John Weitzmann
23. Juni 2020
Wer dieser Tage verlässliche Informationen sucht, ist froh, dass es die Wikipedia gibt. Ihre Existenz verdanken wir vielen Tausend ehrenamtlichen Autorinnen und Autoren in den fast 300 Sprachversionen des Online-Lexikons weltweit. Hinzu kommen die Ehrenamtlichen in den weiteren Schwesterprojekten der Wikipedia, etwa ihrem Medien-Archiv Wikimedia Commons, der vernetzten Wissensdatenbank Wikidata und dem Wörterbuch Wiktionary. Doch das Freie Wissen lebt nicht nur im „Wikiversum“. Es speist sich darüber hinaus aus unzähligen Initiativen und Projekten, in denen Menschen in ehrenamtlicher Tätigkeit die Welt beschreiben, Daten sammeln, Wissen kuratieren und es uns allen zur Verfügung stellen.
Inzwischen wird hin und wieder auch wahrgenommen, wie wichtig diese digitale ehrenamtliche Arbeit ist. Wir meinen aber, dass die Politik konsequentere Schlussfolgerungen daraus ziehen muss: Die Rahmenbedingungen für das digitale Ehrenamt dürfen nicht als Randthema behandelt werden.
Digital ehrenamtlich Tätige brauchen die aktive Unterstützung gerade der öffentlichen Hand, um Zugang zu dem zu erhalten, was sie für ihre Arbeit brauchen. Dazu gehören Forschungsdaten von Universitäten genauso wie behördliche Datenbanken, Parlamentsprotokolle genauso wie Einblicke in Museumsbestände, frei nutzbare Rundfunkinhalte genauso wie Zugang zu Baudenkmälern. Zugang und Nutzbarkeit müssen die Regel sein bei allem, was im Interesse der Gemeinschaft und durch sie geschaffen wurde. Wir fassen das und mehr seit Jahren zusammen in der Forderung: „Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!
Und weil ehrenamtliche Arbeit eben Arbeit ist, braucht sie natürlich genügend Zeit. Das knappe Gut der ehrenamtlich eingesetzten Zeit darf nicht vergeudet werden durch Reglementierung, die eigentlich ganz andere Akteure im Zaum halten soll. Wenn ehrenamtlich Tätige nennenswerte Zeit darauf verwenden müssen, Spezialgesetze zu verstehen oder sich gegen Haftungsrisiken abzusichern, dann läuft etwas schief. Deshalb treten wir vehement etwa dafür ein, dass die Haftungsrisiken für Ehrenamtsprojekte auf das Unerlässliche begrenzt werden.
Nicht zuletzt muss ehrenamtliche Arbeit wirklich wertgeschätzt werden, auch wenn sie digital erbracht wird und dadurch oft weniger sichtbar ist im lokalen Umfeld. Es braucht mehr und besser sichtbare Würdigung besonders verdienstvoller Projekte sowie logistische und in Grenzen auch finanzielle Förderung. Die inzwischen entstandenen Unklarheiten im Gemeinnützigkeitsrecht sind das genaue Gegenteil von Wertschätzung. Aber auch Unternehmen und sonstige Akteure dürfen die Arbeit digital ehrenamtlich Tätiger nicht einseitig ausnutzen, sondern haben insbesondere bei der Vertretung eigener Interessen entsprechend Rücksicht zu nehmen.