
Franziska Kelch
5. Juni 2025
Das waren die Themen am F5-Stand
Der gemeinsame Stand von Wikimedia Deutschland im Bündnis F5 war auch in diesem Jahr ein Anlaufpunkt für digitalpolitisch Interessierte und für alle, die Fragen zu Wikimedia-Projekten hatten. Zum Bündnis gehören die Open Knowledge Foundation, AlgorithmWatch, Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte.
In den Gesprächen am Stand ging es zum Beispiel um ein Prüfschema, das Wikimedia für den Einsatz von KI in der Verwaltung vorschlägt: Wann sollte die öffentliche Hand statt generativen KI-Anwendungen wie Chatbots besser regelbasierte KI-Systeme nutzen?
Auch die Ergebnisse einer Wikimedia-Umfrage zur Nutzung digitaler und offener Bildungsangebote unter Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern war Thema. Oder das Open Data Ranking 2025, das zeigt, wie ernst es die Bundesländer mit freiem Zugang zu öffentlichen Informationen meinen.
Reporter ohne Grenzen hat gezeigt, wie Spyware-Bedrohungen gegen Journalist*innen erkannt und bekämpft werden können. Und in der Session „Wenn der Computer ‚Nein‘ sagt“ hat AlgorithmWatch gezeigt, wo Gefahren von algorithmischer Diskriminierung lauern und wie man sie sichtbar machen kann.
Im Dialog mit der neuen Regierung
Die diversen Expertisen der F5-Organisationen wussten auch Politikschaffende zu schätzen. Daher kamen der erste Minister für Digitales und Staatsmodernisierung Dr. Karsten Wildberger, Markus Richter, Staatssekretär im gerade geschaffenen Digitalministerium und die neue Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Karin Prien. zum Austausch vorbei. Die Gelegenheit hat Wikimedia-Vorständin Franziska Heine genutzt, um die Spitzenpolitiker*innen daran zu erinnern: Es braucht einen strukturell verankerten Austausch zwischen Politik und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Denn Digitalpolitik ist immer auch Gesellschaftspolitik. Daher ist es wichtig, vielfältige Expertisen und Interessen einzubinden – egal ob es um digitale Bildung, Datenpolitik, Plattformregulierung, Künstliche Intelligenz, Digitalisierung der Verwaltung oder Grundrechte im digitalen Raum geht.
Wie bekommen wir ein besseres Netz?
Über diese Frage haben Franziska Heine, der Mitgründer der re:publica Markus Beckedahl und der Schriftsteller Marc-Uwe Kling diskutiert. Wie schaffen wir es, dass es mehr Plattformen gibt, die communitygetrieben sind wie die Wikipedia, dezentral wie die Plattformen im Fediverse. Auf denen Menschen verlässliche Informationen finden, die keine Orte der Hassrede oder Diskriminierung sind und die nicht von Big Tech kontrolliert werden.
Wir müssen mehr Bewusstsein für existierende Alternativen schaffen, aber wir brauchen auch Geld, wir brauchen Regulierung und wir brauchen den Willen von uns allenFranziska Heine
Existierende Tools und Plattformen brauchen Wartung und Weiterentwicklung. Und Menschen die Alternativen entwickeln – oft sogar ehrenamtlich – müssen bezahlt werden. Förderung kann durch ein Crowdfunding Modell erfolgen oder mit staatlicher Finanzierung.
Wir brauchen Regulierung, die gegen Lock-in-Effekte wirkt. Eine gesetzliche Verpflichtung für Plattformbetreibende Schnittstellen zu schaffen, würde dafür sorgen, dass Nutzende ihre Inhalte von einer Plattform zur anderen mitnehmen können.
Wir sollten es Menschen einfacher machen, ins Fediverse einzusteigen. Wikimedia Deutschland hat zum Beispiel eine eigene Instanz aufgesetzt, um es Mitarbeitenden zu erleichtern, Mastodon zu nutzen. Wir fragen auch andere Organisationen: Was braucht ihr für Unterstützung, um ins Fediverse zu kommen? Mit dem Aktionsbündnis neue soziale Medien haben wir eine Einstiegshilfe erstellt. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit und dem Aktionsbündnis haben wir zudem eine Workshopreihe zu wirklich sozialen Alternativen entwickelt.
Was das Fediverse attraktiv machen kann: Es gibt bereits viele Instanzen mit lokalem Bezug. Und Menschen wollen sich gerne auch in der Realität treffen. Das sehen wir an den lokalen Räumen, die Wikimedia Deutschland fördert und in denen sich Wikipedianer*innen analog treffen. Diese Verbindung aus dem digitalen und realen lässt sich besser in dezentralen und nicht kommerziellen Räumen umsetzen.
Wikimedia teilt Anleitung für erfolgreiche Kollaborationen
Nicole Ebber von Wikimedia Deutschland stellte auf der re:publica das Playbook „Good enough is perfect“ vor – eine praxisnahe Anleitung für erfolgreiche und ergebnisorientierte partizipative Entscheidungsprozesse. Wer es kurz und knackig mag, findet im Playbook die elf wichtigsten Learnings. Wer tiefer einsteigen möchte, kann sich von der Methodensammlung und einer ausführlichen Prozessbeschreibung inspirieren lassen.
Und darum geht es: Viele Organisationen und Gruppen kennen das Problem: Man trifft sich zum Workshop, es gibt Diskussionen, viele Ideen und viele Post-its – aber keine greifbaren Ergebnisse. Eine Erfahrung, die Nicole auch bei internationalen Treffen der Wikimedia-Bewegung manchmal hatte: Trotz guter Stimmung und großem Engagement fiel es bisweilen schwer, zu konkreten Resultaten zu kommen.
Das Playbook schafft Abhilfe. Gemeinsam mit ihrem Team entwickelte Nicole ein Konzept, das Struktur, Verbindlichkeit und Zielorientierung in kollaborative Prozesse bringt – flexibel einsetzbar in verschiedenen Kontexten. Beim Wikimedia Summit 2024 wurde es erstmals getestet – mit Erfolg: 170 Teilnehmende aus 60 Ländern verabschiedeten verbindliche Richtlinien, alle mit mindestens 50 % Zustimmung.
Auf der re:publica teilte Nicole fünf zentrale Learnings:
- Ziele gemeinsam und vorab klären
- passende Rahmenbedingungen schaffen
- klare Arbeitsgruppen mit verbindlichen Aufgaben bilden
- Moderation einsetzen, um Fokus und Ergebnisse zu sichern
- Prozesse und Fortschritte dokumentiere
Im Sinne der Grundidee des Wikimedia-Movements, Wissen frei zugänglich zu machen, ist das Playbook natürlich frei verfügbar.
Wikimedia Deutschland betont: Partizipative Entscheidungsprozesse sind kein Luxus, sondern Grundlage demokratischer Zusammenarbeit. Geteilte Entscheidungen werden besser getragen. Wir hoffen, dass viele Organisationen das Playbook nutzen – und sind gespannt auf Rückmeldungen aus der Praxis.