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Wir lieben Freie Software

Jens Ohlig

14. Februar 2015

Wie schon im letzten Jahr begeht die Free Software Foundation Europe am 14. Februar den „I love Free Software-Tag“. Bei Wikimedia Deutschland entstehen die Arbeiten an den Softwareprojekten MediaWiki und Wikidata ganz selbstverständlich und von Anfang an als Freie Software unter Freien Lizenzen. Für uns ist klar, dass wir Freies Wissen nicht nur in Form von Artikeln in Projekten wie der Wikipedia teilen wollen – Freies Wissen gibt es auch in Form von Code. Es ist uns wichtig, Freiheit in Form von Software zu schaffen und zu teilen. Thiemo Mättig, Wikipedianer und bei Wikimedia Deutschland angestellt als Software-Entwickler, hat seine persönlichen Gründe dafür aufgeschrieben und erklärt, warum er Freie Software liebt.

Frei für alle, wer macht denn sowas?

Seit nunmehr einer Dekade erkläre ich Wikipedia, und die Antwort ist immer die Selbe: „Wer schreibt denn die Artikel?“ Leute wie du und ich. „Und wer prüft die Fakten?“ Leute wie du und ich. „Und wer programmiert die Software?“ Leute wie du und ich.

Und wie ist das möglich?“ Weil alles frei ist, offen, transparent und nachvollziehbar, von den sozialen Prozessen in den Communitys der verschiedenen Wikimedia-Schwesterprojekte bis zur Software tief drin in dem, was ich inzwischen Wikimedia-Universum nenne. Von den Artikelschreibern in den Wikipedia-Sprachversionen über die Faktensammler im Wikidata-Projekt bis hin zu den Tüftlern und Bastlern in und an der MediaWiki-Software und ihren zahllosen Erweiterungen sind all die verschiedenen Benutzergruppe durch eine große Idee verbunden: Was wir tun, ist öffentlich und frei. Freie Software.

Diese Art der Freiheit ist etwas, das Weblog-Schreibern, Facebook- und Twitter-Benutzern vertraut ist, wenn sie etwas teilen. Die Übertragung dieser Idee auf die Daten- und Software-Welt ist immer noch etwas, das Erstaunen auslöst. „Wenn jeder meine Daten oder meine Software auf seine Bedürfnisse zuschneiden kann, ohne mich zu fragen“, so hört man, „dann ist meine Arbeit doch nichts wert.“ Wie erklärt man, dass diese Frage falsch gestellt ist?

Freie Software steigert den Wert für alle

Ich glaube daran, dass frei im Sinne Freier Software zu sein keine Wertminderung, sondern eine Wertsteigerung bedeutet. Die Freiheit, Einblick zu erlangen, zu Verändern, zu Verbessern und weiter zu geben ermöglicht etwas, das mit manchmal verächtlich “totes Holz” genannten Büchern oder der Zeitung von gestern nicht denkbar ist: Wissen wird lebendig, und diese Lebendigkeit kann so viel mehr wert sein als die Hoheit über eine Datensammlung oder die Weiterentwicklung einer Software inne zu haben. Projekte wie MediaWiki, die Wiki-Software hinter der Wikipedia, oder das Wikidata-Projekt zeigen das.

Wikidata geisterte als Idee seit den Anfängen der Wikipedia durch die Köpfe einiger Vorreiter. Vor etwas mehr als zwei Jahren fand die Idee eine Heimat in Berlin und lockte mich stetig: Eine Fakten-Sammlung mit inzwischen 13 Millionen Einträgen, aufgebaut auf einer speziell dafür geschaffenen Datenbank-Software für lose strukturiertes Faktenwissen. Das, was seit gut zwanzig Jahren als “semantisches Web” postuliert wird, fand ich in Wikidata so praxistauglich geerdet, dass es für mich endlich greifbar wurde. Große Pläne in kleinen, überschaubaren Schritten. Schnelle Entwicklungs-Zyklen. Unmittelbare Einflussnahme. Und ausschließlich Freie Software, die auch mir als Entwickler die Sicherheit gibt, dass keine von mir geschriebene Zeile Quelltext ungesehen in Vergessenheit geraten sondern sich verbreiten wird, gesehen wird und ja, auch verändert wird, oft genug bis zur Unkenntlichkeit. Doch wie bei jedem Enzyklopädie-Artikel in der Wikipedia, dessen Entwicklung ich angestoßen oder begleitet habe, setzt sich auch in der Softwareentwicklung die Überzeugung durch, dass nicht die Wortwahl zählt oder die Wahl eines Algorithmus sondern die Idee, die mein Beitrag eingebracht hat. Wikidata, deren Softwareentwicklung ich seit inzwischen einem Jahr in Vollzeit mit voran treibe, ist dank Freier Software lebendiger als jedes Softwareprojekt, an dem ich je beteiligt war. Freie Software gibt mir die Gewissheit, an etwas teilzuhaben, das größer ist als ich es überschauen kann.

Darum liebe ich Freie Software.

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