„Plattformen und Infrastrukturen bestimmen Bildung mit.“
Lernen und Lehren im digitalen Raum – wie kann das gelingen? Und welche Rolle spielt die geplante Nationale Bildungsplattform dabei? Ein Gespräch mit Heidrun Allert, Felicitas Macgilchrist und Christoph Richter.
Illustration von Jasmina El Bouamraoui und Karabo Poppy Moletsane mit CC0-Lizenz, bearbeitet von Matthias Wörle im Auftrag von Wikimedia Deutschland, https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/
Illustration von Jasmina El Bouamraoui und Karabo Poppy Moletsane mit CC0-Lizenz, bearbeitet von Matthias Wörle im Auftrag von Wikimedia Deutschland, https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/
Wie müssen sich die Vorstellungen von Bildung verändern, damit Lernen im digitalen Raum wirklich gelingt?
FELICITAS MACGILCHRIST: Eine Antwort auf diese Frage scheint uns nur möglich, wenn wir die Digitalisierung als einen kulturellen Transformationsprozess begreifen, der nicht nur neue Formate des Lehrens und Lernens ermöglicht, sondern der in tiefgreifender Weise Einfluss darauf nimmt, wie wir mit „Wissen“ umgehen, wie wir uns zueinander in Beziehung setzen und uns selbst in der Welt verorten.
HEIDRUN ALLERT: Lern- und Bildungsangebote müssen die sich rapide wandelnden digitalen und netzbasierten Wissens- und Machtpraktiken, die unser privates, berufliches und gesellschaftliches Zusammenleben durchziehen, praktisch greifbar machen. Somit können sie auch aufzeigen, wie wir gemeinsam alternative Technologien mitgestalten können. Für die gemeinsame Einübung und Reflexion entsprechender Wissensund Datenpraktiken spielen partizipative und forschende Lernszenarien eine zentrale Rolle.
Diesen und weitere Beiträge zur Nationalen Bildungsplattform jetzt nachlesen im Wikimedia-Politikbrief.
Worin besteht das Potenzial, worin die Risiken eines so groß aufgesetzten Projekts wie der Nationalen Bildungsplattform?
CHRISTOPH RICHTER: Das Potenzial besteht darin, Technologien, Plattformen und Infrastrukturen nicht als neutral zu betrachten, sondern zu verstehen, dass sie Bildung mitbestimmen. Die Nationale Bildungsplattform bietet Anlass zu einer Diskussion darüber, wie wir uns ein zukunftsweisendes Bildungssystem vorstellen und welcher sozialen wie auch technischen Infrastruktur es hierfür bedarf. Der weite Zielhorizont des Projekts bietet dabei die Gelegenheit, auch informelle Bildungsangebote, etwa im Bereich der kulturellen und politischen Bildung, in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung anzuerkennen und strukturell zu fördern.
HEIDRUN ALLERT: Umgekehrt besteht ohne einen entsprechenden Diskurs die Gefahr, dass die Nationale Bildungsplattform dysfunktionale Strukturen des gegenwärtigen Bildungssystems nicht nur reproduziert, sondern auch verstetigt. Grundlegende Fragen betreffen hierbei etwa den Zugang zu (digitalen) Bildungsangeboten, die Rolle kommerzieller Bildungsanbieter wie auch die Überindividualisierung, Vermessung und Steuerung von Bildungsprozessen.
Wikimedia Deutschland tritt für Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe aller an Bildung ein. Was muss die Nationale Bildungsplattform bieten, um dazu beizutragen?
FELICITAS MACGILCHRIST: Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe erschöpfen sich nicht im freien Zugang zu Bildungsangeboten und Lernmaterialien, sondern umfassen auch die Möglichkeit zur aktiven Mit- und Ausgestaltung der Angebote und Formate. Bildung als existenzielle Grundlage für eine demokratische, pluralistische und tolerante Gesellschaft setzt voraus, dass die Beteiligten darüber mitentscheiden können, welche Themen, Fragen und Anliegen sie im Rahmen gemeinsamer Lernprozesse adressieren wollen und in welcher Weise sie dies tun möchten. Die hiermit verbundenen Konflikte sind unumgänglicher Bestandteil dieser Prozesse.
CHRISTOPH RICHTER: Die nationale Bildungsplattform kann hierzu einen Beitrag leisten, indem sie partizipative Bildungsangebote in besonderer Weise fördert und Formate unterstützt, in denen sich die Lernenden selbst organisieren und sich ihre eigenen Lern-, Arbeits- und Forschungsumgebungen schaffen können. Die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Teamarbeit und Kreativität darf dabei jedoch nicht vorausgesetzt, sondern muss kontinuierlich entwickelt werden.
Unsere Interviewpartner*innen
Heidrun Allert ist Professorin der Pädagogik, Schwerpunkt Medienpädagogik/Bildungsinformatik, an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Felicitas Macgilchrist ist Leiterin der Abteilung Mediale Transformationen am Leibniz-Institut für Bildungsmedien und Professorin an der Georg-August-Universität Göttingen.
Christoph Richter ist Co-Leiter des Critical Data and Automation Literacy Labs und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Hinterlasse einen Kommentar
Noch keine Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar
Wir verwenden Cookies auf unserer Website, um Ihnen die beste Erfahrung zu bieten, indem wir Ihre Präferenzen speichern auch bei wiederholten Besuchen. Durch Klicken auf "Akzeptieren" stimmen Sie der Verwendung aller Cookies zu. Sie können jedoch die Cookie-Einstellungen aufrufen, um eine kontrollierte Einwilligung zu erteilen. Mehr Informationen finden Sie auch in unserer Datenschutzerklärung
We use cookies on our website to give you the most relevant experience by remembering your preferences and repeat visits. By clicking “Accept”, you consent to the use of ALL the cookies. However you may visit Cookie Settings to provide a controlled consent.
This website uses cookies to improve your experience while you navigate through the website. Out of these cookies, the cookies that are categorized as necessary are stored on your browser as they are essential for the working of basic functionalities of the website. We also use third-party cookies that help us analyze and understand how you use this website. These cookies will be stored in your browser only with your consent. You also have the option to opt-out of these cookies. But opting out of some of these cookies may have an effect on your browsing experience.
Diese Website benutzt den Open Source Webanalysedienst Matomo zur statistischen Analyse der Website-Nutzung.
Wir verwenden zudem die Matomo-Funktion „Heatmaps“, welche Bewegungen des Mauszeigers und Interaktionen mit Elementen analysiert und so besonders nützliche Informationen zur Nutzung der Seite liefert.
Hinterlasse einen Kommentar
Noch keine Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar