

Franziska Kelch
26. August 2025
Was für Menschen arbeiten in der dpa-Faktencheck Redaktion – also welche Erfahrungen und Kompetenzen bringen sie mit?
Wir sind bunt gemischt. Viele haben eine journalistische Ausbildung, also Journalismus studiert oder ein Volontariat gemacht. Ein Kollege hat früher im Community Management gearbeitet, eine Kollegin Biologie studiert – solche unterschiedlichen Hintergründe helfen uns sehr. Alle haben gemeinsam, dass sie sich mit Social Media gut auskennen, keine Angst vor Tech haben und Spaß daran, den Dingen auf den Grund zu gehen, auch wenn es mal kompliziert wird.
Im Netz kursieren ja die unterschiedlichsten Falschinformationen oder Verschwörungserzählungen. Wie entscheidet ihr: Das prüfen wir jetzt! Und wer hat dann Zugang zu euren Ergebnissen – und wo?
Zu unserer Arbeit gehört das tägliche Monitoring vor allem auf den verschiedenen Social Plattformen. Wir suchen, was wir Claims nennen – also überprüfbare Behauptungen, die keine Meinungsäußerung sind, sondern eine Faktenbehauptung. Ob wir etwas prüfen, wird schon mindestens nach dem Vier-Augen-Prinzip entschieden. Wenn etwas besonders relevant ist, bekommt es Priorität. Das kann passieren, wenn eine Behauptung viral geht, ein Thema gerade die Nachrichten dominiert, oder aber, wenn wir das Risiko für Menschen, die darauf reinfallen, für groß halten – es geht ja nicht immer nur um Politik, oft auch um Gesundheit. Unsere Faktenchecks veröffentlichen wir auf dpa-faktenchecking manche finden auch über den dpa-Dienst den Weg in die Medien. Außerdem haben wir Kanäle auf TikTok und Instagram, über die wir Faktenchecks verbreiten.
Desinformationen werden ja einerseits in Textform verbreitet, aber auch Bilder können Falschbehauptungen transportieren. Wie geht ihr an einen Text heran? Also, mit welchen Methoden prüft ihr dessen Wahrheitsgehalt – und können die auch Menschen anwenden, die nicht Journalist*innen sind?
Der erste Schritt, ist, zu formulieren: Was genau wird hier eigentlich behauptet? Können wir das prüfen? Gerade wenn es um Texte geht, wenden wir oft klassische journalistische Methoden an. Welche genau, hängt von der Behauptung ab. Wir nutzen Informationsquellen wie Statistiken, amtliche Informationen, wissenschaftliche Studien, Aussagen von Expertinnen und Experten. Wir kontaktieren Stellen, die uns weiterhelfen können – meist schriftlich, damit wir die Antwort als Beleg aufbewahren können. Für Menschen, deren Beruf das nicht ist, ist sowas natürlich sehr aufwändig, und oft bekommen Journalistinnen und Journalisten schneller eine Antwort als Privatleute. Aber sehr viele Informationen findet man auch einfach über eine Websuche – wichtig ist dann nur, dass es seriöse Quellen sind.
Teresa Dapp – Journalistin und Faktencheckerin

Teresa Dapp leitet seit 2021 die Faktencheck-Redaktion der dpa. Vorher war sie sieben Jahre lang als Reporterin für die dpa im Einsatz: Zwei Jahre als Auslandskorrespondentin in London, wo sie unter anderem den Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum begleitete, und fünf Jahre als Korrespondentin für Bundespolitik in Berlin. Ihre thematischen Schwerpunkte waren Klima- und Umweltpolitik sowie Verkehr und Landwirtschaft. Zuvor hatte sie ein dpa-Volontariat in Hannover und Berlin absolviert.
Bei einem Bild oder Video funktioniert das sicherlich etwas anders. Woran erkennt man, ob ein Bild fake ist oder das es gar das zeigt oder die Botschaft transportiert, die jemand damit verbreiten will? Und was für Werkzeuge nutzt ihr, um Bilder oder Videos zu untersuchen?
