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BÜNDNIS F5

Mit Open Data die Verwaltung modernisieren – und KI besser machen

Dass es bei der Verwaltungsdigitalisierung sehr hapert, erleben Bürgerinnen und Bürger häufig am eigenen Leib. Denn die meisten Dienstleistungen der Verwaltungen sind nicht digitalisiert. Neben finanziellen Ressourcen und Digitalkompetenzen fehlt es auch an den technischen Fundamenten. Hinzu kommt eine neue Herausforderung: Künstliche Intelligenz und die Frage, wie Verwaltungen damit umgehen. Darum ging es beim letzten Austausch mit Digitalpolitker*innen des Bundestages, den das Bündnis F5 veranstaltet hat.
Foto: Lilli Iliev (WMDE), Bündnis F5 - Parlamentarisches Frühstück Nr. 8 Verwaltungsdigitalisierung 8, CC BY 4.0

Lara Mieg

Stefan Kaufmann

7. Mai 2024

Wenn der Staat langfristig handlungs- und strategiefähig sein möchte, muss er dringend die notwendige Basis für eine moderne Verwaltung legen. Dafür ist eine solide Daten- und IT-Grundlage auf dem Stand der Technik unerlässlich – sowohl um die Potenziale von Open Data zu nutzen als auch für den Einsatz künstlicher Intelligenz. Unter der Schirmherrschaft von Nadine Schön MdB (stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Digitales) ging es beim parlamentarischen Frühstück deswegen um die Fragen: Welche Rahmenbedingungen müssen Politikschaffende für den Einsatz von KI setzen? Welchen Beitrag kann Open Data zur Modernisierung der Verwaltung leisten?

Offene Daten für die Verwaltungsmodernisierung

Welchen Vorteil hat Open Data für den Einsatz künstlicher Intelligenz in Behörden und für Verwaltungsmodernisierung? Darum ging es in dem Impuls, den Stefan Kaufmann, Referent für Politik und öffentlicher Sektor bei Wikimedia Deutschland und Henriette Litta, Geschäftsführerin der Open Knowledge Foundation, in die Diskussion mit den Parlamentarier*innen einbrachten.

Momentan wird bei KI-Systemen vielerorts auf generative KI gesetzt. Sie werden mit Datensätzen darauf trainiert, Texte und Bilder anhand von Aufforderungen („Prompts“) zu generieren, die anhand der Trainingsdaten wahrscheinlich wirken. Gut trainierte Large Language Models können so Texte erzeugen, die für Außenstehende häufig verblüffend natürlich wirken. Bisweilen neigen sie jedoch zu Halluzinationen – sie geben dann im Brustton der Überzeugung Sachverhalte wieder, die sich in der Realität ganz anders darstellen.

Genau das kann passieren und ist bereits passiert, wenn solche Systeme mit Bestandsdokumenten der Verwaltung gefüttert werden. Litta und Kaufmann argumentierten deswegen dafür, durch die automatisierte Veröffentlichung von Linked Open Data die Grundlage für Symbolic AI zu schaffen – also Systeme, die aus dem maschinenlesbaren Wissen der öffentlichen Hand beweisbare Schlussfolgerungen ziehen können. Die Bereitstellung von offenen und maschinenlesbaren Daten kann gewährleisten, dass staatlich eingesetzte KI-Systeme Nutzende mit zuverlässigen Informationen versorgen. So wie zum Beispiel die Wissensdatenbank Wikidata, die offene und manschinenlesbare Daten zur Verfügung stellt, die Datengrundlage für Sprachassistenzsysteme und andere Anwendungen darstellt, könnten so auch staatliche Informationen in entsprechende Auskünfte einbezogen werden.

Die Öffnung des eigenen Wissens – seien es Daten, Studien oder Gutachten – durch die Verwaltungen wird bisher oft als Maßnahme für Dritte verstanden: Durch Transparenz soll Vertrauen aufgebaut oder erhalten werden. Verwaltungsdaten sollen auch der Wirtschaft zugänglich sein und so zur Wertschöpfung beitragen.
Was dabei viel zu wenig Beachtung findet: Die technische Infrastruktur, die es dafür braucht, nutzt den Behörden selbst. Die Modernisierung der staatlichen IT-Infrastruktur, die Open Data erst möglich macht, schafft auch die Grundlagen, die für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes oder auch die Registermodernisierung notwendig sind. Und ein reibungsloser Zugriff auf Informationen anderer Abteilungen im eigenen Haus vereinfacht viele Arbeiten im Behördenalltag.

