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WissensWert: Public Domain Projekt

Nicole Ebber

28. Juli 2011

Das Public Domain Projekt von Carl Flisch und Philippe Perreaux ist eines der Gewinner im Ideenwettbewerb WissenWert 2010. Hier beschreiben die beiden, was es mit ihrem Projekt auf sich hat:

Der US-amerikanische Physiker Charles Sumner Tainter hätte wohl nie gedacht, dass mit der Herstellung seiner ersten Wachsplatte am 8. November 1881 ein neues Zeitalter in der Tonträgerproduktion beginnt und sich die Musikkonserven zukünftiger Generationen sprichwörtlich um die „Scheibe“ drehen werden. Emil Berliner, der geistige Vater der heutigen Schallplatte, der von den nicht-veröffentlichten Studien seines amerikanischen Zeitgenossen nichts ahnte, meldete im Jahr 1887 ein Patent für einen scheibenförmigen Tonträger inkl. Aufnahme- und Abspielgerät an. Aus der teuren Hartgummiplatte entwickelte er später die preiswertere Schellackplatte auf Basis von Baumwollflocken, Schieferpulver, Ruß und Schellack.

Um die Jahrhundertwende begann die Massenproduktion der Schellackplatte, deren Siegeszug erst 1955 durch die Vinylplatte abgelöst wurde. Thomas Alva Edison, der geistige Vater der „praktisch nutzbaren Glühlampe“ erfand im Jahr 1877 den Phonographen. Seine Wachswalzen (die sogenannten „Phonographen-Zylinder“) waren die Vorreiter der Schallplatte, auf denen um 1888 die ersten Musikaufnahmen in Produktion gingen. 1911 stellte Edison sein eigenes Schallplattenformat der Weltöffentlichkeit vor. Im Gegensatz zu Emil Berliner’s Seitenschrift (horizontale Auslenkung des Stichels) verwendete dieses System ausschliesslich die von den Wachswalzen bewährte Tiefenschrift (vertikale Aufnahmetechnik). Die unzerbrechlichen, jedoch 5mm dicken Schallplatten auf Basis von Holzmehl und Lösungsmitteln konnten ausschliesslich mit dem „Diamond Disc Phonograph“ abgespielt werden, die Stahlnadel eines herkömmlichen Plattenspielers hätte die dünne Harzschicht beschädigt.

Durch ein verbessertes Verfahren startete Edison ab 1926 die Produktion der ersten Langspielplatten mit einer Aufnahmekapazität von 24, später sogar 40 Minuten. Aber Edisons Unnachgiebigkeit, die Nutzung seines Patents Mitkonkurrenten zur Verfügung zu stellen, besiegelte im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929 das Ende der Diamantschallplatte.

Das Public Domain Projekt setzt sich für die Erhaltung und Nutzbarmachung der beschriebenen historischen Tonträgerformate sowie seiner Musikkonserven für die Nachwelt ein. Es ist am 15. Januar 2009 im Gedankenaustausch von Carl Flisch und Philippe Perreaux entstanden. Die Freundschaft zwischen beiden brachte die Idee hervor, das gesammelte Repertoire von Carls Internetradiosender „RadioCrazy Classical&Jazz“ für die Nachwelt zu erhalten und das so entstehende Archiv öffentlich zugänglich zu machen.

Das PD Projekt besteht aus folgenden Teilprojekten:

  • Den Public Domain Pool, ein Ton- und Tonbildträgerarchiv dessen Bestand in digitalisierter Form von jedermann genutzt werden kann.
  • Das Public Domain Wiki, eine Freie MusikenzyklopädieFreie Musikenzyklopädie die den kompletten Bestand des Public Domain Pools katalogisiert und alle bekannten Informationen zu einem Musikwerk beinhaltet.
  • Das Public Domain Radio, das die historischen Aufnahmen als Radioprogramm ins Internet sendet.
  • Die Schweizerische Stiftung Public Domain ist die Körperschaft, die hinter dem Public Domain Projekt steht.

Am 15. Oktober 2010 nahmen wir auf Hinweis von Philippe Perreaux am ersten WissensWert-Wettbewerb der Wikimedia Deutschland teil. Es war uns zuvor nicht gelungen, einen Sponsor für die Digitalisierstation – Hauptbestandteil des Projekts – zu finden. Pünktlich zum Samichlaus (Nikolaustag) informierte uns Wikimedia Deutschland, dass unser Projekt im Jahr 2011 finanziell unterstützt wird. Die Nachricht kam für uns überraschend. Wir sind Wikimedia Deutschland zu grossem Dank verpflichtet – ohne die grosszügige Bereitstellung des dringend benötigten Laserplattenspielers hätte das Projekt nicht gestartet werden können.

Teil unserer Vereinbarung mit Wikimedia ist, sämtliche durch uns erstellten Digitalisate dem Projekt Wikimedia Commons zuzuführen. Wir hoffen sehr, dass durch unseren Beitrag das Public Domain Projekt einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wird und wir auch gute Autoren finden, um unseren Traum einer Freien Musikenzyklopädie als Teil des PD Projekts zu realisieren.

Kommentare

  1. […] Digitization of historical recordings (Public Domain Project) […]

  2. […] Digitization of historical recordings (Public Domain Project) […]

  3. […] Digitalisierung historischer Tonträger (Public Domain Project) […]

  4. Marcus Cyron
    28. Juli 2011 um 15:47 Uhr

    Also auch wenn ich – abgesehen vom Swing – nicht gerade ein Fan des Jazz bin, gefällt mir dieses Projekt außerordentlich gut.

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