Gestern hat die Landesregierung in NRW die ausformulierte Open Government-Strategie gebilligt und anschließend veröffentlicht. Der Hauptteil umfasst 105 Seiten, außerdem gibt es einen 87-seitigen Anhang “Hintergründe und Rahmenbedingungen“. Nach einer ersten Durchsicht eine kurze Einschätzung zum Inhalt des Papiers und der nächsten Schritte:
- Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten. Man kann nur vermuten, wie viel Arbeit in die Erstellung dieser Strategie geflossen ist und welche Verhandlungen über Teilaspekte geführt werden mussten. Die Landesregierung löst mit diesem Dokument den ersten Teil eines Versprechens für mehr Transparenz und Beteiligung ein. Der zweite, wichtigere Teil wird die Umsetzung dieses Versprechens sein.
- Auch in der Langfassung der nun vorliegenden Strategie gibt es eine plausible Verzahnung verschiedener Ansätze, im Papier “Transparenz”, “E-Partizipation” und “E-Zusammenarbeit” genannt. Das Papier ist darüber hinaus auch ehrlich, welche Arbeiten unerledigt bleiben: Open.NRW ist ein freiwilliges Angebot der Exekutive und ersetzt nicht die Weiterentwicklung der Landesgesetze zu Informationsfreiheit hin zu einem Transparenzgesetz.
- Die Landesregierung hat sich bemüht, die Kostenfolgen von Open.NRW in Grenzen zu halten: Open Data wird vorerst nur mit Landesdaten starten. Kommunale Daten (von denen es dank Moers und Köln bereits viele gibt) sollen wieder auf Basis von Freiwilligkeit und ohne Verpflichtung durch das Land aufgenommen werden. Wenn es eine solche Pflicht durch das Land gäbe, müsste es auch vom Land bezahlt werden. Die Flucht in die Freiwilligkeit erspart es dem Land, den Geldbeutel aufzuschnüren.
- Nur mit einer wohlwollenden Lesart wird es nicht dazu kommen, dass sich unter dem Label “Open Data” auch unfreie Inhalte verbergen werden. Die Landesregierung beschreibt in ihrer Strategie korrekt, dass Offene Daten auch für kommerzielle Zwecke genutzt werden können. Sie betont außerdem, dass es das Ziel sei, die NRW-Verwaltungsdaten zur uneingeschränkten Weiterverwendung bereitzustellen, es jedoch gerade zu Beginn Ausnahmen geben werde. Vollends problematisch wird es bei der Auswahl der bevorzugten Lizenzen für die NRW-Verwaltungsdaten. Hier verweist das Papier pauschal auf die Datenlizenz Deutschland 1.0, von der es zwei Ausprägungen gibt und von denen keine den Anforderungen an Freie Lizenzen genügt (Nota bene: Eine kommende Version 2.0 wird als “Datenlizenz Deutschland – Namensnennung hoffentlich diese Anforderungen erfüllen. Wir erwarten ihre Veröffentlichung in den kommenden Wochen).
- Wenn, wie eine wohlwollende Lesart es durchaus zulässt, eine freie Lizenz der Normalfall des NRW-Datenportales werden wird, gibt es dennoch überall institutionelle Kräfte, die gebotenen Ausnahmen und Freiräume bei Bedarf exzessiv zu nutzen. Die Landesregierung wird hier selbst Wege finden, eine sanfte Lenkwirkung in Richtung Freier Lizenzen zu erzeugen. Manchmal reicht es schon, den Begründungsaufwand für die Wahl unfreier Lizenzen zu erhöhen. Positiv hervorzuheben ist die Ankündigung, explizit diese Lizenzfrage nach 2 Jahren zu evaluieren.
- Bis zum 13. Juni 2014 können Interessierte auf der kommerziellen Kommentarplattform Disqus die Open.NRW-Strategie kommentieren. Die verantwortliche Stabsstelle verspricht eine zeitnahe Rückmeldung. Angesichts der bereits erfolgten Billigung durch die Landesregierung ist es unwahrscheinlich, dass am Wortlaut der Strategie noch etwas geändert wird.
- Am 10. Juni um 19 Uhr findet ein Informationsabend des Innenministeriums zur Strategie statt. Die Teilnehmerinnenzahl ist begrenzt, eine Anmeldung per Email bis zum 6. Juni 2014 nötig.
- Herzlich gelacht haben wir alle bei dem Versuch der Landesregierung, Creative Commons zu erklären. Die Erklärung beginnt mit: “Die gemeinnützige Organisation Creative Commons bietet urheberrechtgeschützte Werke als freie Inhalte an”.
[Nachtrag: Matthi Bolte ist Abgeordneter des Landtages von NRW bei Bündnis 90/Die Grünen und netzpolitischer Sprecher. Er hat im netzpolitischen Blog der Grünen einen längeren Text zu Open.NRW geschrieben, die Lektüre ist empfohlen.]
Hallo Mathias,
danke für die Antwort. Also sind Geodaten doch in die Strategie eingeschlossen? Ich dachte, gerade das würde bei größeren Teilen aus rechtlichen Gründen nicht gehen?
Sehr geehrter Herr Schindler,
mit Punkt 8 haben Sie völlig Recht. Leider hatte sich hier ein redaktioneller Fehler eingeschlichen. Wir haben den Passus inzwischen korrigiert.
Herzlichen Dank für den Hinweis und beste Grüße
Dieter Spalink – Leiter Projektgruppe Open.NRW
Hallo Patrik,
Dieser Absatz ist ohne Inhalt, aber im heftig-Stil, um die Kontinuität des Witzes zu wahren.
Dieser Absatz ist mit Inhalt, um die Frage zu beantworten (wenn ich sie richtig verstanden habe): Die Seite http://www.data.gov/ liefert eine gute Übersicht darüber, welche Inhalte von staatlicher Seite angeboten und für bestimmte Zielgruppen nützlich sein können. Im Falle von NRW fallen mir zuerst Geodaten ein, außerdem Daten der Wirtschafts- und Sozialstatistik. Nicht alle Daten werden vom Land NRW erhoben, teilweise liefern die Kommunen einen gehörigen Beitrag
Dieser unglaubliche Kommentar wird dich sprachlos machen. Dieser Mann dachte sich, dass er auch einmal etwas kommentieren will. Weil er keinen Ghostwriter hat, hat er mit einem einfachen Trick diesen Kommentar produziert. Hier siehst du, was dabei herausgekommen ist. Das Ergebnis ist verblüffend.
Danke für den Beitrag. Ich stelle mir die übliche Frage, worauf sich das überhaupt bezieht, wenn irgendeine Regierung eine “Open Data”-Strategie ausarbeitet. Was genau produziert jetzt die Regierung, das “open” und zugleich auch praktisch nutzbar ist?