Tag der Informationsfreiheit
Informationsfreiheit: Wichtig für die Wikipedia und die Demokratie


Franziska Kelch

Jan-David Franke
9. Oktober 2025
Was ist Informationsfreiheit?
Informationsfreiheitsgesetze (IFG) im Bund und den Ländern verpflichten staatliche Stellen, sogenannte amtliche Informationen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Darüber, was amtliche Informationen sind, gibt es immer wieder Streit – auch vor Gerichten. Häufig werden interne Protokolle oder Mails von Ministerien, Verträge, aber auch Statistiken und Karten oder Gutachten und Studien angefragt. Eine Anfrage stellen kann jede*r. Einen Grund muss man nicht angeben. Es können jedoch Kosten für die Bereitstellung von Informationen entstehen.
Warum gibt es Informationsfreiheitsgesetze?
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.Art. 5, Abs. I, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
In einer Demokratie können Menschen ihr aktives Wahlrecht nur dann sinnvoll wahrnehmen, wenn sie Zugang zu relevanten Informationen haben und sich eine fundierte Meinung bilden können. Informationsfreiheitsgesetze tragen dazu bei. Sie geben Journalist*innen ein wirksames Mittel für Recherchen, die zu mehr Transparenz über staatliches Handeln führen. Sie ermöglichen es aber auch Wikipedianer*innen und allen anderen Bürger*innen staatliche Informationen einzufordern. Kurzum: Sie tragen dazu bei, staatliches Handeln nachvollziehbar zu machen.
Wikipedia profitiert von Informationsfreiheit – direkt und indirekt
Grundsätzlich gilt: In der Wikipedia soll gesichertes Wissen zugänglich sein. Daher ist ein Wikipedia-Artikel nicht der richtige Ort für Theoriefindung oder um eine brisante Recherche erstmals zu veröffentlichen. Primärquellen wie interne Mails einer Behörde sind als Quelle also meistens ungeeignet. Das heißt: Nicht alle Informationen aus IFG-Anfragen können direkt in Wikipedia-Artikel einfließen.
Aber Medienberichte aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aus seriösen Print- und Online-Medien gehören zu den am meisten genutzten Quellen in der Wikipedia. Und Journalist*innen nutzen häufig IFGs um an Wissen vom Staat zu kommen. Besonders prominente – und skandalöse – Beispiele dafür, was wir ohne IFG nicht wüssten, sind die sogenannten Maskendeals von Jens Spahn, das Scheitern der Pkw-Maut oder die Enthüllungen zu Veranstaltungen des Verteidigungsministeriums, die von Rüstungsunternehmen finanziert wurden. Immer wieder – wie etwa im Kontext des Dieselskandals – blocken Ministerien aber auch über Jahre.
Über IFG-Anfragen können Menschen aber auch herausfinden: Hat eine Stadtverwaltung beim Verkauf der Stadtwerke gut verhandelt? Mit welchen Vertreter*innen aus Industrie und Verbänden haben sich Mitarbeiter*innen aus Ministerien getroffen, bevor sie beispielsweise Emissionswerte für Autos festgelegt haben? Diese Recherchen sind die Grundlagen für journalistische Arbeit, die wiederum eine wichtige Quelle für die Wikipedia ist.
Auch die Gutachten, die der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages für Abgeordnete erstellt, sind geeignete Quellen für Wikipedia-Artikel. Denn sie bilden den aktuellen Stand der Forschung oder Rechtsprechung zu einem Thema ab. Ein Journalist hatte auf Basis des IFG erfolgreich darauf geklagt, dass alle diese Gutachten nutzen können – nicht nur Parlamentarier*innen. Das führte dazu, dass der Bundestag die Gutachten von sich aus veröffentlichte. Dank IFG sind sie seit 2016 frei verfügbar und können auch in der Wikipedia genutzt werden.
Wikipedia-Artikel mit Gutachten als Quelle
Gerade wenn es um politische und rechtliche Themen geht, werden die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes häufig als Quelle genutzt. Zum Beispiel hier:
Wikipedianer*innen nutzen IFG-Anfragen jedoch auch direkt, um Leerstellen in Artikeln zu füllen. Sind das immer brisante Informationen zu den großen Fragen und Persönlichkeiten unserer Zeit? Nein. Aber das ist auch nicht der Kern der Wikipedia. Es geht darum, das Wissen der Welt zu ganz unterschiedlichen Themen zusammenzutragen – von A wie Aufklärung bis Z wie Zulässige Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr (Deutschland). Damit Menschen auf der Suche nach Wissen im Netz auf (fast) jede Frage eine Antwort erhalten – die mit verlässlichen Quellen belegt und damit nachvollziehbar ist.
Wie der Standardbeladeplan für einen Rettungswagen der Berliner Feuerwehr aussieht, kann man im einschlägigen Wikipedia-Artikel nachlesen, weil ein*e Wikipedianer*in diese Informationen aus einer IFG-Anfrage entnehmen konnte. Der oder die Wikipedia-User*in Aefi4quo nutzte Informationen aus einer solchen Anfrage zu der Anzahl der gemeldeten Verstöße gegen den Mietendeckel in Berlin im entsprechenden Wikipedia-Artikel.
Informationszugang in Deutschland – das sollte der Bund ändern
Einige Bundesländer machen bereits viele Informationen von sich aus öffentlich. In Hamburg und Bremen können Interessierte Daten und Dokumente der Verwaltung und vieler öffentlicher Unternehmen in einem Transparenzportal recherchieren.
Im europäischen Vergleich ist Deutschland jedoch fast Schlusslicht in Sachen Transparenz. Was sollte sich also ändern, damit wir alle besser darüber informiert sein können, was Behörden, Ministerien und Politiker*innen tun?
Das beschreibt Jan-David Franke aus dem Team Politik und Öffentlicher Sektor in der neuen Wikimedia-Publikation „Informationsfreiheit für Wikipedia – und für Vertrauen in den Staat“.