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Wird die Wikipedia bald vorgefiltert? Upload-Filter – Nein Danke!

In einem Offenen Brief haben wir uns mit zahlreichen Partnern zusammengetan, um gegen die drohende Einführung von Upload-Filtern zu kämpfen. Sie würden der Wikipedia, zahlreichen kleinen Internet-Unternehmen und der Meinungsfreiheit im Netz enorme Probleme bereiten. Auch du kannst uns helfen. Am 23. April steht eine wichtige Abstimmung im Rechtsausschuss an, vor der wir aktiv werden. Alles Wichtige kurz erklärt:
Christian Schneider (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:No-Upload-Filter_Verteilaktion_(6).jpg), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode 4.0/deed.de)

WMDE allgemein

16. März 2018

Auf EU-Ebene wird derzeit das Urheberrecht reformiert. Es geht dabei vor allem um die Durchsetzung von Urheberrechten im Netz und um mehr Vergütung für Kreative. Diese Ziele sind legitim. Um sie zu erreichen, drohen aber Maßnahmen wie netzweite Upload-Filter, durch die Grundrechte ernsthaft in Gefahr geraten. Betroffen ist vor allem die Meinungs(äußerungs)freiheit, die für Freies Wissen zentral ist.

Gesetzliche Lizenzen (“Schranken”)

Das Urheberrecht ist ein ausbalanciertes System von Verboten und Freiheiten. Urheberrechtlichen Verboten stehen gesetzliche Nutzungslizenzen (sogenannte “Schranken des Urheberrechts”) gegenüber. Sie erlauben zum Beispiel, Zitate zu veröffentlichen und über Tagesereignisse zu berichten, selbst wenn dabei Teile fremder urheberrechtlich geschützter Werke wiedergegeben werden (ausführliche Erläuterung auf dieser Wiki-Seite).

Verletzte Urheberrechte

Aber natürlich kommt es im Internet auch zu vielen Urheberrechtsverletzungen, bei denen keine “Schranke” die Nutzung legitimiert. Memes zum Beispiel (mehr dazu unter savethememe.net) tun zwar keinem Rechteinhaber weh, sind sogar kostenlose Werbung, verletzen formell gesehen aber fast immer Urheberrechte (meist die von Filmproduktionsfirmen, da den meisten Memes Standbilder aus Filmen zugrunde liegen). Um solche Verletzungen grundsätzlich flächendeckend zu unterbinden, bevor sie lange im Internet stehen bleiben, schlägt die EU-Kommission nun vor, dass Betreiber von Plattformen schon die Uploads solcher Inhalte von vornherein verhindern sollen.

Konsequenz: Upload-Filter

Die Konsequenz daraus sind Upload-Filter, die jegliche von Nutzern hochgeladene Inhalte auf mögliche Urheberrechtsverletzungen hin durchleuchten. Dies lehnen wir als Wikimedia ab und setzen uns dafür ein, dass eine Pflicht zu solchem Filtern verhindert wird. Upload-Filter sind nichts anderes als Automaten, die anhand einer Datenbank abgleichen, ob ein vom Nutzenden hochgeladener Inhalt wahrscheinlich urheberrechtlich geschützten Inhalt verwendet. Ist das der Fall, wird der Upload zunächst blockiert.

Teuer erkauft

Das wäre an sich schon schlimm genug, schließlich ist das eine Art von Zensurmaschine, mit der man – wenn man denn wollte – auch politische Zensur betreiben kann, sobald man ihren Einsatz über das Urheberrecht hinaus ausdehnt. Für die Betreiber der Seiten, zu denen auch die Wikimedia Foundation gehört, würde es auch unmittelbar finanzielle Risiken bedeuten: Wenn sie nicht filtern, können sie sehr einfach sehr hoch verklagt werden. Aber auch, wenn sie etwas tun, wird es sehr schnell sehr teuer. Die Filter kann man sich mieten und das ist, Stand heute, auch nicht gerade günstig.

Wir wollen keine Spendengelder dafür einsetzen müssen, die Uploads unserer Freiwilligen zu durchleuchten. Wenn es hier Verstöße geben sollte, kümmert sich die Community darum und notfalls die Rechtsexperten in der Wikimedia Foundation. Diese Menschen kennen sich aus und können viel besser aufgrund ihrer Erfahrungen entscheiden als ein Algorithmus, der ja nicht sieht, zu welchem Zweck der Upload eigentlich passiert. Community kann Kontext. Filter nicht.

Deswegen setzen wir uns für eine zeitgemäße Durchsetzung von Urheberrecht ohne Upload-Filter ein. Wir zeigen Alternativen auf und sorgen dafür, dass sich das Europäische Parlament uns anschließt. Es gibt andere Wege, um Kreativen und Rechteinhabern eine bessere Position gegenüber den großen Internetkonzernen und ihren Plattformen zu verschaffen. Wir haben hier viele Unterstützerinnen und Unterstützer in Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, sind aber noch nicht am Ziel. Es gibt ganz konkrete Aktionen, bei denen wir auch Hilfe von Freiwilligen brauchen. Unter anderem bieten wir ein Coaching an, wie man sich direkt an Europaabgeordnete wendet, um gegen die netzweiten Filter zu argumentieren. Wenn du dabei sein willst, melde dich formlos bei politik@wikimedia.de. Wir halten dich gerne auf dem Laufenden.

