Erfolgreiches Community-Projekt
100 Women Days: Eine Reise in die Welt der unerzählten Geschichten
Elisabeth Mandl
29. November 2023
Update: Am 18. Januar ist Halbzeit im Projekt. Bis zu diesem Datum sind bereits 852 Biografien sowie 61 Artikel zu frauenbezogenen Themen entstanden. Insgesamt wurden damit in den letzten fünf Ausgaben der Aktion beeindruckende 5.000 Biografien verfasst. Ein herzliches Dankeschön an alle, die über die Jahre an #100WomenDays teilgenommen haben! Für alle, die noch mitmachen möchten: Die Aktion läuft weiter bis zum Internationalen Frauentag am 8. März.
Mit den #100WomenDays setzen Frauen und Männer gleichermaßen ein Zeichen für die Gleichberechtigung und die Stärkung der weiblichen Präsenz in der Wikipedia. Wie in den Vorjahren werden Community-Mitglieder in den 100 Tagen bis zum Internationalen Frauentag am 8. März 2024 möglichst viele Biografien über Frauen schreiben, die bislang noch keinen Wikipedia-Artikel haben – obwohl sie Bemerkenswertes in der Kunst, Wissenschaft, im Sport, als Unternehmerinnen oder in anderen Bereichen geleistet haben. Dadurch soll die Wikipedia diverser und der Anteil der schreibenden und repräsentierten Frauen erhöht werden. Eine gemeinsame Reise in die Welt der unerzählten Geschichten also.
Was sind die #100WomenDays?
Die #100WomenDays sind ein bemerkenswertes Projekt, initiiert von der Kölner Wikipedia-Community rund um das Lokal K, das auf die Herausforderung aufmerksam macht, dass Biographien über Frauen in der Wikipedia immer noch die Minderheit sind. Das soll sich ändern!
Bereits vier Jahre in Folge ist das Projekt ein außerordentlicher Erfolg. Die Initiative startete 2019 mit dem Ziel, 100 Biografien in 100 Tagen zu generieren. Der Erfolg war unerwartet groß: Etwa 70 ehrenamtliche Autor*innen verfassten 585 Artikel. Im darauffolgenden Jahr verdoppelte sich das Ergebnis. Auch letztes Jahr entstanden im Rahmen der 100 Women Days nicht die 100 anvisierten Biographien, sondern sogar 1.416.
Frauenbiografien machen nur 17,58 % der Biografien in Wikipedia aus
Update: Aufgrund von Diskussionen haben wir diesen Absatz über die Gründe für den Gender Gap in der Wikipedia am 4. Dezember angepasst.
Fehlende Frauenbiografien, in der deutschsprachigen Wikipedia „Frauen in Rot“ und international „Women in Red“ genannt, werden auf der gleichnamigen Projektseite auf Wikipedia gesammelt. Dort wird auch per Live-Ticker die Entwicklung der Zahlen dokumentiert: Frauenbiografien machen heute noch immer unter 20 % der Biografien in der deutschsprachigen Wikipedia aus. Seit 2009 hat sich der Gender-Gap in Biografien immerhin um 3 Prozentpunkte verringert. Seit 2019 erfasst die Community zudem den Anteil von Biografien zu nicht-binären Personen. Dieser Anteil hat sich seitdem vervierfacht.
Erfreulich ist auch, dass laut dem Community-Insights-Report der Wikimedia Foundation die Anteile der sich weiblich bzw. als non-binär identifizierenden Editor*innen von 11 % bzw. 2 % in 2019 auf 13 % bzw. 4 % in 2022 gestiegen sind.
Mitmachen erwünscht
Der Aufruf zum Mitmachen und Mit-Editieren im Rahmen der #100WomenDays richtet sich an erfahrene und neue Autor*innen der Wikipedia. In dieser Liste werden die Ergebnisse der 100 Women Days gesammelt. Wer Lust hat, steigt einfach ein und trägt seine Artikel hier ein, es dürfen natürlich jederzeit auch mehr als einer pro Tag werden.
