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Die Gesichter hinter den Zahlen – ein Rückblick auf die Spendenkampagne 2012

Till Mletzko

17. Januar 2013

Die Zahlen

Es ist ein starker Strom kontinuierlicher Unterstützung: Alle 20 Sekunden über einen Zeitraum von 49 Tagen – so häufig floss im Durchschnitt eine Spende während der vergangenen Herbstkampagne. Trotz einer Verringerung der Kampagnendauer um 3 Tage konnten wir das Ergebnis des Vorjahres um 32% steigern: 5.273.374 Euro wurden in den letzten Wochen für Wikipedia und Freies Wissen gespendet. Die Online-Enzyklopädie wird von vielen Schultern getragen: von den Tausenden Autoren und von Menschen, die Freies Wissen mit einer Spende unterstützen. In der Spendenkampagne 2012 waren es so viele wie noch nie zuvor.

Wir bedanken uns bei den 233.813 Menschen, die dies ermöglicht haben.

Denn so viele Menschen waren es, die zwischen dem 13. November und dem 31. Dezember 2012 in Deutschland Wikipedia mit einer Spende unterstützt haben – im Vergleich zu 160.000 Spendern im Vorjahr. Die Durchschnittsspende betrug 22,50 Euro. Somit sind es nicht Großspender, die für die Unabhängigkeit der Wikimedia-Projekte sorgen, sondern die vielen Menschen, die mit einem kleinen Beitrag Wikipedia etwas zurückgeben.

Ganz besonders freut uns die Bereitschaft vieler Leser, uns regelmäßig zu unterstützen. Auch dieses Mal konnten wir die Anzahl der periodischen Spender um fast 50% zum Vorjahr steigern. Insgesamt haben sich während der Kampagne über 7.300 Menschen zu einer regelmäßigen Unterstützung entschieden.

Neben der Bitte um Unterstützung in Form einer Spende, fragten wir während der Kampagne gezielt nach einer Mitgliedschaft für Wikimedia Deutschland. Spender konnten direkt im Anschluss an die getätigte Zahlung ein Onlineformular ausfüllen, um Mitglied im Verein zu werden. Dieser vereinfachte Aufnahmeprozess war ein durchschlagender Erfolg. Wir konnten insgesamt 2.376 neue Mitglieder gewinnen. Innerhalb nur weniger Wochen gelang es uns, die Anzahl der Mitglieder bei Wikimedia Deutschland nahezu zu verdoppeln.

Die Kampagne

Trotz all der gründlichen Vorbereitung bedeutet die Spendenkampagne für das Team Fundraising den Eintritt in einen Ausnahmezustand. Ab dem Augenblick, in dem die Spendenbanner in der Wikipedia geschaltet werden, erhalten wir stündlich unzählige E-Mails und das Telefon läuft heiß. Deshalb verstärkten wir vor wenigen Wochen unser Team personell. Nun wissen wir, dass es sich ausgezahlt hat. Wir konnten die fast 100 E-Mails pro Kampagnentag (4.267 insgesamt) zeitnah beantworten, so dass wir zum ersten Mal mit Ende der Kampagne auch alle Anfragen beantwortet hatten.

Die Verstärkung des Teams ermöglichte außerdem, dass wir uns noch stärker um die Optimierung der Kampagne durch intensives Gestalten und Testen bemühen konnten – fast 70 Tests führten wir vor und während der Kampagne durch. Ein wichtiger Aspekt einer zeitlich begrenzten Kampagne ist, das richtige Banner oder den richtigen Aufruf zur richtigen Zeit zu schalten. Mit Hilfe von A/B-Tests waren wir in der Lage, der Kampagne immer wieder neue Richtungen vorzugeben. Dies war umso wichtiger, weil wir dieses Mal sehr viele unterschiedliche Bannerlayouts ausprobierten. Fotos, Farben, Texte, Positionierung: Häufig entscheiden nur Kleinigkeiten über den Erfolg eines Banners. Die stärkere Fokussierung auf diese Elemente resultierte schließlich in vielen verschiedenen Bannerentwürfen. Wer Interesse an den Testergebnissen hat, kann sich hier einen umfassenden Überblick verschaffen.

