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Breiter Widerstand: Knapp 90 NGOs warnen vor Chatkontrolle

Mit der so genannten Chatkontrolle möchte die EU Kinderschutz im Netz stärken und aufklären. Dass das Gesetz dafür geeignet ist, bezweifeln Jurist*innen und Kinderschützer*innen gleichermaßen. In seiner jetzigen Form führt es vor allem zu umfassender Überwachung privater Kommunikation in Chats oder E-Mails. Zuletzt haben knapp 90 Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt in einem Offenen Brief vor der Verordnung gewarnt – darunter auch Wikimedia Europe.

Corinna Schuster

20. September 2023

Die geplante Chatkontrolle führe zu Grundrechtsverletzungen und Massenüberwachung von Millionen von Menschen, heißt es in dem Offenen Brief. „Wir rufen alle EU-Regierungen dazu auf, die Verordnung zur Prävention und Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch abzulehnen, bis diese die Rechte, Freiheiten und Sicherheit im Internet vollständig schützt“, so die Forderung der unterzeichnenden NGOs.

Anlasslose Massenüberwachung von Millionen von Menschen

Mit der Chatkontrolle möchte die EU-Kommission die Kommunikation im Internet umfassend überwachen: Sämtliche Nachrichten in sozialen Medien, Chats und Webseiten, aber auch bisher Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messengernachrichten sollen kontrolliert werden. So will die Kommission Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen aufspüren.

„Das vorgeschlagene Gesetz ist beispiellos: Es könnte Firmen dazu zwingen, die digitale Kommunikation von jedem zu scannen, jederzeit, im Auftrag von Regierungen“, kommt weitere Kritik von Seiten der 87 Unterzeichner*innen, zu denen auch Wikimedia Europe gehört. Es seien weitreichende Veränderungen nötig, um Privatsphäre, Meinungsfreiheit und die Unschuldsvermutung zu schützen.

Entscheidung über Chatkontrolle vertagt

Die für den 28. September geplante Abstimmung über die Chatkontrolle durch die Justiz- und Innenminister der EU-Länder in Brüssel wird nicht stattfinden. Im EU-Minister*innenrat hat der Entwurf bislang keine Mehrheit finden können, weshalb die angesetzte Abstimmung kurzfristig von der Tagesordnung genommen wurde. Auch in der Bundesregierung ist man sich uneinig. Während Justizminister Marco Buschmann das Gesetz nicht für grundrechtskonform hält, will Bundesinnenministerin Nancy Faeser die geplanten Überwachungsmechanismen nicht ablehnen. Obwohl die Ampel sogar im Koalitionsvertrag jegliches Scannen privater Kommunikation ablehnt.

Offener Brief

Kommentare

  1. Dr. Wolfgang Six
    21. November 2023 um 10:22 Uhr

    Meine persönliche Mitgliedschaft ist durch die Veränderungen – auch technischer Art – verloren gegangen. Ich bin jetzt 88 Jahre alt , und gesundheitlich immer noch aktiv. Gehbehindert, ALS geschädigt usw. 20.11.2023 – Kontakt zu Wikipedia erbeten – herzliche Grüße und viel Erfolg in der neuen Konstellation der Gesellschaft!

  2. […] sowie die Wissenschaftlichen Dienste von Bundestag und EU-Parlament an. Alle und auch zahlreiche NGOs warnen eindringlich davor, diese oder ähnliche Maßnahmen […]

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