zur Artikelübersicht

Konferenz

Fünf Tage geballte Wiki-Power – Das war die Wikimania 2024

Die jährliche internationale Wikimania-Konferenz hat Anfang August in Kattowitz, Polen, die Herzen der weltweiten Wikimedia-Community wieder höher schlagen lassen! Insgesamt 2300 ehren- und hauptamtliche Wikimedianer*innen aus 143 Ländern haben sowohl online als auch vor Ort die Welt des Freien Wissens gefeiert, Vorträge gehalten, Workshops veranstaltet und neue Ideen und Kollaborationen erdacht. Es war gut und viel – Zeit für einen kleinen Rückblick.

Zarah Ziadi

22. August 2024

Dieses Jahr ist also Kattowitz die Gastgeber-Stadt der Wikimania geworden – einst ein wichtiger Industrieknotenpunkt Polens, ist sie heute zu einem wichtigen Kultur- und Bildungszentrum geworden. Erst in diesem Jahr ist sie von der Organisation EuroScience in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission als Wissenschaftsstadt ausgezeichnet worden. Ein perfekter Ort für die Wikimania, auf der viele Projekte vorgestellt wurden, die sich ebenfalls mit Bildung, Kultur und Wissenschaft auseinandersetzen. Ein perfekter Ort war auch das internationale Kongresszentrum: groß, modern aber auch ein bisschen gemütlich. In Kombination mit dem fantastischen Design von Kasia Ostrowska, das viele folkloristische Elemente der CEE (Central East Europe) Region aufgriff, macht sich schnell ein Gefühl des Nachhausekommens breit – die Wikimania heißt ihre Gäste seit einigen Jahren mit liebevollen Visuals willkommen.

Und das ist auch gut so, denn die über 1000 Teilnehmenden vor Ort haben viel Zeit innerhalb des Kongresszentrums verbracht – das Angebot an Beiträgen, Präsentationen und Workshops war riesig! Wem es zwischendurch zu viel wurde, der konnte sich in Ruheräumen eine Verschnaufpause gönnen oder seine Synapsen mit Süßigkeiten aus aller Welt verwöhnen – es ist eine Tradition auf der Wikimania, dass die Teilnehmenden Leckereien mitbringen, die typisch für ihr Herkunftsland sind.

Auf der Wikimania 2024 gibt es Süßigkeiten aus aller Welt.
Auf der Wikimania 2024 gibt es Süßigkeiten aus aller Welt.

Das Motto: Collaboration of the Open

Das Motto der Wikimania lautete in diesem Jahr „Collaboration of the Open“ (Kollaboration des Offenen). Im Fokus stand das Ziel, dass sich Organisationen mit offenen Konzepten (etwa Open Source, Open Data, Open Science) stärker vernetzen. Entsprechend wurden auch explizit externe Teilnehmer*innen aus Open-Communitys eingeladen und es lag ein besonderer Schwerpunkt auf Beiträgen zu diesem Thema. Dass zum Beispiel die Öffnung von Forschungs-Daten beim Klimaschutz helfen kann, wurde in dem Seminar „Open as prerequisite to tackle climate crisis“ verdeutlicht. Auch der Workshop „Strengthening Wikimedia Collaborations with and for Open Science“ sollte die Open Science Community stärker mit der Wiki-Community verbinden und die Arbeit von Forschenden erleichtern. Ganz weit vorne bei der Kollaboration offener Konzepte war wieder der offene Datengraph Wikidata dabei – das Projekt zielt seit einiger Zeit verstärkt darauf ab, die eigenen Datensätze für gemeinnützige Software Anwendungen bereitzustellen.

Die Wiki-Zukunft fest im Blick

Stark vertreten waren Themen, die aktuell einen großen Einfluss auf die Zukunft der Wikimedia-Welt haben. So wurde unter anderem in einem Panel ein Überblick darüber gegeben, wie KI-Tools in den Wikimedia-Projekten zum Einsatz kommen, um die Arbeit der Freiwilligen zu erleichtern. In einem anderen Beitrag stellte die Organisation Public AI Network vor, wie sich gemeinwohlorientierte generative KI verwirklichen lässt.

Wikimedia & GenAI: Im Panel wird erörtert wie KI-Anwendungen die Community bei ihrer Arbeit unterstützen können.
Wikimedia & GenAI: Im Panel wird erörtert wie KI-Anwendungen die Community bei ihrer Arbeit unterstützen können.

Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Desinformation. In einem Vortrag wurden die Teilnehmenden von Vertreter*innen der Organisation DEMAGO darüber informiert, welche Tools und Tricks sie einsetzen können, um Falschmeldungen zu enttarnen. Zum Beispiel lässt sich mit dem AI or not-Detection Tool herausfinden, ob ein Bild oder eine Stimme durch KI erstellt wurde. Mit Google Lens oder TinEye lässt sich der wahre Ursprung oder Kontext eines Bildes überprüfen, auch wenn es digital nachbearbeitet wurde. Ein besonderer Trick wurde mit dem Tool SunCalc gezeigt: Damit lässt sich der Sonnenstand eines Bildes überprüfen und der wahre Zeitpunkt der Aufnahme feststellen.

