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Ein Jahr Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungsbereich 933 an der Universität Heidelberg

Nicolas Rueck

14. Dezember 2016

Ein Beitrag von Marcus Cyron

Im Jahr 2016 wurde Wikipedia 15 Jahre als. Seit nun über 10 Jahren sucht die Wikipedia-Community den Kontakt mit akademischen Institutionen: mit Universitäten, Akademien und mit GLAM, also Galerien, Bibliotheken, Archiven und Museen. Mal funktioniert das besser, mal schlechter. Verschiedenste Modelle wurden probiert. Gemeinsame Tagungen, Fortbildungen, Schul- und Universitätsprojekte. Vielfach ist Interesse und großes Engagement von beiden Seiten vorhanden, denn nur so kann diese Zusammenarbeit funktionieren. Von einer überaus gut funktionierenden Kooperation möchte ich rückblickend auf das Jahr 2016 an dieser Stelle berichten.

Alles begann mit der WikiCon Mitte September 2015 in Dresden, wo ein junger Mitarbeiter des an der Universität Heidelberg angesiedelten Sonderforschungsbereichs (SFB) 933 „Materiale Textkulturen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft Kontakte in die Wikipedia-Welt suchte. Gerade wurde der SFB für eine zweite Periode verlängert. Zum bewilligten Antrag gehörte auch, möglichst auf einer breiten Ebene die Arbeit und die Ergebnisse der Forschungen des SFB in die Öffentlichkeit zu bringen. Ein Weg sollte dabei Wikipedia sein. Dank Wikimedia Deutschlands Kuratorin für Kulturpartnerschaften konnte Christian Vater, der dafür zuständige Mitarbeiter des SFB, auch die inhaltlich passenden Personen kennen lernen.

Der SFB „Materiale Textkulturen“ beschäftigt sich mit den materiellen Wegen der Textübermittlung in Zeiten, bevor der Buchdruck erfunden wurde. 17 von 31 der sogenannten „Kleinen Fächer“ an der Universität Heidelberg sind Teil dieses SFB, der zudem derzeit einer von nur ganz wenigen geisteswissenschaftlichen SFBs in Deutschland ist. Darunter fallen die verschiedenen Altertumswissenschaften, die an kaum einer anderen deutschen Universität noch in einer solchen Breite gelehrt werden, aber auch Mediävistik und Orientwissenschaften. Inhaltlich bedeutet das etwa, dass zu antiken Fluchtäfelchen und Vaseninschriften ebenso geforscht wird wie zu Graffiti in Pompeji, Buchmalereien im Mittelalter, buddhistischen Inschriften in China oder den traditionellen indonesischen Schriftzeichen. Idealerweise werden die Ergebnisse dieser Forschungen in einer im Open Access zugänglichen Schriftenreihe publiziert, was auch Wikipedianern natürlich einen einfachen Zugang gestattet.

In Dresden konnte Christian also seine ersten Kontakte kennen lernen, und da ich sein Engagement schon in Dresden so erfrischend fand, war ich schnell in die Mittlerrolle zwischen SFB und Wikipedia gerutscht. Im November besuchte ich Heidelberg dann auch das erste Mal, und das gleich für drei Tage. In diesen drei Tagen nahm sich Christian meiner in toller Weise an. Ich wurde so vielen Mitarbeitern des SFB vorgestellt, dass ich bis heute brauche, um diese alle noch wirklich kennen zu lernen. Zuvorderst natürlich der Sprecher des Forschungsverbundes, der Mediävist Ludgar Lieb, aber auch die Kuratorin der Uruk-Warka-Sammlung Kristina Sauer, die Professorin für Papyrologie, Andrea Jördens, und den neuen Juniorprofessor für Klassische Archäologie, Nikolaus Dietrich, der uns auch durch das Antikenmuseum der Universität führte. Nicht vergessen darf man natürlich die Treffen mit Mitarbeitern der Öffentlichkeitsarbeit.

