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Die WMF-WWM-Verschwörung

WMDE allgemein

3. Februar 2008

WMF = Wikimedia Foundation (Betreiber der Wikipedia)

WWM = Wer wird Millionär? (bekannte TV-Quiz-Show)

RTL nennt es “einen einzigartigen Abend bei Wer wird Millionär?“, in der Wikipedia ist es “business as usual”.

Am 1. Februar verfolgt ein großer Teil der deutschen Fernsehnation gespannt, wie Gabriele Weber bei Günther Jauch bis zur 500.000-Euro-Frage durchmarschiert. Sie war schon dreimal erfolglos in der Auswahlrunde, hatte dafür aber bei ihrem vierten Anlauf am Freitag die gesamte Sendezeit zur Verfügung.

Die Kandidatin beantwortete alle Fragen bis zur 125.000-Euro-Frage ohne auf einen der vier Joker der Risikovariante zurückzugreifen. Hier erst zog sie ihren 50:50-Joker, obwohl sie schon zuvor die Antwort richtig erläutert hatte. Die folgende 500.000-Euro-Frage lautete schließlich:

“In welcher Stadt befindet sich das Generalsekretariat von Interpol?”

A: Palermo

B: Utrecht

C: Lyon

D: Zürich

Ohne Hilfe konnte Frau Weber diese Frage nicht beantworten. Von ihren drei verbleibenden Jokern wählte sie zunächst den erweiterten Publikumsjoker. Nur ein Zuschauer aus dem Publikum traute sich eine Antwort zu – Utrecht. Da er sich nicht zu 100 Prozent sicher war, sollte ein Telefonjoker weitere Hilfe geben. Dieser musste jedoch bei der Frage passen. So kam auch noch der Publikumsjoker zum Einsatz, der folgendes Ergebnis brachte:

A: 1 % (Palermo)

B: 50 % (Utrecht)

C: 9 % (Lyon)

D: 40 % (Zürich)

Obwohl der sehr hohe Prozentsatz der Antwort D (Zürich) ins Auge fiel, entschied sich die Kandidaten zu passen und mit 125.000 Euro das Spiel zu beenden. Daraufhin beglückwünschte Herr Jauch Frau Weber, aber vor der spannenden Auflösung der Frage wurde gegen 21:00 Uhr ein Werbeblock geschaltet, so dass die Fernsehzuschauer die Möglichkeit hatten, die richtige Antwort per SMS-Gewinnspiel abzugeben. Auf diese Weise lassen sich zwar nicht 500.000-Euro, aber immerhin 5.000 Euro gewinnen.

Bis hierhin hatte das Ganze nichts mit der Wikipedia zu tun. Nun hat sich aber herumgesprochen, dass man den einen oder anderen Fakt doch ganz gut in der Online-Enzyklopädie recherchieren kann :-). Und dies wird auch gerne bei Gewinnspielen getan.

Während die korrekte Antwort bereits seit 2004 im Artikel Interpol zu finden war, wurde sie – um 21:00 Uhr – von einem nichtangemeldeten Besucher auf “Utrecht” geändert. Diese Änderung wurde eine Minute später revertiert. Um 21:05 wechselte der angebliche Sitz erneut zu “Utrecht”, eine Minute später zu “Berlin”. Daraufhin folgte ein Revert, danach war “Zürich” an der Reihe. Nach “Penisland”, Grüßen an alle Wer-wird-Millionär?-Seher und einigen weiteren Änderungen wurde der Artikel um 21:10 schließlich revertiert und halbgesperrt, so dass er für nichtangemeldete Benutzer nicht mehr bearbeitbar war.

Obwohl die falsche Antwort “Utrecht” insgesamt nur etwa zwei Minuten im Artikel stand (eine Minute davon mit kleinem ‘u’), wurde er in dieser Zeit von einer Vielzahl Menschen aufgerufen. Zum einen von interessierten RTL-Zuschauern, die für sich selbst gerne eine Antwort haben wollten, zum anderen aber natürlich auch von Teilnehmern des SMS-Gewinnspiels. Vielen dieser Personen ist die Funktionsweise der Wikipedia augenscheinlich nicht bekannt…

Anbei ein kleiner Auszug von Mails, die uns erreicht haben:

gestern wurde im Verlauf einer Fernsehsendung (Wer wird Millionär,RTL). kurzfristig der Standort des Generalskretariats Interpol, von Lion auf Utrecht geändert!!

Ich vermute eine Zusammenarbeit mit Ihnen und dem Sender RTL, da es um eine Menge Geld ging. Ich perönlich halte das für Betrug und werde aus diesem Grund Ihre Plattform nicht mehr aufsuchen.