Ein weiteres Thema, bei dem Desinformation eine Rolle spielt, stellt der aktuelle Krieg in der Ukraine dar. In einem Seminar wurde über die Wichtigkeit der ukrainischen Wikipedia als Bastion gegen Falschmeldungen berichtet, aber auch darüber, wie der Krieg die Arbeit der ehrenamtlichen Autor*innen einschränkt. Stromausfälle und für den Krieg eingezogene Freiwillige sind zwei solcher Beispiele.

Ebenfalls relevant für die Zukunft des Wikimedia Movements sind die Gewinnung neuer Freiwilliger und die Herausforderungen generationenübergreifender Zusammenarbeit. Auch mit aktuellen und zukünftigen Lese- und Nutzungsgewohnheiten von User*innen wurde sich auseinandergesetzt. Die Wikimedia Foundation hat dazu beispielsweise einen Vortrag zu ihrem Projekt “Future Audiences” gehalten. Hier werden in kurzer Zeit Tools entwickelt, hochskaliert, getestet und Erkenntnisse dazu gewonnen, wie User*innen weiterhin die Wikipedia nutzen und zu ihr beitragen können. Jüngst wurde eine KI-basierte Erweiterung für den Browser Chrome entwickelt, die es ermöglicht, eine im Internet gefundene Information bei Wikipedia zu prüfen. Die Ergebnisse befinden sich derzeit noch in der Auswertung.

Ein Fest der Preisverleihungen

Einen besonderen Höhepunkt gab es bei der Eröffnungszeremonie: die Verleihung des Wikimedian of the Year Awards! Wie jedes Jahr hat auch wieder in diesem Jahr Wikipedia-Gründer Jimmy Wales die Auszeichnung persönlich überbracht. Worüber wir uns sehr freuen: Unter den sieben Preisträger*innen befindet sich in diesem Jahr Martin aus der deutschsprachigen Community, auch bekannt als DerHexer. Er wurde für seinen langjährigen Dienst als Wikimedia Steward seit 2007 geehrt, der eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung globaler Communitys und der Verbesserung der technischen Infrastruktur von Wikimedia spielt. Es gibt weltweit nur 33 Stewards, die Admin-Rechte für alle internationalen Wiki-Projekte haben und damit eine besondere Verantwortung haben.

Zu den weiteren Ausgezeichneten gehören unter anderem Clovermoss, die mit 21 Jahren als jüngste Wikimedianerin ausgezeichnet wurde, und Caner Özyayıkçı, der für seine außergewöhnliche, kulturell verbindende Grafikdesign-Arbeit als Medienschaffender des Jahres geehrt wurde. Mit den Awards werden sowohl die sichtbaren als auch die hinter den Kulissen geleisteten Anstrengungen der Wikimedianer*innen gewürdigt. Hier lässt sich mehr über alle sieben Gewinner*innen nachlesen.

Wikimedians of 2024. Ganz rechts: Martin Rulsch aus der deutschsprachigen Wikipedia-Community.
Wikimedians of 2024. Ganz links: Martin Rulsch aus der deutschsprachigen Wikipedia-Community.

Noch mehr Preisverleihungen gab es bei der Abschlussveranstaltung. Hier wurden zum Beispiel der “Coolest Tool Award” und ein Preis für das beste Poster aus der Postersession auf der Wikimania vergeben.

Besucherin betrachtet Poster-Session auf der Wikimania 2024.
Besucherin betrachtet Poster-Session auf Wikimania 2024.

Die Bedeutung der Wikimania

Unterhält man sich mit den Teilnehmenden darüber, was ihnen besonders gut an der Wikimania gefällt, erzählen sie schnell von den tollen Menschen, mit denen sie sich hier austauschen können. Manche Besucher*innen bevorzugen es sogar, sich die ganze Zeit außerhalb der Seminarräume aufzuhalten, um mit möglichst vielen Menschen zu sprechen, denen sie in der Regel nur online begegnen. Was die Teilnehmenden sonst noch über die Wikimania und Freies Wissen denken, verraten sie uns in den Videos, die wir auf der Konferenz gedreht haben:

Was bedeutet dir die Wikimania?

Was bedeutet Freies Wissen für dich?

Was würdest du machen, wenn du Superkräfte hättest?

Das wars – und jetzt?

Auch noch lange nach der Wikimania gilt es, den vielen Input sacken zu lassen. Wenn sich dann so langsam die Wogen geglättet haben, lässt ein neuer Funke der Vorfreude nicht lange auf sich warten. Und wie alle Teilnehmenden bereits bei der Abschlusszeremonie erfahren haben, wird es 2025 ein Wiedersehen auf der Wikimania in Nairobi, Kenia geben. Wir freuen uns darauf und danken noch einmal allen Freiwilligen aus dem Wikimania-Organisationsteam der CEE Region für die rundum gelungene Wikimania 2024 in Kattowitz!

Wikimania 2024 - Gruppenbild
Wikimania 2024 – Gruppenbild

Wer Wikimania-Sessions verpasst hat oder sich etwas einfach noch einmal anschauen möchte, findet die Aufzeichnungen in den einzelnen Programmbeschreibungen: https://wikimania.eventyay.com/2024/schedule/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert