Bericht aus der Geschäftsstelle (August 2009)

Liebe Freunde des Freien Wissens,

ich sitze gerade in einem Hotelzimmer in Buenos Aires und die Wikimania 2009 nähert sich ihrem Ende. Was liegt da näher, den Monatsbericht aus der Geschäftsstelle mit dieser Konferenz zu beginnen?

Mein Hauptziel auf der Wikimania 2009 war es, die handelnden Personen der Wikimedia Foundation und der anderen Chapter kennen zu lernen und ihnen eine Möglichkeit zu geben, auch mich kennen zu lernen. Ich bin zwar ein recht erfahrener Wikipedianer, habe mich aber bisher mit dem internationalen Aspekt der Wikimedia-Bewegung noch nicht wirklich beschäftigt.

Das deutsche Chapter spielt aber natürlich schon auf Grund seiner wirtschaftlichen Größe und seinem hohen Maß an Organisation eine wichtige Rolle. Was mich am meisten gefreut hat ist die unglaublich freundliche Aufnahme, die ich hier durch die Vertreter der Foundation und der anderen Chapter erfahren habe. Ich hatte ein wenig befürchtet, dass das deutsche Chapter gerade von den “kleineren” Chaptern als Elefant wahrgenommen werden könnte, der schon mittels der hohen Spendeneinnahmen die anderen Chapter dominieren könnte. Aber weit gefehlt – mir ist vielmehr immer wieder versichert worden, dass das deutsche Chapter als Vorbild dienen kann, das man sich freuen würde, intensiv zusammen zu arbeiten. Und ich bin immer wieder gefragt worden, welche Erfahrungen wir mit bestimmten Dingen gemacht haben, ob wir bereit wären, die Arbeit der anderen Chapter noch weiter zu unterstützen, etc.

Dies ist für mich ein sehr gutes Zeichen, da offensichtlich die Arbeit des Vereins über die letzten fünf Jahre (und damit meine ich die Arbeit der Vereinsmitglieder, der vielen Freiwilligen, der Mitarbeiter der Geschäftsstelle und die aktuellen und früheren Vorstandsmitglieder) von vielen internationalen Chaptern und von der Foundation überaus positiv beurteilt wird. Dieses positive Image des Vereins auf internationaler Ebene zu pflegen und noch weiter zu verbessern, wird ein wichtiger Teil meiner Tätigkeit.

Am Rande der Wikimania habe ich auch das erste Radiointerview meines Lebens gegeben, das dann in einen längeren Beitrag im Deutschlandradio Kultur und im WDR eingeflossen ist.

Ebenfalls in diesem Hotelzimmer habe ich über die letzten Tage eine Menge zu tun gehabt zum Thema “Sponsoring auf wikipedia.de”. Ich möchte die Diskussion, die auf der Vereins-Mailingliste stattgefunden hat, hier nicht nochmals wiederholen. Durch die Diskussion hat sich wie ein roter Faden der Wunsch nach mehr Partizipationsmöglichkeiten und nach besserer Kommunikation gezogen. Beide Anliegen werden von mir sehr ernst genommen. Ich freue mich über alle Vorschläge, was man hier verbessern kann. Sebastian hatte ja bereits angekündigt, dass es nach der nächsten Vorstandsklausur im September Arbeitsgruppen geben wird, an denen die Mitglieder teilnehmen können. Unmittelbar nach der Klausur werde ich entsprechende Details hier mitteilen.

In meinem Juli-Bericht hatte ich angekündigt, dass ich die Geschäftsstelle als Service-Zentrale ausbauen möchte und das ich hierzu Euren Input brauche, was Euch denn konkret bei der Erstellung und Verbreitung Freien Wissens helfen würde. Als Vorschläge haben mich erreicht: Die Anschaffung eines Scanners mit hochwertiger Scan-Software, um freie Offline-Inhalte online zugänglich zu machen. Auch wurde der Wunsch nach einer Ausweitung der Literaturstipendien geäußert.

