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WikiCon 2012 – Frog mi öbbis!

WMDE allgemein

31. August 2012

Vom 31.8. bis zum 2.9. empfängt die WikiConvention 2012 die ehrenamtlichen Helfer der Wikipedia und ihrer Schwesterprojekte in Dornbirn. Wikimedia Deutschland ist mit einem Team ebenfalls vor Ort. Hier im Blog blicken wir zurück auf die Veranstaltungstage.

 

Dornbirn grüßt mit Dialekt. “Frog mi öbbis” heißt, dass die ehrenamtlichen Helfer des Organisationsteams der WikiConvention gerne weiterhelfen. An Fragen wird es in den kommenden zwei Tagen sicher nicht mangeln, wenn die Teilnehmer des größten Community-Treffens gemeinsam über Wikipedia und ihre Arbeit diskutieren. Als inhaltlicher Startpunkt des heutigen Freitags diente eine Podiumsdiskussion über die Freiheit des Internets. Und die entwickelte sich ganz ähnlich wie ein guter Wikipedia-Artikel.

Braucht man das?

Verena Parzer-Epp (Avenir Suisse) und Roland Alton von der FH Vorarlberg diskutierten gemeinsam mit Wikimedia Deutschlands Vorstand Pavel Richter und Ting Chen aus dem Kuratorium der Wikimedia Foundation. Gleich zu Beginn: Fragen nach der Relevanz der Debatte, zumindest über Twitter. Gibt es denn jemanden, der gegen Freiheit im Internet ist? Ist das Thema nicht zu breit angelegt? Man könnte vom Hölzchen ins Stöckchen geraten oder, im Gegenteil, überhaupt nichts Konkretes sagen.

Aufbauen

Das Podium tastet sich mit mehreren Ansätzen an eine Diskussion heran. Es lässt sich darüber reden, was Freiheit im Internet bedeutet, aber vor allem auch, wodurch sie bedroht wird. Die Podiumsteilnehmer wollen dabei nicht nur ihre Meinungen austauschen, sondern rufen die Zuhörer auf mitzuhelfen. Mehr Menschen, mehr Vorschläge und Stoßrichtungen – wie in einem Wikipedia-Artikel. Die Ideen lassen nicht auf sich warten. Im Publikum fordert jemand, dass die Wikimedia-Bewegung sich viel stärker für das Thema Urheberrecht engagieren müsse. Eine Debatte entsteht, sogar die Abschaffung jeglicher Schutzfristen wird gefordert. Plötzlich gibt es sehr konkreten Gesprächsstoff und viele Stimmen, die an diesem Beispiel das in den Mittelpunkt rücken können, was allen Anwesenden am Herz liegt – Wikipedia.

Strukturieren

Details des Urheberrechts können erwartungsgemäß nicht geklärt werden. Dafür werden zwei Dinge deutlich gesagt: Wikipedia fußt auf einem stabilen Urheberrechtsmodell, denn freie Lizenzen sind Teil des Urheberrechts. Und zweitens, wichtig ist neben dem Umgang mit Wikipedia-Inhalten vor allem auch der Umgang mit den Inhalten selbst und der Umgang zwischen denen, die sie erstellen.

Die Diskussion wird neu geordnet.

Mit ebenso engagierten Wortmeldungen wie zuvor sprechen Podium und Publikum über die gemeinschaftliche ehrenamtliche Arbeit in den Wikimedia-Projekten. Schnell wird klar, dass die Autoren, Korrektoren, Fotografen und vielen anderen Helfer hier nicht im sprichwörtlichen Elfenbeinturm sitzen. Bei der ersten Gelegenheit, die sich beim persönlichen Treffen in Dornbirn bietet, geht es nicht um den Lieblingsbeitrag oder interne Fragen, sondern um den Umgang mit Neulingen, um das Selbstverständnis des Projekts, um die Außenwirkung und die Zukunft. Selbstkritik wird gefordert, denn der Saal weiß, dass es vielleicht nie schwerer war als heute, in dem Projekt Fuß zu fassen, in dem jeder mitmachen kann. Woran liegt das?

Feinschliff

Der Artikel, also die Diskussion, geht in einen Review-Prozess. Allein die deutsche Sprachversion der Wikipedia hat bald 1,5 Millionen Artikel. Es braucht Mut, hier eine Lücke zu suchen und als neuer Helfer füllen zu wollen. Gleichzeitig haben die erfahrenen Bearbeiter erheblich mehr Arbeit damit, Qualität beizubehalten oder Vandalismus zu beseitigen. Neulinge, die sich ein Herz gefasst haben und in bestem Wissen ihre ersten Beiträge machen, finden ihre Arbeit dann vielleicht gelöscht, manchmal ohne Erklärung, manchmal ohne konstruktiven Kommentar. Ein Mitglied des Mentorenprogramms innerhalb der Wikipedia weist auf die bittere Ironie hin, dass nicht einmal unter diesen Helfern immer der Ton gewahrt bleibt, die extra neue Autoren bei ihren ersten Schritten begleiten. Ehrliche Selbstkritik.

Korrekturlesen

Das Gesagte wird rekapituliert. Kurz klingen einzelne Lösungsvorschläge an, die aber noch einmal grundsätzlich auf den entscheidenden Prüfstand gestellt werden. Ein Beispiel: Auf den Diskussionsseiten der Wikipedia wird miteinander geredet. Ist das bekannt genug? Welche Hilfsmittel gibt es, um das Arbeitsklima zu verbessern? Diese Fragen werden gestellt, münden aber in eine Erkenntnis, die verschiedentlich wiederholt wird: Technische Antworten lösen keine sozialen Probleme. Wir müssen mit uns selbst anfangen.

Nur kurz vor dem Ende der Diskussion fällt auf, dass sich diese Eröffnungsveranstaltung weit von ihrer Ausgangsfrage entfernt hat.

Speichern

Aus der Podiumsdiskussion über Freiheit im Internet ist nach 90 Minuten eine Grundsatzdiskussion geworden, die vielleicht wegweisend für die Workshops und Diskussionen der kommenden beiden WikiConvention-Tage ist. Und sie wurde angetrieben von Menschen, die nicht nur in ihrer Freizeit Wikipedia verbessern, sondern hier in Dornbirn zusätzlich und ebenfalls in ihrer Freizeit anreisen, um das Projekt für alle Anderen noch besser zu machen.

Um die Analogie zum Wikipedia-Artikel zu Ende zu bringen: So ist das oft mit der Zusammenarbeit. In den Anfangstagen der freien Enzyklopädie bestand der Artikel “Nordsee” aus einem Satz, in dem das Wort Meer auch noch falsch geschrieben war. Heute sieht er so aus.

 

Kommentare

  1. Micha Jahn
    4. September 2012 um 10:23 Uhr

    Hab ich nicht gewusst!

  2. Martin
    3. September 2012 um 20:08 Uhr

    „In den Anfangstagen der freien Enzyklopädie bestand der Artikel “Nordsee” aus einem Satz, in dem das Wort Meer auch noch falsch geschrieben war.“ Der Artikel ward von einem Nicht-Muttersprachler, dem Schweden LA2, geschrieben.

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