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WikiGénero in Buenos Aires (Argentinien)

WMDE allgemein

8. Juni 2012

„Einen Sohn zeugen, einen Baum pflanzen und in der Wikipedia schreiben.“

So fasste eine Teilnehmerin des WikiWomenCamps die erstrebenswerten Ziele im Leben einer Frau zusammen. Während sich über die ersten Punkt durchaus streiten lässt, waren sich alle Anwesenden einig, dass das bekannte argentinische Sprichwort mit der kleinen Änderung (der dritte Punkt lautet eigentlich „ein Buch schreiben“) viel besser passt.

Dieses inoffizielle Motto wurde auch von der Konferenz WikiGénero übernommen, die unmittelbar an das WikiWomenCamp anschloss und nur ein paar Straßen weiter in einem Kulturzentrum in Buenos Aires stattfand.

Wikimedia Argentinien hatte dazu eingeladen, sich einen Tag lang Zeit zu nehmen, um sich anhand diverser Vorträge und Diskussionen mit dem Gender Gap in der Wikipedia auseinanderzusetzen. Dazu wurden Forscher, Akademiker und Aktivisten von

Anuradha Uduwage stellt Studie vor

Gender Organisationen eingeladen, um Einblicke in ihre Arbeit zu geben. Das Programm gestaltete sich folgendermaßen:

  •  Anuradha Uduwage(Group Lens Team, Universität von Minnessota): Die Studie des Lens Teams war durchaus interessant und brachte neben bekannten Fakten auch einige neue Aspekte auf. Jedoch ist die Datenbasis durchaus umstritten und die Gruppe bringt nur wenige Informationen über die Gründe ans Tageslicht, warum es bei der Wikipedia so wenige Frauen gibt. Außerdem wurde von außen die Kritik geäußert, dass sich nur Männer in der Forschungsgruppe befinden.

Diana Maffia bei ihrem Vortrag

  • Diana Maffía (eine vor allem im spanisch-sprachigen Raum bekannte Feminismusphilosophin) gab in ihrer Lesung einen Einblick in die Diskussion, warum Frauen in der Vergangenheit und immer noch an der Produktion von Wissen nicht beteiligt sind. Dabei war das Thema der Sprache eine ihrer Hauptkategorien. Sie zog einen Argumentationszirkel, der sich von der Festsetzung der Weltsprache Englisch (anstatt von Spanisch) über mangelnde Bildungsprogramme bis hin zur Wikipedia zog.
  •  Lila Pagola und Beatrice Busaniche (Wikimedia Argentinien) berichteten von der Situation der argentinischen Wikipedia-Autorinnen und merkten an, dass das argentinische Chapter den höchsten Frauenanteil im Präsidium hat.
  •  Anne Goldenberg und Christina Ludost (Moderatorinnen des WikiWomenCamp) präsentierten stellvertretend die Ergebnisse des WikiWomenCamp, das vor dem WikiGenero in Buenos Aires stattfand.

Sue Gardner während ihrer Präsentation

  •  Sue Gardener (Executive Director der Wikimedia Foundation) stellte zunächst noch einmal die aktuellen Daten aus den Wikipedia-Studien dar und erläuterte die Problematik des Frauenmangels aus der Sicht der Foundation.  Ihrer Meinung nach könnten neue Autorinnen hauptsächlich über unmittelbare, informelle Netzwerke gewonnen werden.
  • Paola Raffetta (Wikipedia-Autorin) sprach über die Bewusstmachung von sozialisierten Geschlechterrollen und die Perspektiven von Transgender in der Wikipedia. Denn in der Wikipedia werden Gay und Transgender Themen kontroverser diskutiert, weil sie auch in der Gesellschaft weniger akzeptiert sind.
  •  Irene Ocampo stellte das Projekt RIMA vor (http://www.rimaweb.com.ar/). Es handelt sich dabei um eine Mailingliste, die den Austausch von Informationen zwischen argentinischen und lateinamerikanischen Journalistinnen, Feministinnen, Frauenbewegungen, Forscherinnen, Studentinnen und Aktivistinnen fördern soll.
  •  Anabella Bendetti (UNESCO) sprach unter anderem diese zwei Punkte an: zum einen sollen auch vermehrt Ältere in die Wikipedia miteinbezogen werden, und zum anderen, dass Menschenrechtsorganisationen in der Wikipedia prüfen und editieren sollten.

Veranstaltungssaal des Wikigénero

Etwa 40 Besucher folgten der eintägigen Konferenz. Es gab eine Übersetzerin, die je nach Vortrag von Englisch auf Spanisch bzw. umgekehrt übersetzte.  Leider waren viele  Vorträge für nicht spanisch Sprechende trotzdem nur schwer zu verstehen. Die Themen waren zwar durchaus interessant, jedoch litt das Verständnis der Zuhörenden stark unter mangelnder visueller Unterstützung und teils verzögerten Übersetzungen bzw. Rauschen in den Übersetzungskopfhörern.

Es blieb der Eindruck, dass das Thema Feminismus in der Wikipedia sich auf den unterschiedlichsten Ebenen abspielt, die alle das Überdenken bislang üblicher Prozedere sowie neue Lösungsansätze erfordern. Angefangen von fehlenden Editorinnen, über Chaptermitglieder bis hin zu Inhalten, sind auf den unterschiedlichen Ebenen Verbesserungen erwünscht. Dies zeigt umso mehr, dass es einer kontinuierlichen Anlaufstelle für derlei Diskussionen bedarf. Das WikiWomenCamp scheint dafür in Zukunft gut geeignet, da sich Betroffene selbst engagieren und um Veränderungen bemühen. Ein Tag Konferenz, der mit Vorträgen gefüllt ist, mag zwar als Zusatz und für die Öffentlichkeitsarbeit wichtig sein, sollte jedoch keinesfalls in dieser Form für sich alleine stehen.

Bericht von Nathalie Köpff

Kommentare

  1. Marcus Cyron
    9. Juni 2012 um 12:32 Uhr

    OK, fangen wir mal an:

    * das Sprichwort ist kein argentinisches. Es geistert schon Jahrhunderte in verschiedenen Formen durch Europa.

    * ich sehe diese ganze Aktion weiter kritisch. Ein kleiner Kreis von Mitarbeiterinnen, von denen der (vorgeblich) größte Teil der Mitarbeiter aufgrund des Geschlechtes ausgeschlossen war (!!!) redet über Änderungen und Umstrukturierungen in der Wikipedia. Bislang ein NoGo.

    * jetzt ist also die böse englische Sprache Schuld? Ach wären wir doch so brav und würden alle Spanisch reden… – was sollen mir solche Nullaussagen bringen, egal wie bekannt diese Feminismusphilosophin ist?

    * das deutsche Chapter hat wenn ich mich recht erinnere mehrere Männer, aber nur eine Frau nicht gewählt. Wenn mehr Frauen kandidieren werden wohl auch mehr Frauen gewählt.

    * Und die UNESCO meint also, wir sollen unser Neutralitätsgebot endgültig aufgeben und externe Interessenverbände – wie nobel deren Ansinnen auch immer sein mag – kontrollieren lassen, was wir machen? Geht ja mal gar nicht!

    * Interessanterweise muß ich ausnahmsweise mal Sue recht geben. Wenn man mehr Frauen gewinnen möchte, dann geht das nur über kurze, unmittelbare und informelle Wege. Es wird viel geredet – aber wenn es daran geht aktiv zu werden, schaffen das nur Wenige.

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