Die Anzahl gesprochener Artikel zu erhöhen, ist ein explizites Ziel des Kompass 2020. 2009 schwebten Tim und mir noch Radiostationen als Partner vor. Dann aber griff unser Fundraiser Till, nur wenige Wochen nach seinem Arbeitsbeginn bei Wikimedia Deutschland, das Thema Ende April 2010 unter dem Codenamen „Wikipedia auch mal hören“ auf. Till hat Erfahrungen im Bereich Barrierefreiheit gesammelt, als er seinen Zivildienst in der Blindenanstalt in Hannover leistete. Ich arbeite seit vier Jahren, zuerst als Forscher und jetzt als Berater, für Barrierefreiheit. Es war daher kein Zufall, dass wir uns sofort darauf einigten, als Kooperationspartner nur Organisationen aus diesem Bereich zu betrachten. Schnell fiel die Wahl auf die Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig (DZB). Durch ihre Größe und langjährige Erfahrung in der Produktion von Hörbüchern schien sie uns ideal. (Übrigens versteht die DZB unter Hörbüchern nicht gekürzte Hörbuchausgaben, wie sie auf dem Massenmarkt zu finden sind, sondern originalgetreu eingesprochene Ausgaben. Die Kunden wollen genau das hören, was man sonst selbst lesen würde.)
Durch meinen Arbeitgeber bestand bereits persönlicher Kontakt zum Leiter der DZB, Thomas Kahlisch. Das ist nicht überraschend, denn die „Szene“ der Blinden und Sehbehinderten ist überschaubar, auf themenspezifischen Veranstaltungen trifft man stets die „üblichen Verdächtigen“. Diese Verbindung machte ich mir zunutze und lies mich über E-Mail kurz vorstellen. Telefonisch gab ich Herrn Kahlisch wenige Tage später einen Überblick über unseren Plan, mehr Artikel einsprechen zu lassen. Er war sofort von der Idee begeistert und schlug ein persönliches Treffen in Leipzig vor. Das war Anfang Mai. Trotz der vollen Terminkalender von DZB- und Wikimedia-Mitarbeitern schaufelten wir einen Termin für den 11. Juni frei.
Till und Daniel vertraten unseren Verein und ich fuhr als Kontaktinitiator ebenfalls nach Leipzig. Wir wurden mit reichlich belegten Brötchen und viel Enthusiasmus begrüßt – selbstverständlich in der umgekehrten Reihenfolge. In dem Gespräch mit Herrn Kahlisch und drei seiner Mitarbeiter konnten wir viele Fragen klären, aber auch viele aufwerfen. Die Finanzierung war natürlich ein Thema, aber auch schon die inhaltliche Umsetzung und der zeitliche Rahmen. Die DZB-Mitarbeiter waren sofort in ihrem Element. Sie schlugen bspw. Workshops für Sprecher vor, noch bevor wir dies tun konnten, und sie demonstrierten uns die Funktionsweise eines Daisy-Hörbuchs. (Das ist ein nach Gliederung – Kapitel, Überschriften, Absätze, Seiten etc. – navigierbares Hörbuch.) Bereits bei diesem ersten Treffen einigten wir uns darauf, ein Pilotprojekt als Auftakt für eine langfristige Zusammenarbeit zu starten. Anlässlich der Woche des Sehens und des internationalen Tag des weißen Stockes sollten einige Artikel des Tages eingesprochen werden. Mit einem derartigen Testlauf können bspw. technische Probleme schnell erkannt und gelöst werden. Aber auch die Akzeptanz des Angebots durch die Leser und anschließenden Hörer lässt sich damit auswerten.
Nach dem Treffen lag die weitere Koordination des Projekts allein in den professionellen Händen der Geschäftsstelle, allen voran in Catrins. An mich als Vorstandsmitglied gingen noch einige Fragen und Bitten um Kommentare. Schon bald wurden Engagierte des Projekts Gesprochene Wikipedia in die Planung und Vorbereitung einbezogen. Die DZB bereitete sich intern ebenso vor. Die Ergebnisse unserer aller Zusammenarbeit werdet ihr nun bald hören. Seit Anfang September nimmt die DZB die Artikel des Tages für den gesamten Oktober mit professionellen Sprechern auf. Es war daher wichtig, dass die Liste der Artikel für diesen Monat etwas im Voraus feststand.
