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Dateninstitut

Ehrenamtliche Expertise nutzen!

Mit der Gründung eines Dateninstituts will die Bundesregierung den Zugang zu Daten verbessern. Statt immer neue Pilotprojekte zu starten, sollte dieses Dateninstitut die Erkenntnisse aus bestehenden Projekten aufbereiten und Handlungsempfehlungen entwickeln.

Stefan Kaufmann

Frank Böker

19. Januar 2023

Auf dem Digitalgipfel im Dezember stellte die Gründungskommission des Dateninstituts ihren Empfehlungsbericht vor. Anhand von drei Use Cases wolle die Kommission Aufgaben und Arbeitsweise des Dateninstituts entwickeln, hieß es bei der Präsentation. Ein solcher bedarfsorientierter Ansatz mag in der Theorie sinnvoll sein. In der Praxis fehlt jedoch die Einbeziehung der unzähligen Erfahrungen, die Ehrenamtliche schon seit Jahren im Umgang mit Daten gesammelt haben – etwa bei Wikidata-Hackathons, einem der vielen „Code for“-Labs oder Jugend hackt. Das muss sich ändern, wenn das Dateninstitut den Zugang zu Daten nachhaltig verbessern will.

Mobilitätsdaten: Bitte kein weiteres Pilotprojekt!

Deutlich wird die fehlende Einbindung ehrenamtlicher Expertise vor allem bei dem ersten Use Case der Gründungskommission, der sich mit der freien Open-Source-Software „digitransit“ beschäftigt. Diese wurde ursprünglich auf Basis des ebenfalls freien Routenplaners OpenTripPlanners in Helsinki entwickelt und 2017 durch Freiwillige des digitalen Ehrenamts auf Deutsch übersetzt.

Laut Vorschlag der Gründungskommission soll gemeinsam mit einer Kommune eine weitere digitransit-Instanz aufgebaut werden, um Erfahrungen zu sammeln. Digitransit verwendet den Open-Source-Routenplaner „OpenTripPlanner“, wie er auch in der OpenStreetMap für die Fuß-, Rad- und Autoroutenplanung zum Einsatz kommt. Bei digitransit werden zudem auch öffentlich verfügbare maschinenlesbare Bus- und Bahnfahrpläne für die Routenplanung genutzt. Auch Sharing-Scooter und -Räder, regelmäßige Mitfahrgelegenheiten oder gar Mitfahrbänke können so in die Mobilitätsauskunft integriert werden. Je mehr offene Daten verfügbar sind, desto größer das Potenzial.

Die bisherigen Implementierungen des Open-Source-Mobilitätsplaners – egal ob durch Ehrenamtliche oder im Rahmen von Förderprojekten – waren jedoch in Deutschland auf immer wiederkehrende Grundlagenprobleme gestoßen. So wurden beispielsweise mangelnde Auffindbarkeit von Daten oder unnötige Registrierungspflichten als Probleme genannt. Ein weiteres Pilotprojekt wird an den strukturellen Hürden wenig ändern. Stattdessen sollte das Dateninstitut die bereits gewonnenen Erkenntnisse aufbereiten und aus ihnen Handlungsempfehlungen entwickeln, wie diese Hürden systematisch abgebaut werden können.

Linked Open Data: Das Beispiel Wikidata

Wenn es darum geht, das Prinzip von Linked Open Data zu erklären und für andere Akteur*innen nachnutzbar zu machen, sollte das zu gründende Dateninstitut auch das Wikimedia-Projekt Wikidata als Beispiel heranziehen. Wikidata nimmt bereits seit über 10 Jahren eine Vorreiterrolle bei der praktischen Anwendung von Linked Open Data ein. Die Software Wikibase, auf der Wikidata beruht, wird bereits von vielen Akteuren in der Wissenschaft, im Bibliothekswesen und für Projekte der Europäischen Union eingesetzt.

Wikidata ist als Wissensgraph beispielsweise in der Lage, das Durchschnittsalter aller Mitglieder des 20. Deutschen Bundestags tagesaktuell auszugeben – und wer dem eigenen Sprachassistenzsystem diese Frage stellt, bekommt die Antwort in der Regel ebenfalls aus Wikidata. Das Linked-Data-Prinzip erlaubt auch eine Abkehr vom architekturell längst überholten Ansatz, Datensätze erst auf zentralen Plattformen (Hubs, Datenräumen, etc.) zusammenführen zu müssen, um sie in gemeinsamen Zusammenhang bringen zu können. Stattdessen kann und soll mit diesem Prinzip eine Vielzahl dezentraler Datenendpunkte abgefragt und ihre Daten gemeinsam in Bezug gebracht werden.

Die öffentliche Hand könnte von einer solchen Datenbereitstellung enorm profitieren. Die Anwendungsfälle sind vielfältig – möglich wäre zum Beispiel, statistische Informationen über Stadtquartiere automatisiert mit Raum- und Mobilitätsdaten zusammenzuführen, um Auswirkungen verkehrsplanerischer Vorhaben zu analysieren. Die hierfür notwendigen Daten sind in der Regel auch längst vorhanden, müssen bislang aber mit großem Aufwand oder durch externe Dienstleister händisch zusammengeführt und ausgewertet werden. Eine Datenorganisation nach Linked-Data-Prinzipien würde diese Zusammenführung und Auswertung automatisiert und durch die Verwaltung selbst ermöglichen.

Es gibt so viele großartige Datenprojekte, die von Ehrenamtlichen oder der organisierten Zivilgesellschaft entwickelt wurden. Unser Appell an die Gründungskommission des Dateninstituts: Statt immer neue Pilotprojekte anschieben zu wollen, nutzen Sie diese vielfältigen Erfahrungen und Expertisen!

Unsere Position zum geplanten Dateninstitut haben wir in einer ausführlichen Stellungnahme zusammengefasst und den zuständigen Bundesministerien zukommen lassen. Jetzt nachlesen:

Drei Impulse für das Dateninstitut

1. Das größte Potenzial für das Dateninstitut besteht in der Aufbereitung von Informationen und Handlungsempfehlungen rund um Linked Data. Dazu muss es Aufklärungsarbeit über die notwendigen IT- und Datenarchitekturentscheidungen leisten – sowohl für die öffentliche Hand als auch für viele andere Bereiche, einschließlich der Wirtschaft.

2. In den vorgestellten Use Cases klingen immer wieder Bestrebungen zur Vermarktung von Fakteninformationen an. Das ist grundfalsch, denn Fakteninformationen gehören niemandem und dürfen auch nicht vermarktet werden. Eine künstliche Erzeugung von Exklusivität von Daten durch technische Mittel muss ausgeschlossen sein.

3. Der Austausch mit Ehrenamtlichen, die sich häufig seit vielen Jahren auf hohem Niveau mit dem Thema Open Data beschäftigen, muss verstärkt werden. Digitales Ehrenamt ist meist nicht formal organisiert und wird deshalb bislang nicht ausreichend dokumentiert. Wie wir bereits in unserem Politikbrief dargestellt haben, ist es deshalb so wichtig, die Erfahrungen der Ehrenamtlichen systematisch zu dokumentieren und für Digitalisierungsvorhaben nutzbar zu machen.

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