Wissen im Kulturbereich engagieren, soll mit diesem Angebot wachsen. Gleichzeitig soll den GLAMs (also Museen, Archiven etc.) durch persönliche Beziehungen ein leichterer Zugang zum Wikimedia-Universum geboten werden. Wie Benutzerin:Elya treffend ausdrückte: “Wikipedia ein Gesicht geben”.

Die von Barbara Fischer vorgestellte Kommunikationsstrategie fand weitgehend Anklang. Eine zügige Überarbeitung der deutschen GLAM-Website, die Implementierung eines GLAM-Blogs und die Einrichtung einer interne Mailingliste zum schnellen Informationsaustausch wurden beschlossen. Insgesamt sollen die GLAM-Aktivitäten der Wikipedia-Community und die Kulturkooperationen mit Wikimedia zugänglicher und anschaulicher dargestellt werden.

In heiterer Eintracht: GLAM-Aktivisten im Allgäu
Foto: Freundlicher Passant in Kaufbeuren, CC-BY-SA 3.0

Unbestrittenes Highlight des WikiGLAM-Arbeitstreffens war ein Besuch der Außenstelle des evangelischen Landesarchivs des Pfarramtes Kaufbeuren. Hier verbergen sich in der Tat wahre Schätze, etwa ein Exemplar der Schedel´schen Weltchronik, die im Spätmittelalter entstand und bei den Wikipedianern für helle Begeisterung sorgte. Es ist jedenfalls zu erwarten, dass der eine oder andere Enzyklopädie-Eintrag aus dieser besonderen Exkursion hervorgeht.

Das Arbeitstreffen in Kaufbeuren war mehr als ein guter Start für eine enge Zusammenarbeit zwischen der Wikimedia-Community und den Kulturinstitutionen. Jetzt kommt es darauf an, die guten Vorsätze auch in die Tat umzusetzen. “Pack’ mer’s”, wie die Kaufbeurer sagen.

 

 

Kommentare

  1. […] Kultur- und Gedächtnisinstitutionen kooperieren wollen. Entscheidene Einsicht der Tage war jedoch: “Wir müssen der Wikipedia ein Gesicht geben!”, das heißt, es ist oft viel schwerer, im Real Life aktive Wikipedianer zu finden, als […]

  2. Jan Engelmann
    19. März 2013 um 10:00 Uhr

    @Heinz Danke für den Hinweis! Ist umgesetzt.

  3. Heinz Egger
    18. März 2013 um 16:29 Uhr

    Schöner Artikel! aber kannst du bitte den Link zu WikiClips rausnehmen, darüber habe ich zwar gesprochen, aber nicht diese Verlinkung gemeint. Ich wusste gar nicht – es ist eher ein Arbeitstitel – dass es diesen Begriff schon gegeben hat. Ersetzen wir es durch Wikipedia-ShortClips. Auch wenn es sperrig ist.

  4. Marcus Cyron
    12. März 2013 um 15:08 Uhr

    Daß das mal von mir kommt… ;) – einzig wirklich negativer Punkt war der sehr geringe Anteil weiblicher GLAMmerer.

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