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Kultur-Hackathon Coding da Vinci Süd: Sterbende Jesuiten, visualisierte Theaterdaten und Wirtshausgeschichte zum Nachkochen

Am 18. Mai fanden sechs Wochen nach dem Kick-off und ein knappes halbes Jahr nach Coding da Vinci Rhein-Main Abschlusspräsentation und Preisverleihung von Coding da Vinci Süd in der Tafelhalle des KunstKulturQuartiers in Nürnberg statt.
Gewinnerteams und Jury vereint auf der Bühne. Lizenz CC-BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) Coding da Vinci Süd, Bild: Diane von Schoen

Claudia Bergmann

27. Mai 2019

In den Depots der Kulturinstitutionen und Bildungseinrichtungen schlummern unzählige Schätze, die geborgen werden möchten. Viele Ausstellungsobjekte, die aus Platzgründen im Keller oder auf dem Dachboden verbleiben, Schriftstücke, die ihre Archive nie verlassen und Exponate, die Besucherinnen und Besucher kaum zu Gesicht bekommen, weil die Sammlungen zu groß sind, als dass sich alles zeigen ließe.

Gewinnerteams und Jury vereint auf der Bühne, Coding da Vinci Süd. Bild: Diane von Schoen. Lizenz CC-BY 4.0

Freie Daten für ein digitales Zeitalter

Und dabei ließen sich so viele schöne Dinge damit machen…man könnte die Daten für das digitale Zeitalter auf eine neue Art entdecken und auf innovative Weise kombinieren. Genau dieser Aufgabe stellten sich in einer sechswöchigen Sprintphase mehr als 120 Teilnehmende des Kulturhackathons, darunter auch eine Delegation aus Brasilien, Indonesien und Südafrika, ermöglicht durch eine Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut.

Aus den zur freien Nachnutzung zur Verfügung gestellten Daten von 31 Institutionen aus Bayern und Baden-Württemberg entwickelten 18 Teams ihre eigenen Projekte. Das regionale Coding da Vinci Süd-Team, u.a. Sybille Greisinger, die in der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern den Bereich Digitale Kommunikation leitet, und Dr. Kathrin Zimmer, Koordinatorin Bildung-Wissenschaft-Kultur im Zentrum Digitalisierung Bayern, unterstützte dabei.

Praxistest bestanden – Zeit für die Auszeichnungen

Das Publikum konnte nach der Vorstellung aller Projekte die Apps und Spiele ausprobieren und die teilweise sehr ausgefeilten Ansätze und grenzenlose Kreativität bewundern. Die Qualität der Projekte verdeutlichte das außerordentliche Potenzial der von den Institutionen zur Verfügung gestellten Daten.

Gewonnen haben eine Handyhüllen-App, eine Zeitreise durch die Münchner Wirtshausgeschichte – zum Nachkochen –, eine interaktive Installation der sogenannten Jesuitentafeln und die Theatergeschichte Stuttgarts – neu visualisiert.

Die renommierte Jury setzte sich aus Anja Müller (Koordination, digiS Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin), Effi Tramountani (Informatikerin und Vorstand, Ready to Code), Philipp Grammes (Journalist, Digitalchef Bayern 2), Fabrizio Palmas (Creative and Technical Director, straightlabs GmbH & Co. KG, fabriziopalmas.com) und Agnes Lison (Senior Art Director, AD Agli-Design) zusammen.

Die Fachleute aus den Bereichen Digitalisierung, Coden, Design und Medien beurteilten u. a. Nachnutzbarkeit, Kreativität und technische Umsetzung der Ideen und zeichnete Gewinnerinnen und Gewinner in vier verschiedenen Kategorien aus. Das Publikum verlieh den fünften Preis, “everybody‘s darling”.

Zeitreisen durch die Wirtshausgeschichte, eine “Boutique” zum Erstellen eigener Collagen und 162 Arten zu sterben

Die Gewinner der fünf Kategorien:

Most technical: Schmankerl Time Machine

Schmankerl Time Machine. Coding da Vinci Süd. CC-BY 4.0

Ein kulinarischer Streifzug durch die Wirtshäuser und Speisekarten der letzten 150 Jahre. Man kann sich selbst ein außergewöhnliches Menü zusammenstellen und die Rezepte sogar nachkochen!

