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Offen ≠ Offen

Christopher Schwarzkopf

3. Oktober 2014

Am Montag den 15. September 2014 fand auf dem Ausstellungsschiff “MS Wissenschaft“ in Wien die Veranstaltung “Wissenschaft und Freies Wissen – Fortschrittsmotor und Gemeingut der Informationsgesellschaft” statt. Wikimedia Österreich,Wikimedia Deutschland, Wikimedia Schweiz, die Open Knowledge Foundation Österreich und die Open Knowledge Foundation Deutschland luden gemeinsam zur Diskussion über (mehr) Offenheit in der Wissenschaft ein. Gefördert wurde die Veranstaltung vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF).

Prof. Dr. Björn Brembs, Prof. Dr. Sarah Spiekermann , Dr. Carl-Christian Buhr und Dr. Wolfgang Eppenschwandtner (v.l.n.r.), Foto von Christopher Schwarzkopf, CC-BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Gut viereinhalb Monate ist es her, dass die MS Wissenschaft sich von Berlin aus zu ihrer Tour durch Deutschland und Österreich aufmachte. An Bord: Unser Exponat  “Das Wikipedia-Prinzip: Freie Daten, Freies Wissen”, das wir gemeinsam mit der Open Knowledge Foundation entwickelt haben. Bevor die Reise des Schiffes am 28. September in Forchheim zu Ende ging, wurde es kurz vor Schluss nochmal richtig spannend, als die MS Wissenschaft in Wien festmachte und sich 60 Teilnehmende aus Wissenschaft, Politik und Wikiversum an Bord einfanden, um über die Öffnung von Wissenschaft zu diskutieren. Das Podium war mit Prof. Dr. Sarah Spiekermann (Wirtschaftsuniversität Wien), Dr. Carl-Christian Buhr (Digitale Agenda bei der Europäischen Kommission), Prof. Dr. Björn Brembs (Universität Regensburg), Gille Dubochet (Science Europe) und Dr. Wolfgang Eppenschwandtner (Initiative for Science in Europe) prominent und, was die Meinung zu Open Science anbelangt, durchaus divers besetzt.

Die meisten Gäste waren “vom Fach” und es bedurfte daher keiner langen thematischen Einführungen. Und so entbrannte gleich nach dem ersten Impulsvortrag zum Thema Open Science von Stefan Kasberger von der Open Knowledge Foundation eine heftige Diskussion unter den Podiumsteilnehmenden über die Veröffentlichungspraxis wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, die nach Meinung von Prof. Brembs den Einzug in das digitale Zeitalter komplett verschlafen habe und Open Acess nur eine dünne Antwort darauf sei. Prof. Spiekermann wiederum bezeichnete Open Methodology, also die vollständige Offenlegung der angewandten Forschungsmethoden, als Teil von Open Science als viel zu aufwendig im Forschungsprozess, da dieser komplex und bezüglich der Berichterstattung aufwendig genug sei. Auch die Ansätze der EU die Dr. Buhr vorstellte und die eine schonende Sensibilisierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hinsichtlich der Offenlegung ihrer Arbeit verfolgt, polarisierten auf dem Podium und im Publikum – einigen gingen sie zu weit, anderen nicht weit genug.

Nach Ende der Podiumsdiskussion wurde an Deck eifrig weiter diskutiert, Bild von Christopher Schwarzkopf, CC-BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Dr. Peter Kraker von der TU Graz ging anschließend in seinem Vortrag genauer auf das Thema Open Data ein und stellte in diesem Zusammenhang unter anderem das Open Data Portal Österreich vor. Wieder folgte eine ausschweifende, aber spannende Diskussion darüber, wann und welche Daten die Wissenschaft frei geben kann/soll/muss. Die Frage der  Nachnutzung dieser Daten war dabei durchaus umstritten. Grundsätzlich waren sich die meisten Teilnehmenden einig, dass gerade Daten, die vom Staat selber erhoben werden (beispielsweise in der Verwaltung) oder deren Erhebung von ihm finanziert werden, der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden sollen. In Bezug auf die richtige Aufbereitung der Daten sah das aber wieder anders aus und es folgte eine generelle Diskussion über den (Un-)Sinn großer Datenmengen.

Zum Abschluss wurde schließlich das Thema “Citizien Science” behandelt. Dr. Daniel Mietchen vom Museum für Naturkunde in Berlin und aktiver Wikipedianer erklärte anschaulich, wie Bürgerinnen und Bürger wissenschaftliche Forschung unterstützen können. Als Beispiel nannte Mietchen unter anderem den Mückenatlas, ein Mitmachprojekt des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung, mit dem die Verbreitung der Stechmückenarten in Deutschland mit Hilfe interessierter BürgerInnen kartographiert wird. Leider konnte das Thema nicht mehr in die Runde gegeben werden, da die Veranstaltungszeit bereits deutlich überschritten war, was die Teilnehmenden aber nicht daran hinderte, sich noch bis 23 Uhr intensiv auszutauschen.

Insgesamt eine spannende und kontroverse Veranstaltung, die die Potenziale Freien Wissens in der Wissenschaft aufgezeigt aber auch die Bedenken und Ängste, die seitens vieler WissenschaftlerInnen in Bezug auf eine stärkere Öffnung der Wissenschaft bestehen, deutlich hervorgehoben hat. Um Offenheit in der Wissenschaft voranzutreiben besteht daher weiterhin die Notwendigkeit, neben Aufklärungsarbeit über Open Science und Freie Lizenzen zu leisten auch die Rahmenbedingungen für Forschenden zu verändern, was als langfristige und aufwendige Aufgabe anzusehen ist.

 Hier kann die Veranstaltung in kompletter Länge angeschaut werden:

 

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