Im Mai 2020 wurden die Strategieempfehlungen des internationalen Wikimedia Movements veröffentlicht. Die Empfehlungen sind ein Leitfaden für Wikimedia und die Veränderungen der folgenden Jahre zum gemeinsamen Ziel, bis 2030 die zentrale Infrastruktur des Ökosystems des Freien Wissens zu werden. Die Empfehlungen sind das Ergebnis aus zwei Jahren Zusammenarbeit innerhalb der Wikimedia-Bewegung, an der Menschen aus der ganzen Welt, und natürlich auch von Wikimedia Deutschland, mitgewirkt haben.
Nach einem Jahr ist nun ein guter Zeitpunkt zurück zu blicken und zu reflektieren, wie die Empfehlungen eigentlich entstanden sind und – was besonders wichtig ist – welche Lektionen wir alle auf dem Weg gelernt haben. Und genau jetzt, wo wir im Movement gemeinsam in die Umsetzung einsteigen, werden sie besonders nützlich sein.
Es ist mir deswegen eine große Freude und Ehre, das „Movement Strategy Playbook“ vorzustellen: ein sehr umfassendes Dokument, das tiefe Einblicke in die wichtigsten Praktiken und Lehren der Arbeit mit dieser globalen offenen Strategie enthält.
Was ist das „Movement Strategy Playbook“?
Im Wesentlichen beleuchtet das Movement Strategy Playbook die wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen der Wikimedianer*innen, die zwischen Juli 2018 und Juni 2020 am Strategieprozess teilgenommen haben. Während dieses Zeitraums entwickelten Arbeitsgruppen die Empfehlungen und Prinzipien für den strukturellen und strategischen Wandel. Sie erhielten dabei viel Input von Mitgliedern der Community, von Wikimedia-Mitgliedsorganisationen und der Wikimedia Foundation. Der gesamte Prozess wurde von einem Kernteam unterstützt, welches ich geleitet habe. Dieses Team bestand aus Menschen, die für die Wikimedia Foundation oder für Wikimedia Deutschland gearbeitet haben.
Mitte 2020 beauftragten wir Matt Thompson als externen Dienstleister, Gespräche und Interviews mit mehr als 100 Personen zu führen, die an diesem Teil des Strategieprozesses teilgenommen hatten. Unter anderem wurde Bereiche wie Prozessdesign, Engagement der Communities, Kommunikation und Wissensmanagement beleuchtet. Die gewonnenen Erkenntnisse und Daten wurden dann in 21 Thesen zur geleisteten Arbeit zusammengefasst. Diese Thesen gliedern sich in vier Kategorien: Planung, Zusammenarbeit, Kommunikation und Beteiligung.
Was wir lernen konnten
- Offene, partizipative Strategieprozesse brauchen ihre Zeit.
- Veränderung geschieht nur in der von allen getragenen Geschwindigkeit: Deswegen sollte der Raum, in dem die Veränderung stattfindet, gemeinsam mit den Akteur*innen aus dem Movement gestaltet werden, so dass Vertrauen entstehen kann.
- Der Prozess ist genauso wichtig wie das Ergebnis.
- Nichts über uns ohne uns! Die Menschen, die von den Entscheidungen und Veränderungen betroffen sind, müssen einbezogen werden.
- Globale Zusammenarbeit kann eine Reihe von Hindernissen mit sich bringen, wenn es um Partizipation geht. Es braucht zusätzliche Planung und Ressourcen, um die aktive Einbeziehung aller zu gewährleisten.
- Iterative Ansätze ermöglichen es, den Prozess nach Bedarf anzupassen, während eine klare Kommunikation über Änderungen am Prozess und die nächsten Schritte entscheidend ist.
Austausch von Wissen innerhalb und außerhalb der Bewegung
Diese Ebene der globalen Zusammenarbeit ist tatsächlich eine Premiere für die Wikimedia-Bewegung. Und diese Art von offenem Strategieprozess – global, transparent, iterativ, inklusiv – ist einzigartig. Deswegen wollten wir diese Erkenntnisse in diesem Playbook festhalten.
Und wir haben uns auch ein wenig von der Empfehlung „Internes Wissen managen“ inspirieren lassen: Das Playbook beschreibt detailliert die Höhen und Tiefen des Prozesses, was gut funktioniert hat, welche Fehler wir gemacht haben und welche Herausforderungen und Frustrationen während des Prozesses aufgetaucht sind. Es soll eine Ressource für jede*n in unserem Ökosystem sein – von Mitgliedsorganisationen, Wikimedia Foundation oder Community-Initiativen, Partner*innen, Freund*innen und Verbündete und alle, die sonst noch daran interessiert sind, wie wir die movementweite Zusammenarbeit auf die Beine gestellt haben.
Meine aufrichtige Hoffnung ist, dass unser Vorgehen einen Maßstab für die zukünftige Zusammenarbeit in unserem Movement setzen wird. Sowohl in Bezug darauf, wie diese Art der Zusammenarbeit durchgeführt werden kann, als auch darauf, wo mögliche Untiefen lauern.
Die Besonderheit des Playbook:
Es ist nicht fertig – und wird es wahrscheinlich auch nie sein! Es ist ein lebendiges Dokument mit Platz für Beiträge von jedem in der Bewegung und darüber hinaus. Auf der Seite jeder Lektion kannst Du Deine Vorschläge für Werkzeuge oder Ideen hinzufügen, die helfen könnten, die Erkenntnisse noch besser umzusetzen. Das Playbook wird sich weiterentwickeln und wachsen und wird mit jedem partizipativen und inklusiven Prozess, den wir als Bewegung abschließen, noch besser werden.
Wer mehr darüber erfahren möchte, wie genau wir das alles gemacht haben, empfehle ich unbedingt, auch diesen hervorragenden Überblick zu lesen, der von meinem Kernteam zusammengestellt wurde und chronologisch jeden Schritt skizziert, der zur Erstellung der Empfehlungen unternommen wurde. Zu beachten ist hierbei, dass diese Zusammenfassung ausschließlich aus der Perspektive des Teams geschrieben wurde und widerspiegelt, was wir während der Steuerung und Unterstützung dieses globalen Prozesses gelernt haben.
Ich möchte allen, die an diesem Prozess teilgenommen haben, ein riesiges Dankeschön aussprechen: allen Mitgliedern der Arbeitsgruppen, den Mitgliedern der Communities sowie den Affiliates und der Wikimedia Foundation, die beigetragen und bei der Ausarbeitung der Empfehlungen geholfen haben, und natürlich meinen wunderbaren Kolleg*innen im Kernteam. Es war eine so aufregende, ereignisreiche, anstrengende und überaus lohnende Erfahrung für mich, mit euch allen durch dieses Unterfangen zu navigieren.