Geantwortet haben innerhalb der gesetzen Frist die Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. (CSU), FREIE WÄHLER Bayern (FREIE WÄHLER), Freie Demokratische Partei (FDP), DIE LINKE (DIE LINKE), Piratenpartei Deutschland (PIRATEN), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE), DIE REPUBLIKANER (REP) und die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). Wenn gewünscht, haben wir auf Nachfrage zusätzliche Tage für die Beantwortung der Wahlprüfsteinfragen eingeräumt, davon haben zwei Parteien Gebrauch gemacht.
Wie in einem früheren Blogeintrag geschrieben, sind die Fragen zur Bayerischen Landtagswahl identisch zu den Wahlprüfsteinfragen, die wir am Anfang des Jahres nach Niedersachsen und quasi zeitgleich mit Bayern an die hessischen Parteien geschickt haben. Damit haben wir zum ersten Mal drei Bundesländer mit drei im gleichen Kalenderjahr stattfindenden Landtagswahlen und vergleichbarer Ausgangslage. Es galt, je zwei Fragen aus fünf Themenbereichen zu beantworten, von denen eine eher allgemein gehalten und eine andere möglichst konkret formuliert war. Im Einzelnen:
Open Data:
Auf den ersten Blick handelt es sich hier um einen der seltenen Fälle von parteiübergreifendem Konsens. Alle Parteien sprechen sich für Open Data, für Open Data Portale und die Freigabe von Inhalten der Verwaltung aus. Die Unterschiede liegen im Detail und haben es in sich. Je nach Antwort haben die Principles of Open Government und die darin enthaltenen Mindestanforderungen an Open Data nur Empfehlungscharakter oder es gibt eine “grundsätzliche Zustimmung”, “finden Berücksichtigung” oder “sind zu überprüfen”. Wir wissen aus der Praxis, dass es massive Interessen zur Verwässerung des Begriffes Open Data gibt und spätestens bei der Umsetzung konkreter Portalvorhaben am Ende eine Reihe von Datensätzen mit Open-Data-unfreundlichen Lizenzbedingungen veröffentlicht werden. Das Open Data-Portal der Bayerischen Staatsregierung mit seinen derzeit 46 Datensätzen ist ein solches Beispiel für Verwässerung, ein großer Teil der dort präsentierten Datensätze ist nicht unter Lizenzbedingungen veröffentlicht, die für Open Data geeignet sind. Unsere zweite Frage bezog sich darum konkret auf solche Datensätze, die insbesondere aus lizenzrechtlichen Gründen nicht frei nutzbar sind. Ein Teil der Antworten hat diese Frage entweder nicht beantwortet (CSU), nicht verstanden oder bezieht sich auf völlig andere Fragen wie z.B. den Einsatz von Linux an Arbeitsplätzen in der Öffentlichen Verwaltung.
Lizenzpolitik Staatlicher Werke:
Frage 3 bezieht sich auf alle staatlichen Werke, die nicht schon wegen §5 Urheberrechtsgesetz gemeinfrei sind. Dies ist der überwiegende Teil aller vom Staat produzierten Werke. Wenn ein Werk nach §5 UrhG gemeinfrei ist, kann es bereits von jedermann beliebig nachgenutzt werden, eine Lizenzierung z.B. unter einer Creative Commons-Lizenz ist überflüssig. Aus diesem Grund ist die Antwort der FDP, man wolle die Verwendung von Freien CC-Lizenzen ermöglichen, soweit es die gemeinfreien Inhalte betreffe, in dieser Form wenig plausibel. Auch die CSU spricht in ihrer Antwort zu 4 von der Einräumung von Nutzungsrechten an gemeinfreien Werken. Die meisten Parteien sprechen sich in dieser Frage für eine Lizenzierung (unter CC) aus, einige Parteien benennen konkret solche CC-Lizenzen, die für freie Inhalte geeignet sind. Den ersten handfesten Dissens gibt es bei unserer Frage 4 zur Reform des §5 UrhG. Die FDP hält den §5 UrhG in seiner bestehenden Form für ausreichend, ebenso die CSU – die sich aber einer Disksusssion “im Zusammenhang mit einer allgemeinen Neugestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter” nicht verschließen will. SPD und Freie Wähler wollen dies prüfen, die Linke, die Piraten, die ÖDP und die Republikaner bejahen die Frage. Bündnis 90/Die Grünen in Bayern prüfen derweil noch, wie sie auf diese Frage antworten sollen.
Lizenzpolitik im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk:
In der fünften Frage geht es um die Lizenzierungspraxis an Inhalten des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine klare Ablehnung gegen freie Lizenzen kommt hier von der FDP mit dem Verweis auf die Remonetarisierungspflicht der Sender. SPD, Freie Wähler, Grüne, Linke, Piraten und ÖDP sprechen sich – zum Teil sehr unterschiedlich stark – für die freie Lizenzierung zumindest bei den selbstproduzierten Inhalten oder bestimmten eingekauften Produktionen aus. Die Republikaner unterstellen beleglos, dass die Verwendung von CC-Lizenzen nicht möglich sei, während der Text der CSU erst gar nicht auf die Frage eingeht und demnach auch keine Antwort enthält. Immerhin will man dort einen qualitativ anspruchsvollen und vielfältigen Öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Unsere Frage nach Abschaffung der Depublikationspflicht (die über einen neuen Rundfunkstaatsvertrag möglich ist) polarisiert wiederum stark: Die FDP ist gegen das Ende der Depublikation, SPD, Grüne, Freie Wähler, Linke, Piraten, REP und ÖDP für die Abschaffung. Die CSU möchte gerne überprüfen, ob es noch zeitgemäß ist, dass Inhalte teilweise nur bis zu sieben Tage nach der TV-Ausstrahlung im Internet abgerufen werden können.
Transparenzgesetz:
Mit Ausnahme der CSU befürworten alle Parteien die Schaffung eines Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetzes, von Seiten SPD, Freien Wählern und Grünen gab es hier in der endenden Legislaturperiode bereits entsprechende parlamentarische Initiativen mit konkreten Formulierungen zu unseren Fragen. Auch zur Frage der Einräumung von Nutzungsrechten bei freigegebenen Dokumenten nach Hamburger Vorbild gibt es – mit Ausnahme von CSU und REP – Zustimmung in abgestufter Form.
Arbeit mit Werken unter Freier Lizenz:
Unsere OER-Frage wurde von der FDP als Einladung verstanden, einmal grundsätzlich das Thema Medienbildung und IT-gestützer Unterricht zu thematisieren. Wir fragten hingegen konkret, ob sich eine künftige Landesregierung in Bayern an dem im rot-grünen NRW-Koalitionsvertrag formulierten OER-Modellversuch zur Schaffung von frei lizenzierten Lernmitteln beteiligen wird. Ein einfaches Ja gibt es hier von Grünen, Linken und der ÖDP, konkrete Zustimmung zu OER von den Piraten und der SPD.
In der letzten Frage ging es uns um den Bereich der Geodaten und die Frage nach geeigneten Lizenzen, die Mehrheit der Antwortenden befürwortet (freie) Creative Commons-Varianten.
Fazit
Die Menge und Qualität des Rücklaufs ist äußerst zufriedenstellend und die Antworten der Parteien zeigen auf, dass es für die kommenden Jahre, durchaus egal in welcher konkreten Regierungskonstellation, möglich ist, die Situation im Umgang mit staatlichen Werken zu verbessern. Die Details sind hierbei entscheidend.