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WikiConvention francophone

Warum Wissensgerechtigkeit viel Arbeit ist

Die Wikipedia gibt es weltweit in über 300 Sprachen. An ihnen arbeiten tausende Menschen in verschiedenen Communitys. Sie alle haben das Ziel, freies Wissen in ihrer Sprache zugänglich zu machen. Dabei gibt es oft viele Herausforderungen, wie ungleiche Beteiligung, kulturelle Unterschiede und technische Barrieren. Wie diese Herausforderungen gemeistert werden können, zeigt ein Blick in die französischsprachige Wikipedia.

Eva Martin

16. Dezember 2024

Die vielen Sprachversionen der Wikipedia haben eins gemeinsam: Sie leben und wachsen nur Dank des ehrenamtlichen Engagements vieler Menschen im internationalen Wikimedia-Movement. Während an der deutschsprachigen Wikipedia vor allem Ehrenamtliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mitarbeiten, setzt sich die Community der französischen Sprachversion aus Aktiven aus über 20 Ländern und drei Kontinenten (Afrika, Nordamerika und Europa) zusammen. Sie alle teilen zwar die französische Sprache, sind aber durch unterschiedliche kulturelle und historische Kontexte geprägt.

130 Teilnehmende trafen sich jetzt im kanadischen Québec zur WikiConvention Francophone, dem größten Treffen der französischsprachigen Wikipedia-Community. Mit dabei war auch Eva Martin von Wikimedia Deutschland. Sie beleuchtet in diesem Blogbeitrag die Frage, vor welchen Herausforderungen die französischsprachige Wiki-Community steht und wie sie diese angeht.

Etablierte und aufstrebende Communitys

Die französische Wikipedia ist ein globales Projekt, doch ihre Demografie zeigt eine klare Schieflage: Etwa 70 % der Autor*innen stammen aus Frankreich, während 30 % aus West- und Nordafrika, Kanada, Belgien und der Schweiz kommen.

Französische Autor*innen dominieren somit Diskussionen über Richtlinien und Regeln, wodurch andere frankophone Perspektiven oft untergehen. Ein Beispiel: Bei Artikeln über Québec-Themen stellt sich häufig die Frage, ob europäisches oder Québec-Französisch verwendet werden soll. Stimmen aus Québec fehlen dann aber oft in diesen Debatten.

Präsenz-Veranstaltungen wie die WikiConvention bieten dringend benötigten Raum für Austausch und Zusammenarbeit. Persönliche Begegnungen helfen, Spannungen abzubauen, fördern gegenseitiges Verständnis und schaffen die Basis für gemeinsame Lösungen. Diese Verbindungen stärken die soziale Infrastruktur, die die digitale Arbeit der Freiwilligen auf ein stabiles Fundament stellt.

Hürden überwinden und Barrieren abbauen

Das Wissen aller Menschen soll in den Wiki-Projekten abgebildet werden. Um diese Vision des Movements zu verwirklichen, müssen wir als Wikimedia kulturelle und technologische Barrieren überwinden. Die Workshops und Diskussionen auf der WikiConvention Francophone boten wertvolle Einblicke, wie dieser Wandel realisiert werden kann.

Es wurden zudem drei zentrale Herausforderungen identifiziert, deren Lösungen das Gleichgewicht in den frankophonen Communitys nachhaltig fördern könnten.

Beurteilung von Quellen

Die Zuverlässigkeit von Quellen bleibt eine ständige Herausforderung. Administrator*innen, oft in Europa ansässig, haben teilweise Schwierigkeiten, nationale Zeitungen aus Ländern wie Côte d’Ivoire oder Senegal in ihrer Glaubwürdigkeit einzuordnen. Dies führt dazu, dass gültige Beiträge fälschlicherweise zurückgesetzt werden, was frustrierend für Autor*innen aus afrikanischen, frankophonen Communitys ist. Ein Ansatz könnte sein, durch mehr Austausch die regionalen Unterschiede besser einschätzen zu können.

Regionale Voreingenommenheit bei Relevanzkriterien

Die Relevanzkriterien von Wikipedia sorgen immer wieder für Diskussionen. Artikel über bedeutende afrikanische Persönlichkeiten werden von europäischen Autor*innen oft gelöscht, weil ihre Bedeutung nicht erkannt wird. Dies führt viele afrikanische Freiwillige dazu, sich auf kleinere Sprachversionen von Wikipedia zu konzentrieren, wo sie nach regionalen Kriterien arbeiten können.

Technologische Zugänglichkeit

Technologische Barrieren erschweren die Teilnahme, besonders für Beitragende aus Afrika, die hauptsächlich über mobile Geräte auf Wikipedia zugreifen. Schwierigkeiten mit Benutzeroberflächen, die für Desktop-Nutzer*innen entwickelt wurden, sowie begrenzte Internetzugänge, behindern das Bearbeiten von Artikeln. Da Community-Veranstaltungen oft über interne Wikipedia-Seiten organisiert werden, kommt es auch hier zu Einschränkungen. Trotz Fortschritten wie dem Offline-Webbrowser Kiwix und Verbesserungen der mobilen Oberfläche gibt es weiterhin großen Bedarf, den Zugang zu Wikimedia-Projekten zu erleichtern.

Diese Herausforderungen existieren übrigens über die französischsprachige Wikipedia hinweg: Zum Beispiel sind auch in der deutschsprachigen Wikipedia technische Barrieren immer wieder ein Problem. Hier werden regelmäßig die Überprüfbarkeit von Quellen und Relevanzkriterien diskutiert und verbessert. Das zeigt: Internationale Zusammenarbeit ist entscheidend, um regionsübergreifende Lösungen zu finden.

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