Leider mußte ich feststellen, das man sich nicht auf eure Informationen verlassen kann. Es geht um eure Information in Bezug auf den Sitz von Interpol. Ich habe bei “Wer wird Millionär” auf Grund eurer Info, 0,50 Cent,ausgegeben um dann festzustellen das es eine falsche Information von eurer Internetseite ist. Da stand Utrecht und nicht Lyon. 2 Minuten später stelle ich fest, das ihr die Seite geändert habt, weil ihr Mist gebaut habt. Zwar gut für die anderen die zukünftig auf eure Seite gehen, aber enttäuschend für mich, weil ich mich auf eure InfoŽs verlassen habe. Ich weiss zwar nicht ob euch das wirklich interessiert,aber ich fühle mich verarscht.

Auf der Diskussionsseite des Artikels wurde vermutet, dass Mitarbeiter von RTL diese Änderung absichtlich vorgenommen haben um Telefonjoker zu irritieren. Dies ist nicht möglich, da die Sendung im Vorfeld aufgezeichnet und nicht live gesendet wird. Die Argumentationsstruktur lässt sich dadurch aber nicht stören:

ich weiß zwar nicht, wie man eine “Falschmeldung” so ohne Weiteres einfügen kann;aber dann ist es wohl auch möglich,das es ein Mitarbeiter von RTL war. Ich meine die Sendung läüft um einen Tag zeitversetzt, demzufolge sind auch Zuschauer und Telefonjoker live dabei.

Fall`s man sich zum manipolieren “einlocken” muss, werden Sie das sicherlich ,in Ihrem eigenen Interresse, rausfinden.

Wenn Sie es überhaupt wollen??

Schlussfolgerung: Wir haben noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Ach, bevor ich es vergesse. Die richtige Antwort ist tatsächlich Lyon. Die Weisheit der Vielen hat hier versagt.

  • In Bezug auf Christian Wirth | 3. Februar 2008 um 20:03 :

    Dank Google habe ich Interpol in 3 Sekunden gefunden. (Also inklusive neuen Tab öffnen, interpol eintippen und auf das Ergebnis warten.) Dank der hohen Bekanntheit hat die Wikipedia meistens ja auch ein sehr hohes Ranking (hier Platz 2) so daß man sie auch meistens ohne scrollen sofort findet.

    Gruß, Bodo

    Kommentar von bothie am 15. Mai 2008 um 11:56

  • Die Verschwörungstheoretiker vergessen einen wichtigen Punkt: Was hätte RTL davon, die falsche Lösung in den Artikel zu stellen – wenn es um das SMS-Gewinnspiel geht? Klar, wer die falsche Antwort gefunden hat, hat dann keine Chance, zu gewinnen, aber irgendeiner bekommt die 5000 Euro (oder wieviel das immer ist) ja trotzdem. Nützen könnte es höchstens dem, der die richtige Antwort kennt und seine Konkurrenz ausschalten will.

    Kommentar von Dapete am 4. Februar 2008 um 10:47

  • Dass die Sendung nicht “live” ist, stimmt. Allerdings ändert das nichts daran, dass trotzdem RTL-Mitarbeiter die Änderung durchgeführt haben könnten; schließlich leben die in der gleichen Zeitlinie wie potentielle Anrufer/SMS-Voter und könnten die Änderung zum Ausstrahlungszeitpunkt durchführen.

    Auch könnte damit natürlich – jetzt zum Zeitpunkt der Aufnahme – der “echte” Telefonjoker beeinfluss werden. Aber ehrlich: wer außer (uns) Hardcore-Wikipedisten kann in 30 Sekunden der Frage lauschen, den korrekten Artikel finden und dann noch die Frage beantworten?

    Kommentar von Christian Wirth am 3. Februar 2008 um 20:03

  • Eine sinnvolle Idee – die auch schon testweise umgesetzt wurde. Eine Ampel zeigt über dem Artikel an, wann der Artikel das letzte mal editiert wurde (rot = in den letzten 5 Minuten, gelb = in der letzten halben Stunde, …). Ich glaube das gibt es sogar als fertige MediaWiki-Extension. Wurde jedoch nie live geschaltet.

    Das Problem sollte mit Einführung der stabilen Artikelversionen erledigt sein. Die kommt… bald :-)

    Kommentar von avatar am 3. Februar 2008 um 19:14

  • Vielleicht könnte die folgende Änderung das Ganze ein wenig deutlicher machen: Über und unter jedem Artikel steht ein Hinweis: „Zuletzt geändert am 1.1.1970, 12:34 von einem Gast. Änderungen anzeigen.“ bzw. „… von einem angemeldeten Nutzer …“.

    Wenn in kurzer Zeit sehr viele Änderungen stattfinden, dann könnte eine Warnung über den Text gesetzt werden. Wenn innerhalb einer kurzen Zeit mehr als x Änderungen rückgängig gemacht wurden, dann auch eine entsprechende Warnung – wobei x sicherlich maximal 3 betragen sollte, eher 2.

    Kommentar von Alvar am 3. Februar 2008 um 19:08

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