zur Artikelübersicht

Wikidata als Spiel: Freies Wissen verbessern in der Mittagspause

Jens Ohlig

29. Juli 2014

Es gibt Inhaltsbefreiungsaktionen, die dauern ein bisschen länger. Einen guten oder gar exzellenten Artikel für Wikipedia zu verfassen geht nicht mal eben in ein paar Minuten, die Geodaten des Himmels über Berlin befreien sich auch nicht von selbst, sondern erst nach monatelangem politischem Engagement. Wie schön wäre es, wenn es zwischen all den aufwändigen Arbeiten für die Verbesserung Freien Wissens auch einen kleinen Snack zwischendurch gäbe. Ein bisschen spielerisches Klicken, um die Welt mit nachnutzbaren strukturierten Daten zu einem besseren Ort zu machen. Magnus Manske hat mit seinem Wikidata-Game genau so einen Anlaufpunkt im Netz geschaffen, um zwischen dem Warten auf die Kaffeemaschine oder an der Bushaltestelle ein bisschen mit der Laubharke durch den Garten des Freien Wissens zu gehen und sich dann wieder um andere Dinge zu kümmern.

Wikidata – The game! ist eine Sammlung von kleinen Aufgaben für Wikidata. Wikidata ist ein komplexer Datenfundus mit einigen ziemlich ausgeklügelten Funktionen. In vielen Fällen können allerdings abzuarbeitende Aufgaben von Programmen erahnt werden und brauchen dann „nur noch“ ein bisschen menschliche Hilfe, um die Aufgabe abzuschliessen oder zu verwerfen. Eine Person ist in Wikidata eingetragen, aber ihr Geschlecht wurde nicht vermerkt? Der Beruf zu einem enzyklopädisch relevantem Menschen fehlt, aber im zugehörigen Wikipedia-Artikel wird dieser als Autor oder Schauspielerin bezeichnet? Zwei Wissensgegenstände in Wikidata scheinen sich zu überschneiden und können zu einem zusammengefasst werden? Mit einem einfachen Klick können solche und ähnliche Gartenarbeiten in Wikidata schnell ausgeführt werden. Dabei sammelt man Punkte. Das Prinzip dahinter nennt sich „Gamification“ — aus Ernst wird Spiel. Und nebenbei wird die Datenbasis von Wikidata konsistenter.

„Derzeit ist Wikidata mein Lieblingsprojekt. Das boomt einfach“, sagt Magnus Manske, der auch für eine der ersten Versionen von MediaWiki verantwortlich ist. Mit Begeisterung hat er sich von Anfang an am Datenfundus für strukturierte Daten in Wikimedia-Projekten beteiligt und etliche Tools geschrieben, um die Arbeit dort zu vereinfachen oder die Potenziale der Datenbank mit beeindruckenden Visualisierungen aufzuzeigen. „Auf dem Hackathon in Zürich gab es die Idee, Gamification in Wikidata einzusetzen. Ich habe mich sofort hingesetzt und

etwas programmiert, das geht bei mir nach vielen Jahren MediaWiki-Erfahrung sehr schnell, oft in wenigen Stunden. Tools schreibe ich sehr schnell, meist haben sie dann einen bestimmten Zweck, den sie auch ganz gut erfüllen. Klar, hochsolide Enterprise-Software braucht mehr Zeit, aber ich bringe lieber Sachen schnell in die Community.”

Und für manche ist das Wikidata-Spiel auch der Einstieg in das Editieren von Wikidata. Anstatt Entity- und Propertynummern nachschlagen zu müssen, kann hier gleich losgelegt werden. „Über 1000 Edits habe ich jetzt auf Wikidata — alles durch das Spiel!“ schrieb ein begeisteter Nutzer an Magnus. Die Kombination von künstlicher Intelligenz und menschlicher Kompetenz, verpackt mit einer Jagd nach Highscores zündet einfach. Trotzdem: Das Wikidata-Game ist mehr als nur eine Klickbeschäftigung, sorgfältiges Prüfen ist immer angesagt. Zu schnelle Klicks helfen nicht, um die Datenbasis zu verbessern. „Problematisch war vielleicht das Merge-Game. Die Seite Requests for deletion war dadurch regelmäßig überfüllt.“

Das Spiel hat viele Fans, nur wenige rümpfen die Nase, dass hier Punkte gesammelt werden beim Aufräumen der Datenbank: „Die meisten sind von der Gamification begeistert. Wem das nicht zusagt — nun, es gibt ja auch noch andere Wege, um Wikidata zu editieren.“

Magnus Manske wird sicher nicht aufhören, neue Spiele hinzuzufügen und das Wikidata-Game ständig zu verbessern. Seine anderen Tools für Wikidata laufen alle problemlos, aber im Moment nimmt das Game bei ihm die meiste Zeit als freiwilliger Entwickler ein: „Ich würde mir wünschen, dass vielleicht auch einige Tools von Wikimedia und den angestellten Entwicklerinnen und Entwicklern übernommen und gepflegt werden.“

Das Wikidata-Game ist unter https://tools.wmflabs.org/wikidata-game/# zu finden, der Einlog-Prozess läuft über OAuth und wird beim ersten Besuch der Seite erklärt. Mit nur wenigen hundert Spielerinnen und Spielern ist der Highscore zur Zeit noch durchaus zu knacken…

Kommentare

  1. Sabine
    4. August 2014 um 08:58 Uhr

    Die Idee finde ich wirklich Klasse, nur leider verstehe ich diese Sache mit dem WiDaR nicht, was muss man da ganz genau machen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert