GLAM on Tour – Die Beteiligten ziehen Bilanz
Ein Beitrag von Sina Wohlgemuth, Mitarbeiterin im Kulturbereich von Wikimedia Deutschland
Mit einem archäologischen Forschungsteam die Wege am Harzhorn abschreiten, auf denen sich einst Römer und Germanen erbitterte Kämpfe lieferten, sich das Synchrotron im Deutschen Museum in Bonn von seinem Miterfinder persönlich erklären lassen oder bei einer Fotoexkursion im historischen Fliesensaal des Schloss Caputh 7500 einzelne Motivfliesen erfassen – bei GLAM on Tour bekommen Wikipedianerinnen und Wikipedianer exklusive Einblicke und Hintergründe von Fachleuten der Kultureinrichtungen. Dabei steht das englische Akronym für Galleries, Libraries, Archives Museums und bezeichnet Aktivitäten an der Schnittfläche der Kultureinrichtungen zur digitalen Welt. Seit 2013 machte GLAM on Tour schon in zehn Städten Station. In manchen sogar zweimal. Insgesamt stehen zwölf Museen oder auch Bibliotheken und Kunstsammlungen mit der Wikimedia-Bewegung in Zusammenarbeit. Geschätzt dürften weit über 200 Freiwillige an den verschiedenen Stationen mitgearbeitet haben. Es entstehen neue Artikel für die Wikipedia, spannende Fotos bei Commons, und natürlich neue Kontakte – so soll ein Grundstein gelegt werden für stabile Beziehungen zwischen einer GLAM-Einrichtung und den Freiwilligen vor Ort.
Um diesen letzten Punkt der Kooperation zwischen der Wikimedia-Bewegung und den Kulturinstitutionen auszuleuchten, haben wir im Rahmen der Partizipationsphase zur Jahresplanung 2017 eine Umfrage gestartet. Ziel war es, zu erfahren, wie der Kontakt zwischen Wikipedianerinnen und Wikipedianern, den ehrenamtlichen Koordinierenden und den einladenden Kulturinstitutionen auch nach einer GLAM on Tour Veranstaltung ist und was sich die Beteiligten für eine Intensivierung der Zusammenarbeit wünschen. Die Umfrage ist dabei nicht als Evaluation des Formats zu verstehen, sondern als ein erstes Meinungsbild zur gemeinsamen Weiterentwicklung des Formats GLAM on Tour.
Ergiebiger Kontakt zwischen Kulturinstitution und Wikimedia-AktivenDie Umfrage konnte je pro Veranstaltung ausgefüllt werden, um differenziert anzugeben, wie der Kontakt bzw. die Zusammenarbeit nach der jeweiligen Station war. Insgesamt wurde die Umfrage 44 Mal ausgefüllt, davon sind 72,7% der Antworten aus der Perspektive von Teilnehmenden (32 Fragebögen), 15,9% aus der von ehrenamtlichen Koordinierenden (7 Fragebögen) und 11,4% von einladenden Kulturinstitutionen (5 Fragebögen). In über der Hälfte aller Antworten (52,3% ) geben die Beteiligten an, dass ein Austausch über die Veranstaltung hinaus fortgeführt wurde. So hatten alle Vertreter der Kulturinstitutionen noch Kontakt zu den Ehrenamtlichen und 85,7% der Koordinierenden haben sich noch mit den Kulturinstitutionen ausgetauscht. Zwischen Teilnehmenden und Kulturinstitutionen kam es in 37,5% der Fälle zu einem Austausch. Dies verdeutlicht, welch verbindende Rolle die ehrenamtlich Koordinierenden über die eigentliche Veranstaltung hinaus ausfüllen können. Knapp die Hälfte der Fälle wird die Möglichkeit, bei Bedarf die Zusammenarbeit zu intensivieren, als sehr gut eingeschätzt (45,5%), in gut einem Drittel (36,4%) als “gut”.
