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Digitales Ehrenamt

Zivilgesellschaftliche Teilhabe im digitalen Raum

Digitales Ehrenamt erhält zu wenig Aufmerksamkeit. Das spiegelt sich auch in staatlichen Förderangeboten und der Abgabenordnung wider. Zum Internationalen Tag des Ehrenamtes am 5. Dezember fordert Wikimedia Deutschland: Es braucht spezielle Förderprogramme für Menschen, die sich im digitalen Raum engagieren.

Franziska Kelch

Lilli Iliev

Frank Böker

29. November 2022

Deutschland ist das Land des Ehrenamts. Rund 600.000 Vereine gibt es in Deutschland. Etwa 40 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre üben eine freiwillige Tätigkeit aus und engagieren sich für Sport, Kultur, Soziales oder politische Anliegen. Doch längst findet zivilgesellschaftliche Teilhabe nicht mehr nur klassisch im Vereinsheim statt. Auch im digitalen Raum sind vielfältige Möglichkeiten zur ehrenamtlichen Betätigung entstanden. Die Initiative Freifunk etwa ermöglicht mit freien Datennetzen mehr Menschen einen Zugang zum Netz. Die Digitalen Engel wiederum vermitteln digitale Kompetenzen. Andere Initiativen ermöglichen datenbasierte Innovationen für die Gesellschaft oder widmen sich dem Schutz der Persönlichkeit im digitalen Raum. Immer mehr Menschen engagieren sich in neuen Ehrenamtsformen wie Crowdsourcing oder Citizen Science.

Diesen und weitere Beiträge zum digitalen Ehrenamt jetzt nachlesen im Wikimedia-Politikbrief.

Das wohl bekannteste Beispiel für digitales Engagement ist die freie Enzyklopädie Wikipedia. Mehr als 2,7 Millionen Artikel gibt es allein in der deutschen Sprachausgabe, bei insgesamt rund einer Milliarde Seitenaufrufen pro Monat. Auch in den anderen Wiki-Projekten steht Freies Wissen jederzeit und ortsunabhängig zur Verfügung. Möglich wird das nur durch die unverzichtbare Arbeit Tausender Freiwilliger allein im deutschsprachigen Raum. Die Ehrenamtlichen schreiben oder editieren fundierte Artikel. Sie stellen Bilder und Videos digital bereit und pflegen die freie Datenbank Wikidata.

Den Wikipedianer Gereon Kalkuhl reizt am digitalen Ehrenamt, dass man „sehr selbstbestimmt ist, was Arbeitsort und -zeit angeht, und die Regeln des Projekts mitgestalten kann. Wir brauchen nur einen Internetzugang und können loslegen. Darüber hinaus sind natürlich die Skalierung und Reichweite online viel höher als bei einem Offline-Ehrenamt: Was ich in der Wikipedia editiere, kann man sofort weltweit einsehen“, erklärt Kalkuhl.

Digitales Ehrenamt braucht mehr Anerkennung

Digitale Ehrenamtsformen erhalten im Vergleich zum traditionellen Ehrenamt zu wenig Aufmerksamkeit und Anerkennung. Das hat sehr konkrete negative Konsequenzen für digitale Freiwillige: Staatliche Förderangebote und die Abgabenordnung werden den Strukturen der digitalen Ehrenamtstätigkeit und der Vielfalt der Themen, für die sich Menschen einsetzen, nicht mehr gerecht. Förderangebote, die Vereine bei der Digitalisierung unterstützen, gibt es seit der Pandemie immer mehr. Spezielle Förderprogramme, die explizit auf das digitale Ehrenamt zugeschnitten sind, finden die Freiwilligen hingegen kaum.

Das ist ein Problem auch für junge Menschen, die sich zivilgesellschaftlich engagieren wollen. Sie üben ehrenamtliche Tätigkeiten vermehrt im Netz und für Netzthemen aus. Jugendliche „sind viel zielorientierter als die Älteren und haben Lust, sich zu engagieren. Aber sie nutzen dafür viel stärker digitale Medien“, sagt Jan Holze, Co-Vorstand der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Je mehr Bürokratie Menschen zugemutet wird, desto größer ist das Hindernis, sich einzubringen. Auch der Dritte Engagementbericht der Bundesregierung hat gezeigt: 64 Prozent der jungen Menschen wollen sich gesellschaftlich einbringen. Diese Engagementbereitschaft sollte die Bundesregierung auch rechtlich und finanziell fördern.

Kommentare

  1. Josef Gilles
    20. Januar 2023 um 08:13 Uhr

    Es ist für einen Verein schon wichtig, dass er Mitglieder hat um die organisatorischen Kosten ( Versicherung, Server, Datenleitung ) leisten kann. Ich habe ein Problem bei der Diskussion von freier oder Bezahlsoftware. Das Lagerdenken finde ich nicht hilfreich. Das zentrale Problem ist doch das Koppelgeschäft, Du bekommst von mir Informationen im Tausch gegen Daten. Das die Strukturen ( Cookies) auch von Wikimedia genutzt werden erscheint ein Problem. Ich wechsele ständig den Rechner und Cookies werden öfter mal aus Sicherheitsbedenken gelöscht. Freeware und Bezahlsoftware erscheinen mir beide sinnvoll. Freeware ist oft ein Lockangebot, das tut der Struktur nicht gut, Es kann nicht funktionieren, das hochwertige Software professionell kostenlos hergestellt wird. Auf sicherheitsrelevanter Ebene erscheint mir Freeware eher gefährlich. Software die mir einen regelmäßigen Nutzen liefert, sollte mir auch etwas wert sein. Das dauerhafte Betteln nervt mich, da fehlen mir pfiffigere Lösungen.

  2. Wilfried Prenger
    30. November 2022 um 21:39 Uhr

    Ich engagiere mich unentgeltlich im ADFC und unterstütze fininaziell Wikimedia. und andere Institutionen. Sind wir wirklich so geldgierig geworden, dass wri für jede Tätigkeit etwas haben wollen? Natürlich soll auch eine Tätigkeit im digitalen Raum honoriert werden, deshalb bin ich Anhänger eurer Initiative, aber: Es geht auch mit einem schlichten “Danke für deine Arbeit”. Mir ist das für meine Radtourenplanungen und die Leitung der Touren wichtiger, als ein paar Euronen.

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