Den Wunsch, diese Aktion auf alle exzellenten und lesenswerten Artikel auszudehnen, haben schon jetzt einige geäußert. Diesen Wunsch teile ich, und er ist nicht unrealistisch. Gespannt müssen wir die Ergebnisse des Pilotprojekts abwarten und uns anschließend Gedanken über die Finanzierung machen. Ich bin überzeugt, dass gesprochene Artikel allen Lesern von Wikipedia einen tollen Mehrwert bieten und wir das Projekt deshalb weiterführen müssen.
Genießt ab 1. Oktober aber zunächst 31 neue eingesprochene Artikel. Ich danke der DZB und den Mitarbeitern unsere Geschäftsstelle für diese wunderbare Kooperation.
@Achim: stats.grok.se basiert auf den Rohdaten von dammit.lt/wikistats.
Ich hab mir mal die 24 Dateien vom 1. September heruntergeladen (1,8 GB, entpackt 5,5 GB)* und sie mit grep/sed ausgewertet. Bei den Aufrufzahlen von Artikel und Diskussionsseite komme ich auf ähnliche Ergebnisse wie stats.grok.se, daher gehe ich davon aus, dass die Aufrufzahlen korrekt sind :)
Bei der Datei komme ich auf nur 155 Aufrufe (im Vergleich: Artikel: 50k, Diskussion: 400).
Mir erscheint das sehr wenig. Es kann gut sein, dass nur Aufrufe der Dateibeschreibungsseite gezählt werden, d.h. wenn ein Benutzer auf “Informationen” klickt. Dies würde auch erklären, warum Dateien nicht in die Statistik von stat.grok.se aufgenommen werden, weil diese Zahl natürlich verwirrend ist.
Eine andere Möglichkeit zur Bestimmung der Statistiken von Dateien ist mir nicht bekannt.
* die gibts auch auf dem Toolserver, wie ich jetzt herausgefunden habe. Hinterher ist man immer schlauer…
@CoE: der Index sagt mir nüscht – kannst du herausbekommen, wie oft die gesprochene Version von http://de.wikipedia.org/wiki/Ottos_mops am 1. September aufgerufen wurde?
@Achim: Wenn ich das richtig sehe, sind in den Wikistats auch Files enthalten: http://dammit.lt/wikistats/
Hallo Frank, wenn du eine Ahnung hast, wie sich Aufrufzahlen einzelner Dateien ermitteln lassen – her damit. Erste vorsichtige Nachfragen ergaben, dass wir leider nur Seiten zählen können (stats.grok.se), nicht jedoch die Dateiaufrufe einzelner Hördateien.
Der erste Schritt wird wohl eine Validierung der Erfahrungen: Taugen unsere Texte zum Einsprechen, wo sind die Probleme (Länge, Textstruktur etc.) und was müssen wir tun, um sie abzustellen. Von seiten der Community besteht nach meinem Dafürhalten kein Problem, das gesamte Projekt Gesprochene WP wurde ja in den letzten Jahren sehr wohlwollend integriert und auch diesmal war es kein größeres Problem, den notwendigen Vorlauf mit dem AdT-Team abzustimmen, obwohl dort normalerweise bis zum letzten Tag um die Artikel für die Hauptseite diskutiert wird.
Dem Dank an das Team der DZB möchte ich mich anschliessen (Leiter, Sprecher, technische Orga etc.) – bislang lief die Kommunikation sehr gut und ich bin gespannt auf die ersten Texte; einen Dank an Maria, Till, Daniel und Catrin möchte ich zufügen, da das Ganze ohne dieses Team gar nicht realisierbar gewesen wäre.
Das hört sich spannend an. Wisst ihr schon, woran ihr den Erfolg des Projektes messen werdet? Wird es bspw. Statistiken darüber geben, wie oft die Sounddateien abgerufen wurden?