Der Erfolg der Kampagne hing vor allem mit einem Banner zusammen: dem Faktenbanner. Während in der letzten Kampagne die persönlichen Aufrufe dominierten, wurde in dieser Kampagne mit dem Faktenbanner eine andere Art der Kommunikation gewählt. Anders als beim persönlichen Aufruf, mit dem wir zunächst großes Interesse erzeugen konnten und dann die Spendenüberzeugung erst auf der Spendenseite erfolgte, holte das Faktenbanner die Leser direkt in der Wikipedia ab. Im Faktenbanner werden für viele Leser relevante Fakten erwähnt, die belegen, warum Wikipedia mit einer Spende unterstützt werden sollte. Nicht nur wurden so die Leser direkt auf der Hauptseite der Wikipedia von einer Spende überzeugt, man konnte mit Hilfe eines Spendenformulars die Spende auch gleich “vor Ort” tätigen. Denn fast alle Banner während dieser Kampagne klappen direkt auf Wikipedia auf.

Das neue Faktenbanner in Kombination mit dem verkürzten Spendenprozess war einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg der Kampagne. Doch auch Fakten brauchen Geschichten. Es war daher sehr wichtig, im aufgeklappten Banner eine persönliche Geschichte zu präsentieren. Vor der Kampagne hatten wir ein Ziel formuliert: einen Aufruf zu schreiben, der es mit dem bisher erfolgreichsten Aufruf der vergangenen Spendenkampagnen aufnehmen konnte, dem vom Wikipedia-Gründer Jimmy Wales.

Die Gesichter

Die vergangenen Spendenkampagnen waren vor allem durch das Gesicht des Gründers der Online-Enzyklopädie geprägt. Uns schwebte jedoch eine Kampagne vor, die die unterschiedlichsten Perspektiven auf Wikipedia zeigt. Denn eines ist klar: Ohne die fantastische Arbeit der vielen Freiwilligen wäre Wikipedia nicht da, wo sie jetzt ist. Den Geschichten dieser Menschen mehr Raum zu geben, das wollten wir während der Spendenkampagne 2012 erreichen. Deshalb haben wir schon früh begonnen, zahlreiche Interviews mit Wikipedia-Autoren, Spendern und Wikimedia-Mitarbeitern zu führen. Daraus verfassten wir für die Kampagne insgesamt 15 ganz unterschiedliche persönliche Aufrufe. Damit konnten wir die Anzahl der Gesichter für die Kampagne mehr als verdoppeln. Im letzten Jahr zeigten wir sechs Aufrufe, die wir jedoch größtenteils von der Wikimedia Foundation übernahmen. Natürlich war es unser Ziel einen Aufruf zu kreieren, der ebenso erfolgreich ist wie jener von Jimmy Wales. Mit dem Wikipedia-Autor Dr. Peter Cueppers ist uns dies gelungen – einem 86-jährigen, engagierten Autor, der erst vor wenigen Jahren angefangen hat zu editieren.

Wikipedia aus ganz verschiedenen Perspektiven darzustellen und auf diese Weise die Leser von einer Spende zu überzeugen, war eines der Ziele, die wir uns für diese Spendenkampagne vorgenommen hatten. Daher wollten wir auch Leser von Wikipedia zu Wort kommen lassen. Zudem war es unser Ziel, neue Wege in der Spenderkommunikation zu gehen. Mit der Produktion eines Kampagnen-Videos versuchten wir beide Ziele miteinander zu verbinden. In unserem zweiminütigen Video schildert ein bunte Mischung ganz unterschiedlicher Leser ihre Erfahrungen mit der freien Enzyklopädie und beschreibt, warum sie Wikipedia mögen. Anschließend ruft Pavel Richter als Vorstand von Wikimedia Deutschland zur Unterstützung von Wikipedia auf.

An dieser Stelle möchten wir nochmals allen Unterstützern danken und die Aufrufe und das Kampagenvideo kurz vorstellen. Ohne die tolle Unterstützung dieser Wikipedia-begeisterten Menschen hätten wir die Kampagne niemals so gestalten können, wie wir es immer wollten: eine erfolgreiche Kampagne, die aus unterschiedlichsten Perspektiven Wikipedia und Freies Wissen erklärt und so Menschen von einer Spende überzeugt. Alle persönlichen Aufrufe kann man sich hier anschauen. Vielen Dank an alle Freiwilligen und Wikimedia-Mitarbeiter, die sich mit ihrer Geschichte beteiligt haben.