Manchmal hilft schon, genau hinzuschauen. Das Bild soll aktuell vom August sein, aber alle Leute tragen Winterjacken und die Bäume sind kahl? Dann stimmt da wahrscheinlich etwas nicht. In der Bildmitte passiert etwas Spektakuläres, aber die Menschen am Rand scheinen sich dafür gar nicht zu interessieren? Das ist jedenfalls seltsam. Sehr viel nutzen wir die Bilder-Rückwärts-Suche, über die man herausfindet, ob ein Bild schon länger im Netz steht und wer es veröffentlicht. Für Videos kann man einzelne Frames nutzen, also Standbilder. Manche sind Jahre alt und zeigen etwas ganz anderes, als behauptet wird – dann sind die
Bilder für sich genommen zwar echt, eine Falschbehauptung ist es trotzdem. Für die Geolocation, also das Bestimmen des Aufnahmeorts, nutzen wir Kartendienste wie zum Beispiel von Google. Es gibt aber auch andere. Es gibt Tools, mit deren Hilfe man über Schattenlängen und -winkel herausfinden kann, um wieviel Uhr und in welcher Jahreszeit Aufnahmen gemacht wurden. Da wird es dann ziemlich technisch.
Generative KI kann ja mittlerweile jedes Kind nutzen. Bilder oder Videos damit zu erstellen, auch um Desinformationen zu verbreiten, ist daher eigentlich nur eine Frage der Übung. Ist aus eurer Sicht KI nur Teil des Problems, wenn es um Verlässlichkeit von Informationen geht? Oder sind KI-Anwendungen auch Teil der Lösung? Wenn es zum Beispiel um das Prüfen von Bildern oder Texten geht?
KI kann den Journalismus allgemein und auch die Verifikation an vielen Stellen unterstützen – wenn es etwa um das Auswerten von großen Datenmengen geht, das Analysieren von Mustern oder um einfache Routineaufgaben. KI-Tools machen schon Vorschläge für die Geolocation und es gibt einige, die KI-generierte Bilder erkennen sollen. Bisher sind wir mit keinem so richtig zufrieden, meistens kommen auch falsche Ergebnisse. Und eine Antwort wie „Wahrscheinlichkeit für KI 84 Prozent“ hilft beim Verifizieren auch nicht richtig weiter. Was ist mit den anderen 16 Prozent? Und woran macht das Tool das fest? Wenn es um Ereignisse geht, die für Nachrichten relevant sind, hilft bisher meist noch logisches Denken. Noch immer gibt es Fehler bei der Schrift, den Farben, der Perspektive – es werden aber immer weniger, klar. Zusätzlich stellen wir uns Fragen wie: Wer soll das Video gedreht haben, warum war er da? Verhalten sich alle Menschen, auch die hinter der angeblichen Kamera, wie man es erwarten würde? Gibt es Aufnahmen aus anderen Perspektiven? Wenn nein, warum nicht? Heute haben fast alle ein Smartphone in der Tasche. Wenn etwas in der Öffentlichkeit passiert, sollten sehr viele Bilder davon existieren.
Zuletzt habe ich eine etwas ketzerische Frage, mit der ihr euch aber sicherlich in der Redaktion befasst habt: Wie geht ihr mit dem Dilemma um, dass jede*r, der oder die Desinformationen prüft, sie auch aufgreift und potenziell verbreitet?
Ich finde die Frage nicht ketzerisch, sondern wichtig. Viele Falschbehauptungen sind nur in bestimmten Netz-Blasen unterwegs und dürfen da gern auch bleiben. Deswegen begrüßen wir es, wenn Netzwerke mit Faktencheck-Organisationen kooperieren, um genau da einzugreifen, wo die Falschbehauptung unterwegs ist. Was wir in den dpa-Dienst nehmen, wägen wir sorgfältig ab, denn damit geben wir einer Behauptung eine große Bühne.
