Open Educational Ressources
Lang ersehnt, endlich da: Die bundesweite OER-Förderrichtlinie
Dr. Anne-Sophie Waag
12. Mai 2023
Endlich hat das Warten ein Ende: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat am 9. Mai 2023 gemeinsam mit dem Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die lang ersehnte erste Förderrichtlinie im Nachgang zur bundesweiten OER-Strategie vorgestellt. Bereits mit Veröffentlichung der OER-Strategie im Juli 2022 war die Ankündigung einhergegangen, dass es Förderrichtlinien zu den verschiedenen Handlungsfeldern geben würde. Die Spannung und Vorfreude der OER-Community war dementsprechend hoch, bei gleichzeitiger Ernüchterung aufgrund des langen Wartens und der Intransparenz im vorangegangenen Entstehungsprozess der Ausschreibung.
Wofür steht OER?
Als OER werden offene Bildungsmaterialien (Open Educational Resources) bezeichnet. Diese stehen unter einer freien Lizenz, sodass sie rechtssicher veröffentlicht, weiterverwendet und verändert werden können. Mit OEP sind in Anlehnung daran offene Bildungspraktiken gemeint (Open Educational Practices), die diejenigen Haltungen, Methoden und Kompetenzen inkludieren, die offenes Lernen und Arbeiten ermöglichen.
Fokus auf die Stärkung der Community
Die OER-Förderrichtlinie steht im klaren Zusammenhang mit dem Handlungsfeld 6 der OER-Strategie, in dem die Zusammenführung der OER-Akteur*innen im Zentrum steht. Der Ausschreibungstext fällt jedoch deutlich umfangreicher aus: Es geht zwar zentral darum, bestehende Communities zu stärken, zu vernetzen und neue aufzubauen. Allerdings sollen auch neue Formen der Kollaboration und des Austauschs, „Rahmenbedingungen, Handlungspraktiken und Vorgehensweisen im Kontext der Verwendung von OEP und OER“ sowie „Inklusions- und Chancengerechtigkeitskonzepte“ entwickelt, erprobt und etabliert werden. Damit öffnet die Förderlinie den Raum für eine Vielfalt an Projekten und Vorhaben.
Was es noch braucht: OER strukturell verankern
Wikimedia ist ein Verein, der stark auf die Arbeit mit Communities setzt: Neben Community-Projekten wie der Wikipedia oder Wikidata geht es auch im Bündnis Freie Bildung um Aufbau, Pflege und Ausbau von Open Education Communities. Daher sind wir von Natur aus vom Community-Ansatz überzeugt. Wir wissen, wie zentral eine gut vernetzte, aktive, dynamische und beständige Community für den langfristigen Erfolg eines Projektvorhabens ist. Aus Sicht von Wikimedia Deutschland besteht allerdings eine der größten Herausforderungen für OER und OEP in deren Verstetigung und Verbreitung im Bildungssystem. Dafür müssen gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst, OER-Policies für Einrichtungen erlassen und Inhalte in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagog*innen angepasst werden. Neben dem bottom-up Ansatz über Community-Arbeit und -Projekte hinaus sind also auch top-down Maßnahmen von Seiten der Bildungspolitik und -verwaltung erforderlich.
Offen bleibt wie es weitergeht
Derzeit ist allerdings offen, ob, wann und welche weiteren Handlungsfelder in Förderlinien umgewandelt werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund früherer Ankündigungen des BMBF enttäuschend, denen zufolge mit sechs Förderlinien entsprechend der sechs Handlungsfelder gerechnet wurde. Wir rufen das BMBF und den Projektträger daher auf, hier offen zu kommunizieren, um allen Beteiligten Planungssicherheit zu geben.
Wir hoffen sehr, dass diese Förderrichtlinie nur der Anfang ist und wir mit politischer Unterstützung und einer dann gestärkten Community die Strukturbedingungen für offene Bildung als Standardfall schaffen.