Der Aufruf zum Mitmachen ist Teil der vielfältigen Aktionen der Community für mehr Diversität in der weltweit größten Online-Enzyklopädie.
So gibt es noch zahlreiche weitere Initiativen und Projekte, wie z. B.
- die Workshop-Reihe 60 Minuten – Gender & Diversity in der Wikipedia,
- das FemNetz, ein Netzwerk aus rund 40 Wikipedianer*innen aus dem DACH-Raum
- die regelmäßigen hybriden Treffen von WomenEdit
- das Mentorinnennetzwerk FemSupport,
- das Wiki Riot Squad Berlin,
- das Schweizer Projekt Who writes his_tory?, das die Reproduktion von Wissen und struktureller Diskriminierung im Internet und vor allem auf Wikipedia hinterfragt,
- ein regelmäßiger Workshop wiki:wo:men in Stuttgart und online.
- Für Österreich sei außerdem die TypIn*frauen*schreiben*wiki Schreibwerkstatt für Frauen in Graz genannt.
- In der Schweiz sind außerdem Les sans pagEs (französischsprachig) und die Künstler*innengruppe Femme Artist Table FATart aktiv.
Welche Frau ist mit ihrem Wirken noch nicht in der Wikipedia vertreten, aber sollte es sein? Macht mit! Gemeinsam können wir dazu beitragen, die Wikipedia zu einem Ort zu machen, an dem die Leistungen, das Wissen und die Erfahrungen von Frauen die Anerkennung erhalten, die sie verdienen.
Ich persönlich teile nach wie vor nicht alle Aussagen des Artikels, finde aber dennoch gut, dass er nicht mehr den alarmistischen Ton hat, wie es früher üblich war. Nach wie vor halte ich einen Gender-Gap, den Wikipedia-Beitragende zu verantworten hätten, zumindest in der deutschsprachigen Wikipedia für ausgemachten Unfug. Nichts desto trotz ist der Wettbewerb ein sehr schöner, gerade weil er weitestgehend ohne Ideologisierung auskommt. Man kann ihn nämlich sehr gut unter das Motto “Wir danken den Frauen der Welt für all das, was sie schon getan haben, was aber nicht immer gesehen wird” stellen, statt unter: “es braucht unbedingt mehr Frauen, weil die Prozentrechnung nicht hin haut”. In soweit ist der Artikel in jedem Fall ein Fortschritt und das muss man dann auch mal positiv anerkennen.
Zudem wäre es vielleicht auch sinnvoll zu erklären, warum die “Frauen in Rot” nun “rot” sind. Nämlich weil fehlende Artikel so sie denn in anderen Artikeln verlinkt sind rot angezeigt werden, während vorhandene Artikel blau angezeigt werden. Zumindest bei den Standard-Einstellungen. Gerade das Projekt zeigt aber auch, warum es problematisch ist nur auf Prozente oder vermeintlich fehlende Artikel zu schauen, statt darauf, welche Artikel nun wirklich nach objektiven Kriterien noch fehlen. In den meisten Fällen dürften sich mindestens noch genauso viele oder sogar deutlich mehr Männer finden, die mit vergleichbaren Leistungen noch fehlen. Man könnte also sagen, dass die Prozentuale Angleichung sogar zu einem realen Ungleichgewicht führt. Zumindest dann, wenn man auf eher wissenschaftliche, als auf einfach nur quantifizierbare und ideologische Kriterien schaut.
Und eine wichtige Sache wurde auch noch vergessen: jenseits von allen anderen Gründen kann man auch einfach nur mitmachen, weil es Spaß macht und man so Lücken aus den eigenen Arbeitslisten abarbeiten kann. Darum tue ich das. Darum, und weil ich schon immer Frauen interessant fand, die insbesondere früh und noch meist gegen Widerstände ihren Weg gingen.2