Wegen eines Brands bei der niederländischen Bahn war Utrecht nur schwer erreichbar, von 50 Angemeldeten kamen nur etwa 30-35. Das betraf einen der geplanten Referenten und vermutlich auch einige Preisträger. Nachdem es 2009 gar keine Wikimedia Conferentie gegeben hatte, war man diesmal mit einer Miniausgabe sowieso bescheidener. 2008 kamen noch etwa hundert Gäste.
Die alte Frage: Atomium ablichten, ist das erlaubt?
Zum Stammgast der Wikimedia Nederland avanciert Arnoud Engelfriet. Der Internetjurist sprach über die Fallstricke des Urheberrechts. Seit einer Gesetzesnovelle vor einigen Jahren heißt es, dass ein Kunstwerk auf einem Foto so gezeigt werden darf, wie es in der Öffentlichkeit da steht (“zoals het zich daar bevindt”). Das Standardbeispiel dafür ist die Erasmusbrücke in Rotterdam.
Aber, so Engelfriet, wenn man aus dem Bildhintergrund ein störendes Gebäude wegretuschiert oder der Brücke eine andere Farbe verpasst, dann entspricht man damit dem Satz im Gesetz nicht mehr. Die Werkintegrität, und damit das Urheberrecht des Architekten, ist dann verletzt.
Das Atomium in Brüssel darf man fotografieren – zumindest aus dem Weltraum, wie GoogleMaps das macht. Schließlich steht man dann nicht auf belgischem Grund und Boden, wo das Urheberrecht Fotos vom Atomium untersagt, weil keine Panoramafreiheit herrscht. Außerdem sind die Satellitenfotos von GoogleMaps rein mechanisch gemacht. Sie sind damit keine kreative Schöpfung. Warum steht darunter dann aber “Copyright Google”? Engelfriet: “Das hat jemand bei Google einfach so hinzugefügt, weil es cool aussieht.” Sie sind allerdings frei, genauso wie Fotos aus dem Passbildautomaten.
“Viel Wachstum ist nicht mehr zu erwarten”
“Ich hätte ihm noch zweihundert Fragen stellen können”, sagte ein junger Teilnehmer. Aber auch der zweite Hauptredner traf das Interesse der Wikimedianer ins Mark. Erik Zachte ist der chief analyst der Wikimedia Foundation, der seine Trends rond Wikipedia unter die Leitfrage stellte, ob wir einen Höhepunkt der Wikipedia-Beteiligung erreicht haben, oder ob es noch besser wird.
Allgemein spricht man von einem virtuous circle bei der Wikimedia, erklärt Zachte: bessere Inhalte führen zu mehr Lesern, mehr Leser führen zu mehr Mitmachern, und jene wiederum zu besseren Inhalten. Und am zweiten “führen zu” notierte Zachte sich ein Fragezeichen. Denn auch wenn Leserzahlen steigen, bleiben die Mitmacherzahlen seit 2007 sehr stabil. “Viel Wachstum ist nicht mehr zu erwarten.” Anders sieht es jedoch in Ländern wie Indien aus.
Der Fotograf Sebastiaan ter Burg arbeitet meist für Behörden oder Stiftungen. Seine Fotos veröffentlicht er unter einer freien Lizenz. Das erklärt er den Kunden, und die finden das meistens gut, weil es vieles so einfach macht.
André Kopal engagiert sich beim WikiProjekt über Windmühlen. Im Mai 2008 hat er damit angefangen, ein Tool für die Inventur und Struktur zu entwickeln. In Zukunft soll es eine entsprechende Datenbank geben.
Josq ist Promovendus und Wikipedianer, der an der Universität Leiden versucht, Experten für die Online-Enzyklopädie zu gewinnen. Das Unwissen von Kollegen und vor allem Studenten für grundlegende Regeln wie das Plagiatsverbot ist für ihn unbegreiflich. Einmal hat ein Student ihm eine interessante Hausarbeit vorgelegt, so Josq, der plötzlich begriff, dass er den Text selbst für die Wikipedia geschrieben hatte.
Ich selbst habe das Schulprojekt der Wikimedia Deutschland präsentiert. Das Interesse der Niederländer ist daran sehr groß, auch wenn die WMNL sich zunächst an Bibliotheken wendet.
Wettbewerb: konsequent enzyklopädisch
Hay Kranen präsentierte schließlich die Gewinner des Foto-Wettbewerbs Wiki loves monuments. Im September eingerichte Bilder von Reichsdenkmälern nahmen daran automatisch teil. Von 50.000 Reichsdenkmälern haben nun immerhin 8.000 ihre Fotos, insgesamt über 12.000 Fotos. Man konnte bei FlickR oder bei Wikimedia Commons hochladen.
Das Siegerfoto steht exemplarisch für die Auswahlpolitik der Jury. Nicht so sehr der technische oder ästhetische, sondern der enzyklopädische Wert stand im Vordergrund. Das Gebäude in Amsterdam aus dem 17. Jahrhundert dient heute als Laden. Alt und Neu stehen nebeneinander, und das Foto selbst ist mit dem Glühbirnen-Schlussverkauf und dem Herren in betont legerer Freizeitkleidung ein Dokument des Aufnahmezeitpunkts.
Die Wikiminiconferentie macht Lust auf mehr: Im Januar stehen bereits wieder einige Termine der Wikimedia Nederland an, und auch ein Thema für einen neuen Fotowettbewerb wird gesucht.