Was es für den Einsatz von Open Data nun braucht

Um den Einsatz von Open Data politisch zu fördern, müssen nun verschiedene Hebel in Bewegung gesetzt werden. Zentral sind neben dem Rechtsanspruch auf Open Data im Rahmen eines starken Transparenzgesetzes eine Reform des § 5 UrhG sowie die konsequente Anwendung des bereits bestehenden Servicestandards für die digitale Verwaltung. Neben diesen politischen Veränderungen braucht es jedoch auch einen allgemeinen Paradigmenwechsel, durch den der Fokus bei der Verwaltungsdigitalisierung auch auf die IT-Architektur hinter der Bildschirmvorderseite gelenkt wird. Dass dies in der Praxis funktionieren kann, zeigen Länder wie Schleswig-Holstein und Berlin. Sie begreifen Datenmanagement bereits heute als Infrastrukturaufgabe und sind im Begriff, ihre digitale Infrastruktur durch Linked Open Data auf ein solides Fundament zu stellen.

Ein finales Plädoyer des Bündnis F5 ist, dass die Zivilgesellschaft mit all ihrer Expertise stärker bei der Entwicklung und Umsetzung von Technologiestandards wie Open Data einbezogen werden muss. Durch den Wissenstransfer aus der Zivilgesellschaft kann die Verwaltung eigene Kompetenzen aufbauen und müsste viele Aspekte der strategischen Digitalisierung gar nicht neu erarbeiten. Die Abhängigkeit von externen kommerziellen Dienstleistern kann zugleich reduziert werden.

KI-Transparenzregister zur Folgenabschätzung

Wenn es um den Einsatz von KI-Anwendungen in der Verwaltung geht, ist besondere Sorgfalt geboten. Denn immerhin entscheiden Behörden täglich darüber, ob Bürger*innen staatliche Dienste und soziale Leistungen – von der Erteilung der Baugenehmigung über Rentenbezüge bis zu Sozialleistungen erhalten. Es braucht daher mindestens Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Daher argumentierte Matthias Spielkamp, Geschäftsführer AlgorithmWatch, für ein KI-Transparenzregister. Das Register kann einen Überblick über Zweck, Hersteller, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der in Behörden eingesetzten KI-Anwendungen bieten. Es würde gleichzeitig dazu beitragen, die Öffentlichkeit zu informieren und Wissen zwischen Behörden auszutauschen.

Vor allem könnte das KI-Transparenzregister gewährleisten, dass die eingesetzten Anwendungen nachweisbar mit Grundrechten und demokratischen Prinzipien vereinbar sind. Zugleich würde es die KI-Kompetenz der Verwaltung erhöhen. Durch ein zweistufiges System zur Folgenabschätzung würde das Risiko negativer Folgen durch KI-Systeme minimiert. Die Ergebnisse der Abschätzung würden im Transparenzregister veröffentlicht, sodass es einen entscheidenden Beitrag dazu leisten würde, den Einsatz von KI-Systemen in Behörden besser nachvollziehen zu können. Das würde dazu führen, das Vertrauen in die Arbeit der Verwaltung zu erhalten oder sogar zu stärken. Die Behörden würden dabei von KI-Fachleuten unterstützt, sodass sie ihre Kompetenzen zugleich stärken könnten. Matthias Spielkamp appellierte deshalb an die anwesenden Politiker*innen, das KI-Transparenzregister als Teil der nationalen Umsetzung der KI-Verordnung auf den Weg zu bringen.

Auch wenn die Zeit nicht ausreichte, um die vielen offenen Fragen rund um die Themen zu besprechen, bot das parlamentarische Frühstück den Parlamentarier*innen und den Organisationen im Bündnis F5 einen wertvollen Austausch darüber, wie die Verwaltungsdigitalisierung durch Verbindlichkeiten und Vorgaben in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Open Data und den Erfahrungsaustausch mit der Zivilgesellschaft vorangebracht werden kann.

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