Die zweite Runde des Kultur-Hackathons Coding da Vinci, der 2014 von Wikimedia Deutschland, der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Servicestelle Digitalisierung und der Open Knowledge Foundation Deutschland ins Leben gerufen wurde, lockte am vergangenen Wochenende nicht nur Programmiererinnen und Programmierer zu Wikimedia, die Ideen für offene Kulturdaten entwickeln möchten, sondern auch mehr als doppelt so viele Kulturinstitutionen, die ihre Datensätze unter freier Lizenz zur Verfügung stellen, als im letzten Jahr.
“Digital ist besser” – Auch für Kulturinstitutionen
Tim Renner (u.a. Autor “Digital ist besser”) eröffnete den Kick-off mit Verweis auf die hitzige Debatte um die kommende Intendanz des Tate Gallery-Direktors Chris Dercon an der Berliner Volksbühne. Die Befürchtungen, dass eine Frischzellenkur (Renner kündigte eine digitale Bühne für Berlin an) die Theaterbastion zur Eventbude verflachen lassen könnte, verglich er implizit mit den Vorbehalten gegen die digitale Erschließung des Kulturguts, das in unzähligen Archiven und Depots vor sich hinschlummert.Genauso, wie es Zeit für die Erneuerung des Theaters sei, brauche die gesamte Kulturlandschaft mehr Bewusstsein für die vernetzte Gesellschaft, in die sie zunehmend eingebettet ist. Die Potenziale des Digitalen müssten mitgedacht und mitgemacht werden, im Theater, in den Museen, Archiven und Bibliotheken. Wie gut, dass Coding da Vinci genau das befördern möchte.
Datenschätzen spielerisch neue Ideen einhauchen
Kulturinstitutionen aus ganz Deutschland stellen hier Datensätze unter freier Lizenz zur Verfügung, die von Codern, Geisteswissenschaftlerinnen, Historikern, anderen Kulturinstitutionen – potenziell allen – genutzt, weiterentwickelt, mit anderen Daten kombiniert werden können. So entstehen faszinierende Beispiele dafür, was auch für das eigene Haus möglich wäre, wenn das digitalisierte Kulturgut für neue Ideen geöffnet wird. Die Ergebnisse sprechen für sich. (Hier die Gewinner-Projekte aus dem letzten Jahr).
“Beschränkt euch nicht, denkt nach vorne!”, befeuerte Renner die Aufbruchstimmung zum Start des Programmierwettbewerbs. Und das sollte nun wirklich kein Problem sein. Wenige Stunden später waren bereits die ersten Projektideen auf dem Coding da Vinci-Hackdash, einem digitalen schwarzen Brett, eingetragen.
Schlange stehen für offene Kulturdaten – One Minute Madness
Bei der Daten-“One-Minute-Madness” stellte am Vormittag jede Kulturinstitution in einer Minute(!) ihre Datensätze vor – und hoffte dann auf das Interesse der Teilnehmenden, gemeinsam etwas aus den Daten zu entwickeln. Wie auf einer Speisekarte konnte man sich im Anschluss an diese Datenpitches aussuchen, welche Kulturdaten man besonders interessant findet und mehr wissen möchte. Sollen es die Stoffmuster der HTW sein, die Patente aus dem 19. Jahrhundert des Landesarchivs Baden-Württemberg, Maya-Handschriften der Slub Dresden oder doch die Plakatmotive des Grips-Theaters? In vertiefenden Workshops haben die Teilnehmenden dann Näheres zu den technischen Details und Schnittstellen der Datensätze von Experten aus den jeweiligen Institutionen erfahren. Ein Pfiff – nach 15 Minuten musste zur nächsten Station gewechselt werden. Daneben zeigte eine ganze Wand Plakate, auf denen man sich die Datensätze in Galerieansicht anschauen und sich so schnell ein visuelles Bild der Datenschätze machen konnte.
Weshalb sind Patentanträge aus dem19 Jhd vom landesarchiv Baden-Württemberg so interessant – bei #codingdavinci? pic.twitter.com/ehlyBYWzvd
— Andreas Job (@AndreasJob) April 25, 2015
Wikidata bietet offene Datenbestände und viele Möglichkeiten
Am zweiten Tag gab es die Auswahl zwischen verschiedenen Workshops, die etwa Beratung für Fördermöglichkeiten von Projektideen anboten oder die API der Deutschen Digitalen Bibliothek erklärten. Das Wikidata-Team von Wikimedia Deutschland informierte über die Möglichkeiten, mittels API strukturierte Daten von Wikidata abzufragen. Diese Daten können dann mit bestehenden Kulturdatensätzen kombiniert werden – ein riesiges Potenzial für die Dimension der Anwendungen, die aus freien Kulturdaten entstehen können. Wer mehr über die Möglichkeiten des Datenzugriffs erfahren will, kann sich auf dieser Seite informieren.
“Wir haben Bestände unter freie Lizenz gestellt, um bei Coding da Vinci mitmachen zu können.”
Das große Interesse und die anregende Stimmung, die sich wie im letzten Jahr sofort verbreitete, brachte beide Seiten, Kulturinstitutionen und Kreative, an den zwei Tagen wie von selbst zueinander, und darüber hinaus. “Um bei Coding da Vinci mitmachen zu können, haben wir unsere Bestände unter CC-BY-4.0 gestellt”, verriet ein wissenschaftlicher Mitarbeiter einer der Institutionen am Rande. Nun haben die Teilnehmenden 10 Wochen Zeit, an den schon angefangenen Projekten zu arbeiten oder neue zu entwickeln. Am 5. Juli werden die Ergebnisse im Jüdischen Museum präsentiert und von einer Jury in verschiedenen Kategorien ausgezeichnet. Wir sind sehr gespannt, welche Apps, Spiele oder Anwendungen entstehen!
Webseite von Coding da Vinci – Der Kulturhackathon
We also recommend Mark Fonsecas podcast: http://www.podcastchart.com/podcasts/source-code-berlin-mp4-audio/episodes/coding-davinci-a-new-approach-to-culture-data