Jung, engagiert und wiki-verliebt – Janosh auf der Wikimedia Youth Conference 2025

Wikipedia gehört für viele zu ihrem digitalen Alltag – sei es für den schnellen Faktencheck, die Referatsvorbereitung oder das stundenlange ausschweifende Lesen quer durch die Weiten der Enzyklopädie. Die Community hinter den Inhalten ist bunt, aber gerade jüngere Ehrenamtliche sind oft noch unterrepräsentiert. Das soll sich ändern – und genau deshalb wurde die Wikimedia Youth Conference ins Leben gerufen, initiiert von der CEE (Central and Eastern Europe) Youth Group, einem Zusammenschluss junger Wikimedianer*innen aus Zentral- und Osteuropa. In diesem Mai fand die erste offizielle Ausgabe der Konferenz in Prag statt – mit über 80 Teilnehmenden aus aller Welt, Vorträgen, Workshops und jeder Menge Austausch.

Mitten drin: Janosh, ein junger Wikipedianer aus Deutschland (aka New York-air auf Wikipedia). Im Interview spricht er über seine Eindrücke aus Prag, den Wunsch nach mehr Sichtbarkeit junger Menschen und was es braucht, um auch die nächsten Generationen für Wikipedia und ihre Schwesterprojekte, wie Wikidata oder Wikimedia Commons, zu begeistern. Es geht um gegenseitige Unterstützung und den Mut, einfach loszulegen.

Janosh: Hi, klar! Ich bin Janosh, 22 Jahre alt, und arbeite bei der Deutschen Bahn in Hamburg. Neben der Arbeit an Wikimedia-Projekten und meinem Engagement für das Wikimedia Movement ist das Segelfliegen meine große Leidenschaft. Zur Wikipedia kam ich tatsächlich durch meine Mutter, die mich als Kind zu einer Veranstaltung in Berlin mitgenommen hat. Seitdem schreibe ich zum Thema Luftfahrt, aber auch darüber hinaus.

Janosh: Ich bin in der deutschsprachigen Wikipedia und auf Wikimedia Commons, der Plattform für freie Medien aktiv. Inzwischen bin ich aber auch stark im organisatorischen Bereich unterwegs – zum Beispiel bei Projekten wie Wiki Loves Broadcast, einer Community-Initiative, die Fernsehbeiträge in die Wikipedia einpflegt,  oder Jugend editiert, einer regelmäßigen Veranstaltung in Berlin, bei der junge Menschen lernen, wie sie in der Wikipedia editieren. Außerdem war ich lange bei den Jungwikipedianern aktiv und stehe dort auch heute noch als Ansprechperson zur Verfügung.

Janosh: Was mich am meisten überrascht hat, war, wie schnell ein echter Zusammenhalt in der Gruppe entstand. Hätte man uns in einen Raum gesperrt, dann hätten wir wahrscheinlich stundenlang weitergeredet. Diese Energie war mitverantwortlich für die tolle Stimmung und die vielen neuen Ideen. Auch das didaktische Konzept war super durchdacht – es gab Umfragen, Gruppenarbeiten, Skill-Markets, Tools und Warm-ups. Alles sehr lebendig und interaktiv.

Janosh: Ich wollte an der Konferenz teilnehmen, um die jungen Leute aus Deutschland zu repräsentieren. Unsere Gruppe, die Jungwikipedianer, ist eine der wenigen Jugendgruppen weltweit. Abseits davon gibt es die Zentrale Osteuropäische CEE Youth Group und WikiVibrance, die in Afrika aktiv sind. Die Jungwikipedianer haben trotz niedrigster Altersgrenze von 21 Jahren sehr viele Mitglieder. Ich dachte, unsere Erfahrungen können anderen helfen, die selbst eine Gruppe aufbauen wollen. Und natürlich habe ich mich auf den Austausch und das Netzwerken gefreut. Beides hat wunderbar geklappt.

Janosh: Ich hatte ein Ziel, als ich zur Konferenz gefahren bin: Ich wollte stellvertretend für die Jungwikipedianer anregen, dass es ein gemeinsames Logo global für alle Jugendgruppen gibt  – das bisherige der deutschsprachigen Gruppe wirkt, sagen wir mal … nicht mehr ganz frisch. Direkt am ersten Tag konnte ich das Thema bei einer Lunch Table Discussion einbringen. Jetzt habe ich grünes Licht von anderen Gruppen – und zwei Leute, die sich bereits ans Design machen wollen. Inklusive neuer Designsprache. Ich bin schon auf die ersten Ergebnisse gespannt!

Janosh: Ich habe auf der Konferenz gemerkt: Die Bedürfnisse sind regional total unterschiedlich. In Deutschland gibt es prinzipiell viele junge Autorinnen und Autoren – aber sie sind oft nicht gut in die Community integriert. Teilweise, weil es in der Vergangenheit negative Reaktionen auf ihr Alter gab. In anderen Ländern ist dieses Problem nicht so ausgeprägt, weil dort das Durchschnittsalter der gesamten Community niedriger ist. Dafür fehlt es eher an Gruppenstrukturen. Ein weiteres Problem, das mehrere Länder betrifft: Der Anteil junger Wikipedia-Leserinnen und Leser sinkt. Laut Statistik der Wikimedia Foundation in der deutschsprachigen Wikipedia von 38 % auf nur noch 14 % in den letzten Jahren – in der deutschsprachigen Wikipedia ist somit der Rückgang am stärksten. Das ist ein echtes Warnsignal. Und wenn sich junge Menschen nicht auf der Wikipedia zum Lesen aufhalten, erfahren sie natürlich nichts davon, dass sie auch mitmachen können.

Janosh: Für junge Leute: Tretet den Jungwikipedianern bei. Je mehr wir sind, desto sichtbarer sind wir – und desto mehr können wir bewirken. An die erfahrene Community: Gebt jungen Menschen eine Chance! Jung heißt übrigens nicht unbedingt unerfahren – viele bringen schon richtig viele Edits und viel Wissen mit. Offenheit hilft uns allen.

Janosh: Dass man einfach anfangen kann. Man hat eine Idee, bekommt Support, manchmal sogar finanzielle Mittel – ohne Businessplan oder stundenlange Antragsschlachten. Und wenn’s nicht klappt? Auch nicht schlimm. Diese Fehlerfreundlichkeit ist super wertvoll – vor allem, wenn man sich ausprobieren will, Verantwortung übernimmt oder im Team arbeitet. Das ist einfach super für die Persönlichkeitsentwicklung.

Janosh: Das Wichtigste: anfangen! Einfach einen Account anlegen und danach einen Mentor oder Lotsen suchen oder an einer lokalen Veranstaltung teilnehmen. Nach nur zehn Artikelbearbeitungen kann man bereits den Jungwikipedianern beitreten und ist umgeben von Gleichgesinnten!

Und: Die Relevanzkriterien kennen – das erspart viel Frust. Das ist das Regelwerk, nachdem entschieden wird, ob ein Thema in die Wikipedia aufgenommen werden kann oder nicht. Und zu guter Letzt fürs Mindset: Einfach mal mutig sein. Die Seite „Wikipedia:Sei mutig“ bringt das so ziemlich auf den Punkt.

Janosh: Ein riesiges Danke an das Organisationsteam der Konferenz! Das war wirklich inspirierend. Ich glaube, das Event war der Startschuss für die Bildung einiger neuer Jugendgruppen und eine bessere Vernetzung. Ich hoffe sehr, dass die gesammelten Ideen aus den Gruppenarbeiten wie angekündigt ausgewertet und weiterverfolgt werden.