John Weitzmann
4. März 2021
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Monsters of Law“, bei der Wikimedia Deutschland rechtliche Themen rund um das Freie Wissen beleuchtet, fand am 2. März unter dem Titel „Uploadfilter: Hausaufgaben für den Bundestag“ ein direkter Dialog mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen mit Abgeordneten der Bundestagsfraktionen von Union und SPD statt. Es ging um die EU-Urheberrechtsreform, die inzwischen dem Bundestag vorliegt und bald in dessen Rechtsausschuss beraten werden wird.
Neben vielen kaum umstrittenen neuen Regeln, die Verbesserungen für Kreative und auch für die Welt von Wikipedia & Co. bringen werden, ist in der Reform mit Artikel 17 auch eine umfassende Neuregelung der Haftung von Plattform-Unternehmen enthalten. Ihre Umsetzung in deutsches Recht wird eine Filterung von Uploads der Nutzerinnen und Nutzer von beispielsweise Social-Media- und Video-Sharing-Plattformen mit sich bringen – nämlich wenn dabei urheberrechtlich geschützte Werke hochgeladen werden und die jeweiligen Plattform-Unternehmen keine Lizenz dafür erworben haben. Denn anders als früher gilt das Hochladen zukünftig nicht mehr nur als Handlung der Nutzenden einer Plattform, sondern die Plattform selbst wird verantwortlich gemacht.
Zivilgesellschaft und Regierungskoalition an einem Tisch
Die Urheberrechtsreform war zentrales Thema des Dialogs am Dienstagabend, an dem für die Regierungskoalition die Digitalpolitikerin, Bundestagsabgeordnete und SPD-Vorsitzende Saskia Esken und der digitalpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion Tankred Schipanski teilnahmen. Für die Zivilgesellschaft war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) durch den Referenten im Team Digitales Martin Madej vertreten, die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) durch die Leiterin des dortigen Projekts Control Copyright und ehemalige Europaabgeordnete Julia Reda.
Auch wenn im Gesprächsverlauf die unterschiedlichen Sichtweisen auf Artikel 17 deutlich wurden, gab es doch einige Punkte, bei denen sich die Diskutierenden einig waren: Etwa bei der Forderung, dass gesetzlich zulässige Nutzungen fremder Werke am Ende so ungehindert möglich sein sollten, wie Artikel 17 der EU-Urheberrechtsreform es selbst ausdrücklich fordert. Oder bei einem in letzter Minute in den Entwurf gelangten Passus, der das Recht, fremde Werke zu parodieren, einschränken könnte. Hier signalisierten die beiden Bundestagsabgeordneten, dass man sich das im Rechtsausschuss noch anschauen werde.
Es ging auch um das Thema „Flagging“, also die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit für Plattform-Nutzende, ihre Uploads selbst als gesetzlich erlaubt zu kennzeichnen. Hier scheint von der Politik schlicht vergessen worden zu sein, zusätzlich auch eine Flagging-Option beispielsweise für vertraglich erlaubte Nutzungen vorzuschreiben. Seitens der Zivilgesellschaft wurde zudem mehr Transparenz gefordert, in Form zwingender Offenlegung anonymisierter Informationen darüber, wann, wie viel und aus welchem Grund die jeweilige Plattform gesperrt oder blockiert hat. Ohne mehr Einblick, hieß es, sei es kaum möglich, den Missbrauch von Uploadfiltern nachzuweisen und im Sinne der Nutzendenrechte auch gerichtlich dagegen vorzugehen.
Wie geht es weiter?
Das Umsetzungsgesetz zur EU-Urheberrechtsreform wird voraussichtlich am 25. März in erster Lesung im Bundestag verhandelt und in den Rechtsausschuss geschickt werden. Dieser wird wahrscheinlich am 12. April eine Anhörung von Expertinnen und Experten abhalten. Auch der Bundesrat wird sich zum Entwurf äußern, der dann wohl Anfang Mai verabschiedet wird. Noch vor der Sommerpause könnten die Änderungen des Urheberrechtsgesetzes und des Gesetzes über Verwertungsgesellschaften in Kraft treten – sowie ein ganz neues Gesetz eigens für Artikel 17, das „Urheberrechts-Diensteanbietergesetz“, kurz UrhDaG. Wir werden hier im Blog und auch über Twitter und andere Kanäle weiter die Ereignisse begleiten.