Dann kam die Findungsphase. „Etwas zusammen machen“. Das wollen viele. Gerade mit Wikipedia. Oft bedeutet das aber auch nur, man würde gerne die Masse der Freiwilligen für ein eigenes Vorhaben einsetzen. In anderen Fällen würden Institutionen gerne viel tun, haben aber nicht die Kapazitäten. Doch dieses Mal waren die Kapazitäten vorhanden und Ziele konnte man zusammen suchen und finden. Letztlich waren es meine Vorlieben, die am Ende zum Ziel der ersten Etappe wurden: Ich wollte etwas mit der Antikensammlung der Universität machen. Etwas mit den antiken Vasen, über die ich in Wikipedia schon seit mehr als 10 Jahren recht intensiv schrieb. Allerdings waren die Begegnungen mit der Heidelberger Sammlung noch nicht so groß, aber immerhin gab es schon einen Artikel zum „Heidelberger Maler“, der nach einem herausragenden Stück in Heidelberg benannt wurde, da der echte Name nicht überliefert ist.

Also Antike. Das traf sich auch gut für Heiko „DerMaxdorfer“ Fischer, der gerade mit seinem Studium der Altertumswissenschaften in Heidelberg begonnen hatte und seit dem ersten Treffen in Heidelberg zum festen Stamm der Organisatoren gehört. Bei einem weiteren Besuch in Heidelberg, bei dem es schon um detailliertere Planungen ging, lernten wir Hermann Pflug, den Kurator der Sammlung, und den Institutsfotografen Hubert Vögele kennen. Wie auch schon Nikolaus Dietrich waren sie sehr aufgeschlossen der Idee gegenüber, etwas mit Wikipedia zu tun und damit natürlich letztlich auch die Sichtbarkeit des Antikenmuseums zu erhöhen. Fotoerlaubnis wurde erteilt und je nach Möglichkeit auch die zur Verfügungstellung schon produzierter Aufnahmen. Gerade Hubert Vögele schien durchaus davon angetan, dass seine Bilder somit auch einen Zweck über den akademischen hinaus haben und als Vermächtnis dienen würden.

Foto: Martin Rulsch, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0, Antikenmuseum der Universität Heidelberg (Martin Rulsch) 2016-10-05 01, CC BY-SA 4.0

Und so kam es Anfang Oktober zu den beiden ersten Veranstaltungen in Heidelberg. Oftmals ist das der Punkt, nach dem dann alles einschläft. Diesmal sollte das aber nicht so sein. Die Verbindungen, die sich im letzten Jahr ergeben hatten, gehen ganz offensichtlich tiefer. Nicht nur wurde Christian Vater für sein herausragendes Engagement bei der WikiCon 2016 mit einer Wiki-Eule geehrt, was selbst an der Heidelberger Universität zur Kenntnis genommen wurde, nein schon einen Monat nach unserer GLAM-on-Tour-Station in Heidelberg war ich erneut auf Einladung des Instituts für Klassische Archäologie in Heidelberg. Zunächst zur Antrittsvorlesung von Nikolaus Dietrich, einen Tag später zum Festakt aus Anlass des 150-jährigen Jubiläum des Instituts. Offenbar sind die Verbindungen, die sich innerhalb eines Jahres heraus gebildet haben, recht freundschaftlich geworden.

Und es ist noch lange nicht das Ende. Für 2017 ist schon die Nachfolgeveranstaltung geplant, diesmal überlegen wir uns mit dem Mittelalter zu beschäftigen, natürlich mit einem geeigneten Partner an der Universität – und zwar der Universitätsbibliothek Heidelberg. Thema soll die Geschichte der Bibliotheca Palatina werden, und mit Martin Nissen ist auch bereits ein engagierter Bibliothekar mit dabei. Und auch danach haben wir schon weitere Ideen. Man wird also wohl noch Einiges hören, von Wikipedianern in Heidelberg.

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