Most useful hack: Linked Stage Graph

Linked Stage Graph. Coding da Vinci Süd. CC-BY 4.0

Linked Stage Graph bietet einen Ansatz, unterschiedliche Daten des Staatstheaters Stuttgart, bereitgestellt vom Landesarchiv Baden-Württemberg, so zu strukturieren und zu visualisieren, dass sie sowohl für technische Laien als auch für Expertinnen und Experten auf eine interessante und einfach zugängliche Art  erlebbar sind. Die verfügbaren Aufführungsmetadaten wurden aus einem proprietären XML-Format in Linked Data überführt und mit bestehenden Wissensgraphen, wie Wikidata und der Gemeinsamen Normdatei der Deutschen Nationalbibliothek verknüpft. Das Ergebnis ist der Linked Stage Graph, dessen Inhalte über einen öffentlich verfügbaren SPARQL-Endpunkt abgefragt werden können.

Best design: COVER.BOUTIQUE

Cover.Boutique. Coding da Vinci Süd. CC-BY 4.0

Diese App ermöglicht es, auf einer interaktiven Oberfläche Bilder unterschiedlicher Herkunft zu arrangieren, zu überlagern und zu manipulieren. COVER.BOUTIQUE lenkt den Blick aufs Detail. Der kreative Umgang mit historischen Kulturschätzen führt dazu, dass sich die Anwenderinnen und Anwender mit den Werken der Vergangenheit auseinandersetzen. Datengrundlage bieten verschiedene Museen und Institutionen aus dem In- und Ausland.

Funniest hack & “everybody’s darling – Der Publikumspreis”: 162 Ways To Die

One of the 162 terrible ways to die. Eine Jesuitentafel des Stadtmuseums Landsberg am Lech. Bild-Lizenz CC-BY 4.0 Stadtmuseum Landsberg am Lech

Die interaktive Installation erleichtert einem interessierten Publikum den Zugang zu den “Jesuitentafeln”, kleinformatige Kupferstiche, des Stadtmuseums Landsberg. Das Leben und Sterben ausgewählter Jesuiten wird modern und stimmungsvoll nacherzählt. Ein integrierter RFID-Reader liest die ID einer Jesuiten-Figur, platziert auf einem Podest, aus und die dazugehörige Geschichte beginnt. Abschließend wird der originale Kupferstich, der der Geschichte zugrunde liegt, auf dem Bildschirm eingeblendet.

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt

Christin Lumme, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Deutschen Spielearchivs der Stadt Nürnberg betont den Einfallsreichtum aller Teams: “Das Schöne ist, dass dabei der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind, es ist ein spielerischer Ansatz. Aber nicht immer muss dabei ein Spiel herauskommen.”

“Digitale Technologien haben keine Eigendynamik. Sie sind abhängig von unseren Entscheidungen. Wir verantworten diese Entwicklungen”, sagte Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, der Keynote-Speaker der Veranstaltung. Deshalb sei Coding da Vinci wesentlich. Über den Kultur-Hackathon und die Renaissance kam er zu Digitalisierungsbemühungen als Teil eines Selbstvergewisserungsprozesses, der die aktuelle Phase der Digitalisierung zu Recht präge. “Die Bedingungen für Wissenserwerb und Wissensgebrauch verändern sich massiv mit den digitalen Technologien.”

Fortsetzung folgt…

Coding da Vinci zeigt das große Potential offener Kulturdaten. Kulturinstitutionen und Bildungseinrichtungen stellen ihre Daten dauerhaft unter einer offenen Lizenz zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung. Auch die Ergebnisse werden unter einer offenen Lizenz zur weiteren Nachnutzung veröffentlicht, die Projekte des Hackathons können frei genutzt und weiterentwickelt werden.


Der Kultur-Hackathon Coding da Vinci wird von der Kulturstiftung des Bundes als gemeinsames Projekt der Deutschen Digitalen Bibliothek, des Forschungs- und Kompetenzzentrums Digitalisierung Berlin (digiS), der Open Knowledge Foundation Deutschland und Wikimedia Deutschland gefördert. Das Projekt unterstützt Kulturinstitutionen auf ihren ersten Schritten in Richtung Open Data.

 

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