Mit 86 Jahren hat Dr. Peter Cueppers bereits 19.000 Bearbeitungen vorgenommen. In seinem Aufruf beschreibt er, wie er noch in hohem Alter dazu kam, Wikipedia-Autor zu werden.


Dirk Franke kennt Wikipedia bereits seit ihrer Anfangszeit. Er war einer der ersten Autoren in der deutschsprachigen Wikipedia und erlebte den ersten großen Boom bei den Neuautoren hautnah.


Elly Köpf, Projektmanagerin bei Wikimedia, stellt die medienpädagogischen Workshops des Vereins vor und erläutert, welche Bedeutung Wikipedia für den Schulalltag hat.


Wikipedia-Gründer Jimmy Wales erklärt in seinem Aufruf, dass auch er ein Freiwilliger ist und dass Werbung in der Wikipedia nichts zu suchen hat.


Dass man sich auch in jungen Jahren in Wikipedia engagieren kann, zeigt Tobias Klenze, der mit 16 zu schreiben begann. Als wesentliche Motivation beschreibt er den Wunsch, anderen helfen zu können. Er stellt in seinem Aufruf die Besonderheit der freiwilligen Mitarbeit in Wikipedia heraus.


Im naturwissenschaftlichen Bereich engagiert sich der 20-jährige Pharmazie-Student und Wikipedia-Autor Robin Müller. Weil er seine Hausaufgaben nicht für sich alleine machen wollte, fing er einfach an, Wikipedia-Artikel zu schreiben.


Mit 12 Jahren hat Wikimedia-Mitarbeiter Jens Ohlig bereits programmiert. Was er 27 Jahre später mit dem Wikidata-Team macht und warum er sich dafür begeistert, erzählt er in seinem Aufruf.


Christoph Meineke ist Bürgermeister der Kleinstadt Wennigsen und zugleich Wikipedia-Autor. Er erläutert, warum seine Stadt im Wikipedia-Fieber war und welche Bedeutung sie auf lokaler Ebene hat.


Wikipedia-Spender Gunther Tutein schildert, warum ihm Wikipedia wichtig ist und warum er im letzten Jahr die Online-Enzyklopädie unterstützte.


Als Familienvater mit einer vollen Arbeitswoche ist es für Gereon Kalkuhl mit Aufwand verbunden, über sein Faszinationsthema Schach zu schreiben. In seinem Aufruf hebt er vor allem die Bedeutung des freien Zugangs zu Wissen für Menschen aller Bevölkerungsschichten hervor.


Cornelia Dietz arbeitet als Medizin-Redakteurin und berichtet von Ihren Eindrücken, wie die Wikipedia im medizinischen Bereich über die Jahre qualitativ an Wert gewonnen hat


Wikipedia-Spenderin Solveig Wehking erklärt die gesellschaftliche Bedeutung der Online-Enzyklopädie.


Der Wikipedia-Entwickler Denny Vrandečić bezieht sich in seinem Aufruf auf die werbefreie Informationsplattform und deren Relevanz zur Informationsbeschaffung und Wissensverbreitung.


Gerd Seidel berichtet über seine fotografische Mitarbeit in Wikipedia und die besondere Bedeutung des Ehrenamts.


Der Wikipedia-Autor Harald Krichel stellt die Geldfrage im Zusammenhang mit Wissenszugang.


Wikimedia-Mitarbeiter Till Mletzko vergleicht Wikipedia mit einer klassischen Bibliothek, um ihre einmaligen Eigenschaften zu verdeutlichen.


In dem Video-Aufruf kommen eine Reihe Wikipedia-Leser zu Wort. Pavel Richter, Vorstand von Wikimedia Deutschland, erläutert zudem, warum Spendeneinnahmen so wichtig sind für die effiziente Verbreitung von Freiem Wissen.


In seiner Dankesbotschaft an die Spender, Leser, Autoren und Mitarbeiter zieht Pavel Richter eine Bilanz der Kampagne und macht nochmals deutlich, worauf es in der Wikipedia und in der anstehenden Arbeit des Fördervereins Wikimedia Deutschland in Zukunft besonders ankommt.


