Künstliche Intelligenz in der Bildung
Künstliche Intelligenz in der Bildung: Diskussion zwischen klaren Bekenntnissen und Fragezeichen
Franziska Kelch
22. Mai 2024
ChatGPT und Co. verändern die Art wie wir lernen und lehren. Gerade im sensiblen Bildungsbereich sollten wir uns genau überlegen: Was für KI-Systeme wollen wir einsetzen? Welche Kompetenzen und Infrastrukturen brauchen Lehrende und Lernende? Und welche Voraussetzungen muss die Politik in Bund und Ländern schaffen? Diese Fragen haben wir mit Bildungsexpert*innen beim Forum offene KI in der Bildung diskutiert und in drei Schreibwerkstätten Handlungsempfehlungen entwickelt.
Die zehn Handlungsempfehlungen im Überblick
Bevor es in die Diskussion der zehn Handlungsempfehlungen zu Künstlicher Intelligenz in der Bildung ging, wollte Moderatorin Nele Hirsch von den geladenen Politiker*innen wissen: Welche Herausforderungen und politischen Hausaufgaben sie mit Blick auf die Nutzung von KI-Anwendungen in Schulen und Hochschulen sehen.
Mit uns diskutiert haben:
- Sabine Grützmacher, Digitalpolitikerin und Bildungsinformatikerin und MdB der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
- Franziska Hopperman, MdB von der CDU/CSU Fraktion und Mitglied im Ausschuss für Digitales
- Maximilian Funke-Kaiser, sitzt für die FDP im Bundestag und ist digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion
- Dr. Holger Becker aus der SPD-Fraktion des Bundestages und Mitglied im Ausschuss für Digitales und für Bildung und Forschung
Sie alle hatten jeweils drei Minuten Zeit, sich zu der Frage zu positionieren.
Zwischen Veränderungsdruck und individuellem Lernen
Sabine Grützmacher stellte in ihrem Statement klar: „Wir sollten keine Angst vor Künstlicher Intelligenz haben. Aber wir sollten Schüler befähigen zu verstehen, was KI ist und was KI nicht ist.“ Dafür müssten auch in Schulen die Grundlagen für „kritische Datenmündigkeit“ geschaffen werden. Daran anknüpfend sprach Franziska Hoppermann von einem hohen „Veränderungsdruck“, der auf Lehrenden laste. Für sie steht daher die Frage im Mittelpunkt: „Wie können wir die Lehrenden auch in der Ausbildung darauf vorbereiten, auch in der Didaktik?“ Maximilian Funke-Kaiser betonte ebenfalls, dass „wir natürlich die Lehrer weiterbilden müssen.“
Er gehe aber auch davon aus, so Funke-Kaiser, dass „selbstlernende Algorithmen, die individuelle Lernangebote machen”, Chancengerechtigkeit fördern könnten. Lernende, deren Eltern sich keine Nachhilfe leisten können, könnten davon profitieren, dass KI-Anwendungen für sie Förderangebote zuschneiden. In eine ähnliche Richtung argumentierte Holger Becker in seinem Eingangsstatement. KI-Anwendungen könnten viel dazu beitragen, ein zentrales Problem, „das Bildungserfolg vom Elternhaus abhängt“ zu mildern. Das könne aber nur gelingen, wenn der „Kompetenzaufbau der Lehrenden“ gelinge, in den ein „Großteil der Ressourcen“ fließen müsse. Und wenn KI so eingesetzt werde, dass die „Digital Divide“ verringert werde.
Alle Statements der Politiker*innen, eine kurze Vorstellung aller 10 Handlungsempfehlungen und die Debatte darüber können Sie in der Aufzeichnung sehen.
Reaktionen auf unsere Handlungsempfehlungen
Die Eingangsstatements der Diskutieren machten bereits deutlich: Die Handlungsempfehlungen von Wikimedia Deutschland, nämlich die Schaffung einer „neuen Fortbildungskultur und -struktur mit offenen Formaten“ findet auch politisch Unterstützung. Sabine Grützmacher hob hervor, sie finde den „Peer-to-Peer Ansatz aus den Handlungsempfehlungen unglaublich wertvoll.“
Parteiübergreifend einig waren sich die vier Politikschaffenden bezüglich der Forderung von Wikimedia Deutschland, dass offene und transparente KI-Systeme in der Bildung zum Einsatz kommen sollten. „Ich finde, Open Source und KI passen wunderbar zusammen“, betonte Sabine Grützmacher. Sie verwies aber auch darauf, dass Open Source nicht kostenlos zu haben sei, nur weil es ein „Heer von gemeinnützig tätigen Menschen“ gibt, die offene Software entwickeln. „Man wird irgendwann über die Pflege von Open Source sprechen müssen und das kostet eben auch Geld“, merkte die Bildungsinformatikerin an. Neben Holger Becker unterstützte auch Maximilian Funke-Kaiser unsere Empfehlung, KI-Anwendungen als Open Source zu entwickeln, „wie es ja auch im Koalitionsvertrag steht“. Franziska Hoppermann formulierte lediglich, dass sie noch „Fragezeichen“ habe, wenn es darum ginge, wie offene Modelle für jede und jeden nachvollziehbar sein können.
Auf die Handlungsempfehlung, dass Bund und Länder eine unabhängige KI-Zertifizierungsstelle einführen sollten, reagierten besonders Holger Becker und Franziska Hoppermann zustimmend. Die CDU-Politikerin kann sich eine „Schwerpunkt Medienanstalt zur Verifizierung oder Zertifizierung“ vorstellen. Holger Becker meinte, im AI Act sei das Thema schon „ganz gut abgedeckt“. Nun gehe es aber um die Implementierung und da „sind zum Beispiel die Landesmedienanstalten im Gespräch“.
Auch in den Medien wurden die 10 Handlungsempfehlungen diskutiert. Einige Beiträge finden Sie hier:
Lernen in Zeiten von ChatGPT: Besser Open-Source-Alternativen benutzen, SWR Kultur, vom 14.05.
In das Gemeinwohl statt in Big-Tech Firmen investieren, Interview mit Dr. Anne-Sophie Waag, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am 15.05.
Wikimedia fordert offene KI im Bildungsbereich, Deutschlandfunk am 17.05.
KI in der Bildung 10 Thesen, Bremen Zwei – Der Tag, Interview mit Dr. Anne-Sophie Waag vom 14.05.
SR2 Kulturradio, Interview mit Heike Gleibs am 14.05.
Forum Offene KI in der Bildung – 10 Empfehlungen für die Bildungs- und Digitalpolitik, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am 15.05.
Zehn Empfehlungen: Was für einen sicheren Einsatz von KI in der Bildung nötig ist, Bildung.Table # 212 vom 15. Mai 2024, Paywall
KI-Tools für Schulen: Wunsch und Wirklichkeit, Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI vom 14.05. Paywall