Und zu welchem Zweck wurde der Kontakt wieder aufgenommen bzw. weiterverfolgt? Viele der Beteiligten geben an, die gewonnen Kontakte zu nutzen, um weitere Veranstaltungen zu planen. So wünscht sich ein/e Teilnehmer/in: “Einfach noch mal, wir haben nur Bruchteile dessen geschafft, was gemacht werden könnte,” ein anderer schrieb: “Das nächste Schloss bitte.” In diesem Sinne sind nach Angabe der einladenden Kulturinstitution in Ratingen z.B. weitere Veranstaltungen auch bei anderen Häusern des Museumverbundes in Planung oder wie die Bundeskunsthalle in Bonn Kooperationen zu neuen Themen anvisiert. Auch auf fachlicher Ebene werde Expertise ausgetauscht. Ein Wikipedianer beispielsweise verweist auf eine Einladung für einen Vortrag beim Deutschen Museumsbund sowie für Vorträge von Veranstaltungen des Landschaftsverband Rheinland und des Verbandes Rheinischer Museen. Andere Wikipedia-Aktive erhielten im Nachgang an GLAM on Tour-Veranstaltungen Einladungen zu Konferenzen und weiterführenden Kooperationen im Bereich von Wiki-Projekten oder sie waren gefragte Gesprächspartner z.B. bei der Denkmalmesse in Leipzig, woraus sich wieder weitere Kontakte ergeben haben. Für viele Teilnehmende bleiben die erkundeten Museen oder Bibliotheken regelmäßige Besuchsorte. Auch geben sie an, weiterhin die kennengelernten Ansprechpersonen in den Kulturinstitutionen zu konsultieren, um Hintergrundinformationen für die Artikelarbeit zu bekommen. Wenn Teilnehmende keinen Kontakt mehr zu den Kulturinstitutionen hatten, lag dies zumeist an zwei Gründen. Entweder liegt das besuchte Museum zu weit entfernt vom Wohnort oder das Thema des Museums stimmt nicht mit der eigenen thematischen Spezialisierung überein. Manche gaben auch an, dass sie vielmehr die ehrenamtlichen Koordinierenden in der Funktion sehen, den Kontakt zu den Institutionen zu halten.
Wünsche und Pläne für die weitere Zusammenarbeit
Konkrete Wünsche und Pläne, wie die Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden könnte, beziehen sich vor allem auf Nachfolgeveranstaltungen und -formate. Neben den Ideen, kleinere KulTouren, Fotoexkursionen oder Schreibwerkstätten zu kommenden Ausstellungen zu organisieren, wird insbesondere der Wunsch nach weiterer Arbeit an Artikeln betont. Hierfür sollen unter anderem auch lokale Expertinnen und Experten aus den Institutionen oder angegliederten Vereinen mit einbezogen und zum selbstständigen Schreiben und Editieren befähigt werden. Auch Edit-a-thons oder Schreibwettbewerbe werden vorgeschlagen, um bei geringerem Organisationsaufwand mehr Artikel und neue Autorinnen zu gewinnen. Auch wünschen sich einige Teilnehmende noch mehr inhaltliches Feedback von den GLAM-Einrichtungen zu ihren Artikeln.
Als letzten Punkt erhoffen sich einige in der Umfrage eine Fortführung der Zusammenarbeit, z.B. im Rahmen von Sonderausstellungen. Auf der GLAM-Diskussionsseite wünschten sich einige Benutzer eine Museumsjahreskarte oder andere Vereinbarungen zum kostenlosen Eintritt als eine Möglichkeit. Der Wunsch zu einer längeren Zusammenarbeit scheint jedenfalls beidseitig zu sein. So schreibt eine Kulturinstitution: “Ich würde mir wünschen, wenn der Besuch von Wikipedianern bei uns zu einer festen Institution zur Begleitung von Sonderausstellungen würde.”
Fazit: GLAM on Tour als TüröffnerDie Umfrage hat gezeigt, dass mittels GLAM on Tour viele aktive Kontakte entstehen und sowohl Wikipedianerinnen und Wikipedianer als auch Kulturinstitutionen wissen, an wen sie sich wenden können zur Umsetzung ihrer Ideen. Denn genau darum geht es: Wissen zu teilen – inhaltlich über die Kulturgüter und methodisch über die Wikimedia-Projekte -, Inhalte zu befreien und letztlich GLAM-Einrichtungen als Teil der Wikimedia-Bewegung zu gewinnen. Wenn wir gemeinsam diese drei Aspekte kultivieren, können wir auch den viel genannten Wunsch realisieren, weiterhin gute Artikel und Bilder für die Wikimedia-Projekte zu generieren, die von vielen genutzt werden. Wer weiß, vielleicht heißt es dann auch mal “GLAM on Tour to the moon”?!
Weiterführende Links
Hintergrundinformation zu GLAM on Tour
Wikipedia-Projektseite GLAM on Tour
Der Kurzfilm zum GLAM on Tour Format
Toll, die Auswertung der Umfrage kann man wegen fehlender Zugriffsberechtigung nicht sehen. Ist das Ergebnis so mies ausgefallen oder hat dies einen anderen Grund?
Hallo Max Mustermann,
die Ergebnisse der Umfrage sind umfassend im Artikel dargestellt. Leider hatte ich beim Hochladen übersehen, dass die Zugangsvoraussetzung für die Umfrage sich auf Menschen beschränkt, die ein wikimedia.de Account haben, daran kann ich leider nichts ändern. Wenn es explizit gewünscht wird, können wir schauen, wie wir die Daten zugänglich machen können. Wo tauchen denn bei Dir konkret Nachfragen auf? herzlich bfisch