Elisabeth Mandl
9. Januar 2024
An sechs Samstagen von Juni bis November trafen sich Interessierte in der Amerika-Gedenkbibliothek, um sich über (queer-)feministische Kunst und die Mitarbeit in Wikipedia zu informieren. Unter dem Motto „Schreiben, Zeichnen, sichtbar machen“ lernten sie, wie sie Artikel über FLINTA*-Künstler*innen in Wikipedia erstellen und bearbeiten können.
Den Auftakt machte die Künstlerin und Kuratorin der Reihe, Sandra Becker, mit einem Input zu ihrer Arbeit „People Queer Shapes“. Sie sprach über ihre Erfahrungen als queer-feministische Künstlerin und darüber, wie sie sich in Wikipedia einbringt:
„Als Künstlerin und Wikipedia-Autorin kann ich gut nachvollziehen, warum die Hürden, in Wikipedia aktiv zu werden, erstmal hoch erscheinen“, sagte Becker. „Es ist ein komplexes Regelwerk, das z. B. darüber entscheidet, welche Künstler*innen-Biografien relevant genug sind, um in Wikipedia aufgenommen zu werden. Diese Veranstaltungsreihe ermöglicht es den Künstler*innen und Kunstinteressierten gemeinsam mit Menschen aus der Wikipedia-Community die ersten Schritte in Wikipedia zu gehen.“
Von Ping Pong über Insekten bis hin zu Frauendenkmälern: Ein vielfältiges Programm rund um (queer-)feministische Kunst
Die Wikipedia-Trainerin Siggi Weide referierte über verschollenes Wissen und Überlieferungslücken in Archiven. Sie gab den Teilnehmenden Tipps, wie sie Informationen über FLINTA*-Künstler*innen finden und aufbereiten können.
Die Wikipedianerin Ruesselbueffel nahm die Relevanzkriterien und die Regeln für das Editieren in den Blick, die für die Wikipedia gelten. Sie argumentierte, dass aufgrund dieser Regeln und Strukturen oft nicht nur gegendertes Wissen in der Wikipedia einen schweren Stand habe, sondern auch das Wissen von gesellschaftlich marginalisierten Personengruppen sowie Themen um Sexualität, Herkunft und Klasse. Dass es an Bereitschaft allerdings nicht mangelt, zeigen die seit Jahren aktiven Initiativen wie Art+Feminism, WomenEdit oder Who Writes His_tory. Und eben die Workshopreihe FLINTAstic.
Die Künstlerin Frauke Beeck zeigte in ihrem Vortrag am Beispiel von Denkmälern auf, dass öffentliches Gedenken in Deutschland meist männlich geprägt ist. Sie verwies auf die Tatsache, dass nur etwa 200 historische Frauendenkmäler in Deutschland existieren und von diesen lediglich vier lesbischen bzw. Transfrauen gewidmet sind. Zum Vergleich: Allein Otto von Bismarck wurde in Deutschland rund 700 mal ein Denkmal gesetzt.
Die Künstlerin annette hollywood stellte in ihrem Vortrag ihr digitales Projekt [anderkawer] vor, eine detektivische Spurensuche nach lesbischen Müttern seit den 1920er Jahren in Deutschland. Wie man die Ergebnisse dieser Detektivarbeit auf Wikipedia dokumentieren kann, zeigte anschließend die Wikipedia-Trainerin Grizma.
Rege Diskussionen und Anstoß für neue Projekte
Insgesamt haben an der Veranstaltungsreihe 45 Personen teilgenommen. Für viele Teilnehmende waren es erste Einblicke in die Arbeit in Wikipedia. Mit ersten Erfolgen: „Es haben sich zwei neue Zusammenarbeiten aus der Veranstaltungsreihe ergeben: Künstler*innen und Wikipedianer*innen, die künftig gemeinsame Aktionen planen”, berichtet Sandra Becker. „Es freut mich, dass wir Interessierte zu diesem Thema zusammenbringen konnten. FLINTA*-Künstlerinnen und ihre Kunst gehören zu unserer Gesellschaft. Wir wollen dazu beitragen, dass sie in Wikipedia die Anerkennung erhalten, die sie verdienen.“
Zum Nachlesen: https://www.wikimedia.de/flintastic/