Ich bitte Euch, mir auch weiterhin Eure Ideen und Vorschläge in dieser Richtung mitzuteilen. Dies ist natürlich immer per Mail möglich, oder ihr ruft einfach an oder meldet Euch bei unserer Community-Assistentin.

Ich werde in den kommenden Wochen und Monaten an einer Reihe von Redaktionssitzungen und Stammtischen teilnehmen, um auch dort Ideen und Anregungen bezüglich dieser Service-Zentrale zu sammeln.

Selbstverständlich spreche ich das vorher mit den einzelnen Stammtischen ab – und wenn Ihr mich einladen möchtet, bei einem Stammtisch oder ähnlichem teilzunehmen, damit Ihr Eure Ideen präsentieren könnt oder weil ihr mich einfach kennen lernen möchtet: Nur zu, wenn es sich irgendwie einrichten lässt, dann komme ich wirklich gerne!

Ein weiteres Highlight des Monats waren die “Wahlprüfsteine”, d.h. unser Fragenkatalog, den wir anlässlich der Bundestagswahl an die im Bundestag vertretenen Parteien verschickt haben. Wir sind recht spät dran mit unseren Fragen und rechnen daher erst gegen Mitte September mit Antworten. Diese werden dann natürlich kurzfristig auf unserer Homepage veröffentlicht.

Ich bin gerade dabei, Angebote zu sichten, die sich an gemeinnützige Vereine (wie uns) richten, und die Services oder Produkte verbilligt für Non-Profits anbieten. So sind wir zum Beispiel gerade von Stifter-helfen.de anerkannt worden, was uns in den kommenden Jahren viel Geld für Softwarelizenzen sparen wird. Es gibt sicher viele Einrichtungen und Institutionen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, gemeinnützige Vereine durch die Bereitstellung von Produkten & Services zu unterstützen. Wenn ihr solche Organisationen kennt, dann sagt mir bitte Bescheid!

Und sonst? Ich habe mich langsam eingelebt im Büro, das Tagesgeschäft ist recht zeitaufwändig, aber dank der tollen Unterstützung durch die Mitarbeiter der Geschäftsstelle dann doch zu bewältigen. Es ist vielleicht nicht immer offensichtlich, wie viele unterschiedliche Anfragen jeden Tag im Büro eintreffen. Kurzfristige Presseanfragen ebenso wie Mitgliederverwaltung, Anfragen von Anwälten und – ziemlich häufig – Leute, die einfach etwas zur Wikipedia wissen möchten. Hier hat schon jemand angerufen, der ein Pflegeheim suchte, die Kriminalpolizei hatte ich schon am Telefon, wir haben kürzlich eine Anfrage per Postkarte bekommen, und vieles, vieles mehr. Die Balance zwischen diesen kurzfristigen Anfragen und den mittel- und langfristigen Projekten zu finden ist eine tägliche Aufgabe für alle Mitarbeiter des Vereins.

Daneben ist die Geschäftsstelle auch ein Arbeitgeber für zehn Menschen, und ein Büro mit einem signifikanten Budget, beides Bereiche, die ebenfalls wichtig, aber eben auch zeitintensiv sind. Ich versuche dabei stets, diese Bereiche nicht einfach nur abzuarbeiten, sondern auch die zugrunde liegenden Prozesse zu verbessern.

Der Juli-Bericht und auch der aus dem August sind eher aus meiner Perspektive geschrieben. Aber schon im nächsten Bericht werden auch wieder die Mitarbeiter der Geschäftsstelle und ihre Bereiche eine größere Rolle spielen.

Soweit für heute – und ich würde mich über jedes Feedback von Euch zu diesem Bericht sehr freuen, damit er in Zukunft noch interessanter und informativer werden kann.

Freundliche Grüße aus Buenos Aires,

Pavel Richter