Lizenzhinweise:

  • Bilder von Dr. Peter Cueppers, Dirk Franke, Elly Köpf, Tobias Klenze, Jens Ohlig, Christoph Meineke, Gunther Tutein, Gereon Kalkuhl, Cornelia Dietz, Denny Vrandečić, Gerd Seidel, Harald Krichel, Till Mletzko: Tobias Schumann, CC-BY-SA 3.0
  • Bild von Jimmy Wales: Chris Floyd, CC-BY-SA 3.0
  • Bild von Robin Müller: Corinna Müller, CC-BY-SA 3.0
  • Bild von Pavel Richter: Die Hoffotografen, Berlin, CC-BY-SA 3.0
  • Bild von Solveig Wehking: Arnulf Fornoff, CC-BY-SA 3.0
  • Videoaufruf: Wikimedia Deutschland, CC-BY-SA 3.0

Kommentare

  1. […] und Beteiligten in einem Blogbeitrag und das Team Fundraising fasste wenig später noch einmal die Eckpunkte der Kampagne in einem weiteren Text […]

  2. […] sozialmarketing.de: Ergebnis der Verlosung “Dein Wunsch an sozialmarketing.de” Wikimedia: Die Gesichter hinter den Zahlen – ein Rückblick auf die Spendenkampagne 2012 Fundraising-Knigge: Reiche geben weil sie reich sind – oder? Deutscher Fundraising Verband: […]

  3. Stepro
    19. Januar 2013 um 00:42 Uhr

    Hallo poupou,

    im Rahmen des Fundraisers wurde über das Online-Formular nur die Fördermitgliedschaft angeboten. Von den Mitgliedsanträgen, die über die Spendenkampagne gestellt wurden, betrafen 12,5% die aktive und somit 87,5% die Fördermitgliedschaft.

    Ich teile Deine Bedenken im Übrigen auch und finde diese Einschränkung des Online-Antrags während des Fundraisers auf die Fördermitgliedschaft richtig. Ansonsten (also auch jetzt) sollten wir aber meiner Meinung nach die Partizipationsmöglichkeit nicht unnötig erschweren, daher ist es jetzt wieder möglich, beide Arten der Mitgliedschaft online zu beantragen.

    Davon abgesehen sehe ich durch die Mitgliedschaften auch eine von den Spenden und der Foundation unabhängige Einnahmequelle von WMDE. Die im Jahresplan 2013 vorgesehenen Mitgliedsbeiträge von 150.000 € dürften deutlich überschritten werden.

  4. Marcus Cyron
    18. Januar 2013 um 05:07 Uhr

    Sehr schöner Beitrag!

  5. Christoph Jackel
    17. Januar 2013 um 23:53 Uhr

    Es sind vor allem Fördermitglieder dazugestoßen. Ich kenne die Quote nicht aus dem Kopf genau, es sind aber über 80%.

  6. poupou
    17. Januar 2013 um 22:12 Uhr

    ich habe keine entwicklung geschildert. die verdoppelung der mitgliederzahlen ist ja ein fakt. und natürlich haben wir uns alle lieb und auch die neuen mitglieder und alle lieben die wikipedia. trotzdem wäre mir sehr viel wohler, wenn im zusammenhang mit dem spendenaufruf nur um fördermitglieder geworben würde. vielleicht beantrage ich das mal auf der nächsten MV.

  7. Christoph Jackel
    17. Januar 2013 um 14:39 Uhr

    Hallo poupou, die von Dir geschilderte Entwicklung ist selbstverständlich denkbar. Tatsächlich ist es so, dass viele der neuen Mitglieder Wikipedia kennen und schätzen und sich auch aktiv an den Projekten beteiligen wollen. Im Präsidium sind viele Wikipedianer vertreten. Die Neumitglieder sind sicher offen für die Bedürfnisse der Menschen, die sich täglich oder zeitweise an den Projekten beteiligen. Von der Wikipedia-Community wird ihrerseits initiativ auf die neuen Vereinsmitglieder zugegangen: beim Einsteigerworkshop München beispielsweise haben wir auf Anfrage der ehrenamtlichen Wikipedianer und Wikipedianerinnen alle Mitglieder eingeladen. Für mich stellt sich das derzeit als fruchtbares Miteinander mit gegenseitiger Anerkennung dar.

  8. poupou
    17. Januar 2013 um 14:20 Uhr

    verdoppelung der mitglieder heisst aber auch: die in den projekten aktive community wird bei WMDE immer weniger vertreten sein. wie will WMDE sicher stellen, dass die community mit ihren anliegen auch in einem zunehmend größeren verein, dessen mitglieder immer weniger unmittelbar mit den projekten zu tun haben, gehör findet?

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