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Visueller Editor für Wikipedia – erster Prototyp veröffentlicht

WMDE allgemein

14. Dezember 2011

Wer einen Wikpedia-Artikel ändern möchte, muss ein Bearbeitungsfenster öffnen und dort mit der so genannten Wiki-Syntax arbeiten. Das ist seit Wikpedias Gründung vor zehn Jahren so. In Blogs und sozialen Netzwerken sind Internetnutzer heute allerdings gewohnt, völlig ohne Programmierkenntnisse oder spezielle Auszeichnungssprachen Texte, Bilder, Videos und sonstige Inhalte veröffentlichen zu können. Bei Wikipedia geht das nicht. Bislang gibt es keine Möglichkeit, Artikel direkt im Browser zu bearbeiten, das heißt so wie sie sich dem Leser präsentieren. Mit der Entwicklung eines “Visuellen Editors” will die Wikimedia Foundation das ändern und damit mögliche Barrieren für ehrenamtliche Mitarbeiter weiter reduzieren. Ab sofort steht ein Prototyp des geplanten Editors zur Verfügung. Ausprobieren kann man den Editor auf www.mediawiki.org.

Dieser neue Prototyp ist eine Testversion, der entscheidende Merkmale wie die Speicherung und der Zugriff auf echte Wikipedia-Artikel fehlen. Es gibt keine Datenbankverbindung. Es handelt sich um eine Spielwiese und Kommentare und hilfreiche Tipps sind hier sehr erwünscht!

Warum die ganze Entwicklung des neuen Editors aus vielen kleinen Schritten bestehen muss und warum es für diese erste Version nur einen bewusst kleinen Funktionsumfang geben kann, hat die Foundation in einem eigenen Blogpost beschrieben. Im Folgenden haben wir die Kernpunkte übersetzt:

Die Entwicklung eines Visuellen Editors ist eine der wichtigsten Aufgaben der Wikimedia Foundation für das Jahr 2012. Es gibt eine ganze Reihe von Belegen dafür, dass die Wiki-Syntax eine erhebliche Barriere ist, die viele Menschen von einer Mitarbeit abhält. Formale Benutzertests und direktes Feedback von neuen Autoren haben in den letzen Jahren verdeutlicht, dass das Bedürfnis für einen Visuellen Editor groß ist.

Die Entwicklung eines Web-basierten Editors ist eine sehr komplexe Angelegenheit. In der Geschichte der MediaWiki-Entwicklung ist es womöglich das herausfordernste Projekt. Folgende Eckpunkte charakterisieren das Projekt: Bearbeitungen müssen sowohl in der bisherigen Wiki-Syntax möglich sein, als auch auf die neue Weise. Die Art, wie in den Communitys über die letzten zehn Jahre gearbeitet worden ist, kann nicht mit einem Mal geändert werden. Gleichzeitig müssen potenzielle Autoren unterstützt werden, die mit der Wiki-Syntax nicht gut umgehen können. Das heißt also, das zu entwickelnde Editor-System muss zwischen dem Visuellen Editor und der Wiki-Syntax hin und her wechseln können, und zwar möglichst ohne ersichtliche Störungen für den Nutzer. Außerdem darf es bei diesen Wechseln keine Fehler im System verursachen. Wer Erfahrung mit Editoren hat, die sowohl einen visuellen als auch einen HTML-Modus anbieten, der kennt die Probleme, die entstehen können. Und die Wiki-Syntax ist in dieser Hinsicht ausgesprochen umfangreich und kompliziert. Noch dazu gibt es jede Menge Inhalte, die alle Möglichkeiten dieser Syntax bis zum Letzten ausreizen. Wären Wikipedia-Artikel einfach formatierte Text-Dokumente, dann wäre die rückwärtige Kompatibilität recht einfach zu erreichen. Tatsächlich verwenden die Artikel aber eine ganze Palette von Layout-Funktionen wie Bilder, Links, Tabellen, Infoboxen und andere dynamisch zu ladende Vorlagen. Ein Beispiel aus der englischen Sprachversion. Kompatibilität ist bei dieser Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten technisch sehr herausfordernd.

Über die letzten Monate hat das Programmiererteam der Wikimedia Foundation viele Fortschritte bei der Entwicklung des Visuellen Editors gemacht. Heute möchten wir den Prototyp einer einfachen Bearbeitungsoberfläche vorstellen, die das, was auf dem Bildschirm zu sehen ist, in Wiki-Syntax übersetzt. Diese Demoversion, die bislang weder das Bearbeiten noch das Speichern von Dokumenten erlaubt, unterstützt grundlegende Formatierungsfunktionen wie Fett-Auszeichnung, Kursiv oder Zwischenüberschriften. Außerdem unterstützt sie eine Reihe von Funktionen, die als selbstverständlich erwartet werden, wie Kopieren und Einfügen oder Rückgängig/Wiederherstellen. Im Idealfall kann es genutzt werden, um damit einen Text in funktionierender Wiki-Syntax zu erstellen, der anschließend einfach per Copy & Paste in das Bearbeitungsfenster eines Wikis eingefügt werden kann.

Diese Version des Visuellen Editors sollte die meisten modernen Browser unterstützen, wurde aber hauptsächlich für Firefox, Chrome und den Internet Explorer 9 getestet. Unterstützt wird außerdem IE8, nicht aber IE7. Es gibt keine an die Wikipedia-Sprachversionen angepasste Version, was aber mit dem nächsten Update nachgeholt werden soll.

Die Demoversion samt Übersetzung in Wiki-Syntax kann auf dieser Spielwiese angesehen werden. Sie kann mit allen dafür hochgeladenen Artikeln ausprobiert werden

Nächste Schritte und Beteiligung

Was kommt als nächstes? Zunächst sollen nacheinander neue Funktionen freigeschaltet werden, Fehler behoben und Updates veröffentlicht werden. Ziel: Der Editor soll nach und nach anwendbarer für tatsächliche Wikipedia-Bearbeitungen werden. Dafür soll ermöglicht werden, Seiten anzulegen und diese auch speichern zu können, vorhandene Seiten oder Abschnitte zu bearbeiten, Bilder einfügen oder entfernen sowie Informationen in Vorlagen oder Tabellen ändern zu können.

Geplant ist, kurzfristig “echte” Bearbeitungen einem (sehr) kleinen Nutzerkreis zu ermöglichen. Bis allerdings selbst eine nur kleine Gruppe von Bearbeitern mit vollumfänglichen Funktionen des Editors versorgt werden kann, wird es noch eine Weile dauern. Wie oben bereits gesagt, die Foundation ist dankbar für jede Hilfe bei diesem Großprojekt. Direktes Feedback kann zum Beispiel oben rechts auf der Seite des Prototyps gegeben werden. Nachrichten sind ansonsten auch hier willkommen.

Kommentare

  1. […] Presseinformation rund um SOPA gab es unter anderem auch größere Nachfragen zur Testversion des Visuellen Editors, der von der Wikimedia Foundation veröffentlicht worden ist. Eine Auswahl der resultierenden […]

  2. […] ein Zückerchen obendrauf: Der erste Prototyp des visuellen Editors wurde vorgestellt und bekam überraschend positive […]

  3. […] Prototyp dieses WYSIWYG-Editors ist nun online. Wer mag, kann ihn in einer Sandbox ausprobieren. Im Blog von Wikimedia Deutschland heißt es dazu: Dieser neue Prototyp ist eine Testversion, der entscheidende Merkmale wie die […]

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