Article Feedback Tool
Erik Möller hat in seinem Vortrag zum Article Feedback Tool zunächst die wohl den meisten bekannte und von vielen gefürchtete Grafik “Retention vs. active editiors” gezeigt und deutlich gemacht, wie sehr die Motiviation von (neuen) Autoren, langfristig dabei zu bleiben, mit der Qualität der Inhalte verbunden ist. Da die Hemmschwelle zum Klick auf den Edit-Button für viele Leser zu hoch ist, sucht man andere Wege, um mit diesen in Kontakt zu kommen. Dazu wurde das Article Feedback Tool entwickelt, was zur Zeit in der englischsprachigen Wikipedia getestet wird. Das Tool bittet nicht nur um Bewertung eines Artikels, sondern bietet Lesern erstmalig eine Chance, auf sehr niedrigschwelligem Wege (im Vergleich zur Diskussionsseite) einen Kommentar zu einzelnen Artikeln zu geben.
Was ich sehr beeindruckend fand: Monatlich werden momentan 10 Millionen Bewertungen abgegeben, während die Anzahl der Edits bei “nur” 3,6 Millionen pro Monat liegt. Schöner Schlusssatz von Erik dazu: RELAX: It’s going to be OK!
Wikipedia for World Heritage
Nach der Mittagspause präsentierte Catrin die Kampagne “Wikipedia for World Heritage“. Etwa die Hälfte der Teilnehmer hatte schon von der Aktion gehört, andere fragten im Anschluss nach den Möglichkeiten, selber aktiv zu werden. Beispiele aus Indien, Hong Kong und Italien zeigen mit liebevollen Aktionen ihre Begeisterung für die Idee. Die Präsentation machte nochmal deutlich, dass es uns nicht nur um die Aktion an sich geht, sondern dass wir die Debatte rund um Freies Wissen suchen und beleben wollen. Großes “Hallo” gab es aus dem Publikum, als Catrin die Kriterien für das Welterbe zitierte: “The site represents a masterpiece of human creative genius.”
RENDER, CoSyne und Wikidata
Drei Talks, die ich zwar nicht komplett gesehen habe, aber deren Inhalte sich teils überschneiden und die in manchen Punkten voneinander profitieren können.
Angelika Adam und Denny Vrandecic stellten in “Reflecting knowledge diversity” das RENDER-Projekt vor. Ebenfalls von der EU gefördert ist das CoSyne-Projekt, bei dem es um die automatisierte Synchronisation von Änderungen in verschiedenen Sprachversionen geht. Partner ist unter anderem auch die Deutsche Welle, ein Testballon findet sich auf deren Seite kalenderblatt.de
Viel Applaus erntete auch der Vortrag von Denny Vrandecic und Daniel Kinzler über das neue Wikimedia-Projekt Wikidata. Ich versuche mal, das laienhaft zu beschreiben: Sobald es neue statistische Angaben über die Einwohnerzahl einer Stadt gibt, werden diese Zahlen in jeder Sprachversion des Artikels händisch und nach und nach geändert. Mit Wikidata gibt es einen zentralen Speicherort, auf den alle entsprechenden Artikel in allen Sprachversionen zugreifen und die Zahlen so immer und überall identisch und aktuell sind.
Vieles läuft in den drei Projekten automatisiert, aber einige Schritte können nach wie vor nur von Menschen erledigt werden (Infoboxen im neuen Format, Überpfüfung von Übersetzungen etc.). Hier spielen die vielen Freiwilligen eine großes Rolle, und ein Aspekt zog sich durch die gesamte Konferenz: Definiere genau, wobei du Hilfe brauchst! Je genauer die Freiwilligen auf die Lücken oder nötige Bearbeitung hingewiesen werden, desto höher ist die Aussicht auf Unterstützung.
Abschlussveranstaltung
Wer seinen Abschlusstalk mit diesem Video beginnt, hat das Publikum schon für sich gewonnen (es hat sogar mitgeklatscht!!):
Jimmy Wales hat in seiner Ansprache nochmal Revue passieren lassen, welche Themen aktuell auf den Nägeln brennen. Wikipedia ist mittlerweile so groß, dass es immer schwieriger wird, neue Artikel beizutragen. Die Software ist optimierungsbedürftig und schreckt unerfahrene Nutzer ab, wird aber laufend verbessert. Und es gibt viele, viele Regeln und Prozesse, die neue (und auch einige alte) Nutzer eher vertreiben als halten. Um die Mitarbeit attraktiver zu machen, rief er zu “Simplify, eliminate proceedures, automate” auf und beendete dann unter großem Applaus seine Rede mit “TO THE BEACH”.
Krönender Abschluss einer der (meiner Meinung nach) am besten organisierten Wikipedia-Konferenzen überhaupt war die Party am Strand, wo bis in die Nacht weitere Pläne für die weltweite Bewegung geschmiedet und ausgelassen getanzt wurde.
Erste Fotos und Videos finden sich auf YouTube und Flickr, die Twittersuche nach #wikimania gibt außerdem die persönlichen Eindrücke der Teilnehmer wieder und Google News listet aktuelle Berichte zum Thema.
Ein ganz herzliches Dankeschön an die Organisatoren für ihr wunderbares Engagement, für tolles Essen, eine eindrucksvolle Location, stabiles W-Lan und das freundliche Drum Herum und die Hilfsbereitschaft bei allen Fragen. Ebenso großer Dank geht an alle 650 Teilnehmer aus 56 Ländern, die erneut für den einmaligen Wikimania-Spirit sorgten!
Übrigens: “Making fun of Wikipedia is so 2007.” (Zitat aus Sues Opening Talk.)