Den Offenen Brief findest du hier.

Kommentare

  1. […] diesem offenen Brief gab es auch einen Blogbeitrag und eine Podiumsdiskussion aus unserer Reihe „Monsters of […]

  2. Ulrich
    20. März 2018 um 12:11 Uhr

    Ein wichtiger Aspekt kommt noch dazu: Egal, ob Upload-Filter selbst programmiert und gewartet oder ob sie gemietet werden – es kostet, und nicht zu knapp. Die Großen werden sich das leisten können – die kleinen nicht. Also mehr Konzentration und weniger Vielfalt im Netz. Vielleicht ein gern gesehener Kollateralschaden?

  3. Kai
    18. März 2018 um 15:25 Uhr

    Ist der Uploadfilter einmal unter dem Label des Urheberrechtsschutzes eingeführt, wird erstens der komplette Datenverkehr gefiltert, zweitens ist dann die Erweiterung auf Meinungskonformitätseinstellungen nur noch ein kleiner Schritt.

  4. KoKommentar
    17. März 2018 um 15:15 Uhr

    In der EU spricht man ständig von DEMOKRATIE aber wo ist denn die viel gepriesene “Herrschaft des Volkes”: Finanzpolitik ohne Bürgerbeteiligung dafür aber Finanzmärkte mit Hochgeschwindigkeitshandel (Deep Learning lässt grüßen) und jetzt ein weiterer Angriff auf die DEMOKRATIE: Deep Learning beim upload-filering! Es sind ja nicht nur die Inhalte, welche “gefiltert” werden sondern auch die Informationen, welche dabei gewonnen werden und die Algorithmen AUTOMATISCH optimieren. Ein “Abgleich mit einer Datenbank” ist das auf keinen Fall sondern Deep Learing per exellence und damit hochgefährlich für die DEMOKRATIE.
    Ich weiß zwar nicht, welches Mittel das “optimale” ist, sich zur Wehr dagegen zu setzen, aber allein die Tatsache, dass ich nur per Zufall davon erfahren habe, finde ich bedenklich – deshalb kenne ich nur ein Mittel: bringt das Thema in die breite Öffentlichkeit in alle Medien! Erst als die TTIP-Verhandlungen in der breiten Öffentlichkeit und in allen Medien bekannt wurde, konnte was bewegt werden.
    Wenn wir den Anfängen – und die sind schon weit fortgeschritten – nicht wehren, zertören die Algorithmen unsere DEMOKRATIE.

  5. Frank Hentschel
    17. März 2018 um 13:44 Uhr

    Ein Zwang zum Upload-Filter ist m. E. die Aufforderung zur Aufgabe des Rechts der freien Meinungsäußerung. und verstößt wahrscheinlich auch gegen das das Grundgesetz.
    Ich kann außerdem auch nicht verstehen, wie das geistige Eigentum von Autoren an einem Text oder Bild mehr zählt als das das geistige Eigentum eines Erfinders an einer Erfindung. Beides ist das Ergebnis einer Kreativität. Dieser Unterschied und die völlig unverständliche rechtliche Bevorzugung des Urheberrechts gegenüber dem Patentrecht sollte nun nicht noch durch die kostenlose Verhinderung von Verstößen weiter vergrößert werden.
    Beide Rechte gelten geistigem Eigentum und sollten bezüglich Kosten für “Autoren” und “Erfinder” und zeitlicher Wirksamkeit endlich angeglichen werden,
    Ein Autor lebt von seinem geistigen Eigentum, wenn es genutzt wird, ebenso wie der Erfinder auch von seiner Erfindung lebt. Nur hat das der Autor umsonst und der Erfinden muß dafür viel Geld bezahlen. Der Unterschied zwischen Urheberrecht und Patentrecht stellt heute eine starke Diskriminierung der Erfinder gegenüber Autoren dar, die man durch Anpassung von zeitlicher Gültigkeit und Kosten endlich abschaffen sollte.

  6. Hans-J. Hartmann
    17. März 2018 um 07:43 Uhr

    Auch ich halte das deutsche Urheberrecht für Künstler und geistig schaffende Menschen für existenziell und essentiell. Es besteht im Übrigen nicht nur 20 Jahre nach der Erfindung wie bei technischen Patenten, sondern 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers bzw. Urhebers. Über die postmortale Fristverkürzung kann sicherlich diskutiert werden.
    Die Argumentation sollte in die gleiche Richtung wie beim Netzdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gehen: Eigentumsrecht ist ein individuelles Grundrecht. Es muss gegenüber Privatpersonen mit den privatrechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln durchgesetzt werden, nicht pauschal präventiv durch staatliche Maßnahmen. Uploadfilter führen nicht nur zur Beschränkung der Rechte anderer Nutzer (Informations- und Meinungsrecht), sondern widersprechen auch Grundsätzen unserer Rechtsordnung.

  7. Ole
    17. März 2018 um 00:30 Uhr

    Unter Berücksichtigung unser Auto affinen Gesellschaft hier ein mögliches Beispiel eines Anschreibens an einen Abgeordnete(n):
    Stellen Sie sich vor, die Autofahrer könnten in ihren Autos die Information ihrer aktuellen Geschwindigkeit und ihres Kennzeichens in das öffentliche Netz stellen, um z.B. anderen zu zeigen, was sie so alles können oder wie schnell ihr Auto fährt und dann kommt der Staat auf die Idee, alle Autofahrer, die sich nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkungen halten, heraus zu filtern und die betroffenen Autos aus dem Verkehr zu ziehen. Welcher Autofahrer würde denn dann seine Informationen ins öffentliche Netz stellen? Kennen Sie die Antwort?
    Dieser Vergleich soll nur veranschaulichen was eine”Rasenmähermethode”wie ein “Uploadfilter” bewirkt. Stoppen sie den Rasenmäher Herr/ Frau….

  8. Gabi
    16. März 2018 um 18:38 Uhr

    wikipedia mit upload-filter? Uundenkbar allein wegen der mehrfachen Fotowettbewerbe pro Jahr. Der offene Brief allein wird trotz namhafter Beteiligter kaum genügen, schlage daher vor nach einer Karenzzeit noch eine Aktion zB bei campact hinterherzuschieben. Die EU-Generalisierung ist wie so oft: gut gedacht, schlecht gemacht.

  9. Annette
    16. März 2018 um 17:59 Uhr

    Ich schließe mich Reinhard Alves und Falk Kuebler an, es ist leider davon auszugehen, daß einzelne Aktionen nichts bringen, weil sie meist ignoriert werden. Der Weg über eine Petitionsplattform hat da etwas bessere Chancen.

  10. Naumilkat
    16. März 2018 um 16:38 Uhr

    Sehr geehrter Herr Dominique Boursillon, Sie scheinen das Urheberrecht, wie es zum Beispiel die GEMA in Deutschland umsetzt, nicht wirklich zu kennen. Für einen freiberuflichen Komponisten ist die Erzielung von Tantiemen über sein gesamtes Leben existenzwichtig. Was bitte soll daran nicht legitim sein? Insofern bin ich durchaus für Kontrolle und Kostenpflicht auch im Internet, aber bitte nicht durch eine maschinelle Vorprüfung!

  11. Susanna
    16. März 2018 um 16:16 Uhr

    Dass man gegen die Einführung solcher Filter vorgehen sollte, steht für mich ausser Frage. Ich plädiere, wie einige Andere, allerdings auch für die Nutzung von Peditionsplattformen, von denen es ja mittlerweile einige gibt.

  12. Marcus Kaiser
    16. März 2018 um 15:38 Uhr

    Ich unterstütze sowohl die Idee einer Petition als auch das Anschreiben einzelner Abgeordneter. Letzteres sollte über abgeordnetenwatch passieren, dann ist es öffentlich dokumentiert.

  13. Reinhard Alves
    16. März 2018 um 15:17 Uhr

    Den Kommentar von Falk Kuebler kann ich nur unterstützen – einzelne Aktionen haben wenig Sinn und werden erfahrungsgemäß nicht zur Kenntnis genommen. Mit Petitionsplattformen habe ich gute Erfahrungen gemacht und die Ergebnisse waren zählbar zu belegen.

  14. Heike
    16. März 2018 um 14:25 Uhr

    Ich bin gegen den Upload Filter, denn er stellt eine Limitierung des freien Informationsflusses im Netz dar und Missbrauch ist verherrend!

  15. Dominique Boursillon
    16. März 2018 um 13:50 Uhr

    “Es geht dabei vor allem um die Durchsetzung von Urheberrechten im Netz und um mehr Vergütung für Kreative. Diese Ziele sind legitim.”
    Das ist eben nicht legitim! Urheber sind Erfinder und sollten ebenso behandelt werden. Eine geistige Erfindung steht +/-20 Jahre zur ureigenen Verfügung, danach wird sie PD. Wer das jetzige System unterstützt, kann sich keine Rosinen rauspicken und für sich reklamieren nicht filtern zu müssen, zu können oder zu wollen :-).

  16. Falk Kuebler
    16. März 2018 um 13:25 Uhr

    Warum macht Ihr nicht Aktionen auf einer der Petitions-Plattformen? Ich selbst bin Eurer Meinung und würde Euch sehr gerne unterstützen, aber einen individuellen Brief an irgendwelche von mir zu suchenden Europa-Abgeordneten zu schreiben habe ich keinerlei Lust, weil es wohl nicht das Geringste bringen würde.

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