„Populismus, Desinformation und Manipulation – wie retten wir valides Wissen im Netz?“
Im Juni war Teresa Dapp auch zu Gast in der Geschäftsstelle von Wikimedia Deutschland. Bei einer Podiumsdiskussion ging es um die Frage, wie Desinformation funktioniert, wie wir sie erkennen – und wie freie Wissensprojekte wie die Wikipedia die Gesellschaft im Umgang mit Populismus und Manipulation stärken können.
ich MUSS gerade eine App u./o oder eine Platform machen, bei der es sich um REALE "prüfbar & nachvollziebare" "Sachen" handelt, und die Validierung dieser Tat-Sachen Info-Sachen u./o. UR-Sachen wäre EXTREM wichtig, um das Portal UND die Menschen dahinter "GLAUBHAFT ins LICHT zu rücken" wäre mir sehr sehr wichtig. KI kann da theoretisch und praktisch sehr viel verbiegen..... (... und damit meine ich nicht nur "Blog-Kommentare"..... ! ). Ich bräuchte Tipps, wie diese Validierung VORAB, bevor ein Post in die App aufgenommen (sichtbar gemacht wird...) geprüft werden kann, auf Inhalt (Text / Content), Bilder (Real-Creator, Ki etc.), Testimonials, Empfehlungen etc.
Hallo Robert, da werden Sie um gute alte Detektivarbeit nicht herumkommen. Einige Tipps gibt Teresa Dapp ja im Interview, sowohl was Textinhalte als auch Bilder betrifft. Die dpa hat auch Unterrichtsmaterialien erstellt, in denen sie zahlreiche Hinweise finden: https://www.dpa.com/de/faktencheck-teens#easy-to-use-stundenaufbau die man als erwachsener und junger Mensch gleichsam nutzen kann. Auch beim BR finden Sie Tipps https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/ki-bilder-stimm-klone-ki-generierte-fakes-erkennen-faktenfuchs,UKCLt6o
Sogar der Radiosender Bayern2 darf jetzt Faktencheck machen, wodurch schon Söder öffentlich der Hetze überführt wurde. Warum dürfen die das, haben die zuwenig Zuhörer? Oder will die religiöse Volkspartei jetzt doch noch ein bisschen Demokratie (die Gnade Gottes ist das Gegenteil von Demokratie) simulieren? Oder steht die erneute (wie Ende 1932) Liebesheirat mit der faschistischen Volkspartei doch noch nicht unmittelbar bevor? Jedenfalls vielen Dank an die FaktencheckerInnen global zu allen Zeiten, auch für ihren Mut, sind sie doch immer das erste Ziel für homo stupido faschistiko [A,Hitleri]. Und Faktenchecken hilft ja auch ein wenig, einen erneuten, in der Menschheitsgeschichte normalen, offenen Faschismus zu verzögern und vielleicht soger abzumildern. Den bevorstehenden Selbstmord der Menschheit kann das glücklicherweise nicht aufhalten, sonst würden die Demütigungen und Morde an den wenigen (1%?) homo sapiens durch die erdrückende Masse an h.st.fa. nie enden. Jedenfalls macht Wissen einfach Spaß, dem homo sapiens sapiens.
Faktencheck ist sehr wichtig und ich bin froh, dass diese Arbeit von Menschen ausgeführt wird, die vertrauenswürdig sind. Für die Zukunft bedeutet es, dass man nicht misstrauisch genug sein kann.
Liebe Frau Eberhard, ich hoffe sehr, dass das kritische Hinterfragen von Informationen, die Aufmerksamkeit im Umgang mit Inhalten im Netz aber auch in analogen Medien uns nicht tatsächlich grundsätzlich misstrauisch macht. Vertrauen ist eine schöne menschliche Qualität. Ich glaube, so lange wir die Fähigkeiten zur Quellenkritik lehren und lernen, so lange wir uns auch selbst auf dem Laufenden halten, mit welchen technischen Möglichkeiten Inhalte wie manipuliert oder gefälscht werden können und wie wir diese erkennen, dann sollte es uns doch gelingen, einigermaßen selbstbewusst mit Informationen umzugehen. Herzlichen Gruß!