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Zur Wikimania auf dem Gender-Ticket

WMDE allgemein

14. Juli 2012

Es berichtet die Wikipedia-Autorin Poupou l’quourouce. Sie ist eine von 20 Ehrenamtlichen, die Wikimedia Deutschland mit einem Reisestipendium für die Wikimania unterstützt.

 

In letzter Zeit habe ich mir Gedanken darüber gemacht, dass ich die Tatsache, dass ich eine der 10% weiblichen Wikipedianer bin, stärker reflektieren sollte. Eigentlich hat mich die ganze Genderthematik nicht sonderlich gekümmert – ich bin schließlich schon da und fühle mich wohl, brauche also kein Frauenunterstützungsprogramm um in der Wikipedia aktiv zu sein. Es hat mich sogar eher genervt, immer häufiger auf dieses Thema angesprochen zu werden, schließlich ist nicht einzusehen, weshalb die wenigen Frauen die schon da sind, das Problem der vielen die nicht da sind, ausgerechnet auch noch lösen sollten.

Andererseits bin ich aber tatsächlich überzeugt, dass jeder Wikipedianer es nicht vermeiden kann, aus seinem persönlichen Blickwinkel heraus zu agieren – das ist vollkommen normal und menschlich. Genauso einleuchtend ist mir, dass die Gesamtheit aller Männer als Gruppe einen anderen Blickwinkel einnimmt als die Gesamtheit aller Frauen – natürlich hat innerhalb jeder Gruppe jedere einzelne möglicherweise noch einmal eine ganz andere Sicht auf die Welt. 10% Frauenanteil bedeuten deshalb m.E. tatsächlich einen verzerrten Blick und ich meine, dass wir Wikipedianer uns Gedanken machen sollten, woran dies liegt und was wir dagegen tun könnten.

Ich habe deshalb für Wikimania einen Vortrag zu einem Gender-Aspekt eingereicht (A Room of One’s Own – Virginia Woolf and Female Wikipedia Editing) und versuche, mir bei dieser Veranstaltung immer wieder bewusst zu machen, wie ich die Veranstaltung nicht nur als Wikipedianerin erlebe sondern eben als weibliche Wikipedianerin. Natürlich aus meiner sehr subjektiven Sicht.

Passender Weise begann Wikimania mit der ersten WP-Veranstaltung, bei der ich tatsächlich länger darüber nachgedacht habe, was ich anziehen soll: mit der Opening Reception in  der Library of Congress, dress code: semi-formal. Ich entscheide mich für ein langes schwarzes Kleid, das sich schließlich als nicht overdressed erweisen wird. Auf der Veranstaltung dann: jede Menge Frauen, ich schätze 30-40% und in der Tat fühlt man sich dann weniger als “die Frau” auf der Veranstaltung, sondern als eine von vielen, und das ist angenehm. Von den Reden von Pavel und Jimbo bekomme ich wegen der schlechten Akustik leider nichts mit, trotzdem ein schöner und angenehmer Abend in einem großartigen Gebäude, aus dem wir viel zu früh hinauskomplimentiert werden.

Heute früh dann die Eröffnungsrede von Mary Gardiner – ebenfalls zur Genderthematik. Ich notierte mir einige Sätze, die ich vielleicht in meinen eigenen Vortrag integrieren werde: “Nothing about us without us” – man kann Frauen nicht integrieren/fördern, ohne sie zu beteiligen, so etwas funktioniert nicht von oben herab. Sie bestätigt außerdem meinen Eindruck von gestern, dass ab ca 40% Frauenanteil, Frauen beginnen, sich als “normal” und nicht als “die einzige” oder “eine von wenigen” Frauen zu fühlen. Außerdem: die Frauen, die schon da sind, sind vielleicht nicht die richtigen Ansprechpartner, denn sie kommen mit den “Verhältnissen” offensichtlich irgendwie zurecht, auch hier fühle ich mich durchaus bestätigt. Konkrete Vorschläge was Wikipedia tun kann, bringt der Vortrag leider nicht. Trotzdem für mich eine nachvollziehbare und intelligente Darstellung der Problematik. Ich merke, dass es Stellen im Vortrag gibt, bei denen nur die Frauen im Auditorium gelacht haben – ein weiterer Hinweis auf unterschiedliche Sichtweisen.

Seltsamerweise habe ich nachmittags den Eindruck, der Frauenanteil nehme ab. Ich höre lohnende Präsentationen zu Message Walls und zu besser formulierten Templates.  Frauenanteil im Raum (ca 100 Personen) bei nur noch ca 10-20%. Die Fragen im Anschluss nur von Männern. Trauen sich die anwesenden Frauen nicht? Haben Sie keine Fragen? Ich habe auch keine und nehme deshalb zugunsten der anwesenden Frauen letzteres an.

Anschließend spreche ich beim Speeddating am Stand von Wikimedia Deutschland mit Anja aus dem Präsidium zum Gender Gap. Schnell gleiten wir ab und erzählen uns gegenseitig unsere jeweiligen Wiki-Biographien. Um den Gap trotzdem ein bisschen zu verkleinern, versuche ich, Anja zum Artikel schreiben zu motivieren. Vielleicht erstmal mit einer unauffälligen Socke? Wir diskutieren Fantasie vs realname bei Frauen. Da ich keinen Realname account habe, kann ich nur mutmaßen, Anja ebenso, denn bei ihr ist es umgekehrt.

Fazit für heute: inspirierend und anregend, ich freue mich, dass ich hier sein kann und bin gespannt auf die nächsten Tage.

Kommentare

  1. MIND THE GAP: Wikipedia & Gender | Rheinsalon
    26. Juli 2012 um 12:15 Uhr

    […] Reisebericht: Zur Wikimania 2012 auf der Gender-Ticket I , II und […]

  2. […] Deutschland mit einem Reisestipendium für die Wikimania unterstützt.Sie berichtete bereits von Tag 1 und von Tag […]

  3. […] die Wikimedia Deutschland mit einem Reisestipendium für die Wikimania unterstützt.Sie berichtete bereits von Tag […]

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