16 teilnehmende Jurastudenten, 17 Entwürfe für umfangreiche, wissenschaftlich korrekte Wikipediaartikel zu juristischen Fachbegriffen – das ist das Ergebnis des Seminars “Examenswissen auf Wikipedia” an der Universität zu Köln, das ich im vergangenen Semester gemeinsam mit Frau Prof. Dauner-Lieb durchgeführt habe, die dort unter anderem das vor Kurzem gegründete Kompetenzzentrum für juristisches Lernen und Lehren leitet.
Ziel war es, Studierende dafür zu gewinnen, Artikelvorschläge zu anspruchsvollen zivilrechtlichen Grundlagenproblemen zu entwerfen, die das Thema einerseits in möglichst zugänglicher Form darstellen und andererseits (rechts)wissenschaftlichen Standards genügen. Nach einem Blockseminar, das der Einführung in das Medium Wikipedia und dessen besonderen Herausforderungen diente, hatten die Teilnehmer fast drei Monate Zeit, einen entsprechenden drei- bis fünfseitigen Vorschlag für einen Wikipediaartikel zu einem von ihnen selbst gewählten Thema aus dem Bereich des Zivilrechts anzufertigen. Zudem sollten sie in einem separaten Text dazu Stellung nehmen, wie sie bei der Arbeit vorgegangen waren und welche Stoffauswahl sie getroffen hatten. In einem zweiten Blockseminar stellten die Teilnehmer ihre Beiträge schließlich im Rahmen eines Kurzreferats vor und setzten sich mit inhaltlichen und aufbautechnischen Verbesserungsvorschlägen auseinander.
Erst im Anschluss an das eigentliche Seminar wurden die Beiträge auf Wikipedia eingestellt; zunächst in meinen Benutzernamensraum, aus dem sie – sobald die erforderliche formale Überarbeitung, an der sich dankenswerterweise gleich mehrere Mitglieder der im vergangenen Jahr gegründeten Redaktion Recht beteiligen, abgeschlossen ist – nach und nach in den Artikelnamensraum verschoben werden sollen.
Das für erfahrene Wikipedianer vergleichsweise umständlich wirkende, mehrschrittige Verfahren hat dabei verschiedene Gründe. Zum einen erleichtert es die Bewertung der Beiträge als eigenständige Seminarleistung sowie die behutsame und fachkundige Übernahme in den Artikelnamensbereich, in dem zu vielen der gewählten Themen bereits Artikel vorhanden sind. Zum anderen führt sie zu einer erheblichen Verringerung der für viele Studenten (zu) hohen technischen Einstiegshürde und hat damit aus meiner Sicht maßgeblich zur genannten, für ein juristisches Seminar überaus hohen Teilnehmerzahl beigetragen.
Aber nicht nur in quantitativer Hinsicht ist das Seminar, das im juristischen Bereich ohne Vorbild ist, als Erfolg zu werten. So sind zahlreiche Texte entstanden, denen es erfreulich gut gelungen ist, Zugänglichkeit, Struktur und inhaltliche Vollständigkeit zu kombinieren. Die Artikel, die auf ihrer Grundlage entstehen, werden einen wertvollen Beitrag zur Qualität des rechtswissenschaftlichen Artikelbestands leisten, die von der Redaktion Recht als eines der größten Probleme des Fachbereichs gesehen wird.
Hinzu tritt ein nicht zu unterschätzender didaktischer Mehrwert für die Teilnehmer; sie haben mit der eigenständigen Erarbeitung eines vollständigen Artikels zu einem zivilrechtlichen Grundlagenproblem, der durchdachten Darstellung ihres Arbeitsprozesses und der Präsentation und Diskussion ihrer Ergebnisse eine erhebliche Reflexionsleistung erbracht, die neben anspruchsvollen inhaltlichen Fragen auch die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Möglichkeiten einer Universalenzyklopädie im Allgemeinen und Wikipedia im Besonderen zum Gegenstand hatte. Es ist meine Hoffnung, dass sie den ein oder anderen von ihnen motiviert hat, jedenfalls die Entwicklung ihres eigenen Artikels auf Wikipedia zu verfolgen und aktiv mitzugestalten.