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Wissen teilen – Frauen starten gemeinsam in die Wikipedia

WMDE allgemein

14. Juni 2012

Eybisch-Klimpel, CC-BY-SA 3.0

Der Anteil weiblicher Autoren in der Wikipedia ist erschreckend gering. Wikimedia Deutschland organisiert in diesem Jahr daher eine Reihe von Aktionen, um auf dieses Ungleichgewicht hinzuweisen. Erste Veranstaltungen fanden bereits mit dem Frauen Computer Zentrum Berlin und den Frauenring Kiel statt. Der erste Workshop in diesem Rahmen fand nun am Dienstag in Berlin gemeinsam mit der Beratungsstelle Frau und Beruf e.V. für Frauen im beruflichen Übergang statt. Zum Pilotprojekt im IT-Trainingsraum der Beratungsstelle ber-IT kamen zehn Teilnehmerinnen, die Wikipedia zwar ausgiebig nutzen und schätzen – jedoch bisher beim Versuch, daran mitzuwirken, auf Hindernisse gestoßen sind und allein nicht weiter kamen.

Entstanden war die Idee zu diesem Workshop aus zwei Problemen heraus: Zum einen stellte Cornelia Eybisch-Klimpel in ihrer Beratungsarbeit fest, dass hervorragend ausgebildete und ambitionierte Frauen, die in der Phase des beruflichen Übergangs darunter leiden, dass ihr Wissen nicht abgefragt wird, sie es nicht teilen und aktualisieren können. Dadurch steigt die Gefahr, fachlich den Anschluss zu verlieren. Das wirkt sich zunächst negativ auf das Selbstwertgefühl aus und in der Folge dann auch auf den (zumindest gefühlten) Marktwert. Viele vermissen zudem die Vernetzung mit Experten und die Versorgung mit Informationen, die bei der Jobsuche so wichtig sind. Zum anderen kann Wikipedia davon profitieren, wenn mehr weibliche Autoren an der Enzyklopädie mitarbeiten. Nur neun Prozent der Wikipedianer sind weiblich – es fehlt also ein wesentlicher Teil der Sicht auf die Welt in unserer größten Online-Enzyklopädie.

“Vernetzung” das war auch das Stichwort, welches sich durch den gesamten Workshop zog. Die Idee lag daher nahe, die jobsuchenden Frauen und Wikipedia zusammen zu bringen. Die Hindernisse wurden im Workshop klar beim Namen genannt: Zum einen die fehlende Zeit und zum anderen das Gefühl, mit den ersten Editierversuchen ins anonyme Leere zu tappen. Eine Teilnehmerin berichtete davon, dass ein Beitrag von ihr bereits gelöscht wurde. Aus solchen Erfahrungen resultierte die Angst, dann womöglich unfreundlich kommentiert auf einer „Löschliste“ zu landen. In der Diskussion stellte sich heraus, dass für die Arbeit in der Wikipedia der Aspekt der intensiven Diskussion über Fachthemen jedoch auch als mögliche Chance gesehen werden kann.

Köpf, CC-BY-SA 3.0

Nach anfänglicher Skepsis war es für die Teilnehmerinnen gut, jemanden zur Seite zu haben, der aufklären kann: Dass es zum Beispiel Hilfeseiten in der Wikipedia und das Mentorenprogramm gibt, dass es Plattformen und Portale für Rückfragen und Unterstützung von Frauen gibt und dass jede Aktivität auch wieder rückgängig gemacht werden kann. Während des Workshops begannen die Teilnehmerinnen sofort damit, selbst aktiv zu werden und Artikel direkt zu verbessern, Wartungsbausteine zu entfernen und sich inhaltliche Gedanken zur eigenen Arbeit zu machen. Der freundlich gemeinte Baustein, der nach der Anmeldung auf den Diskussionsseiten der Benutzer erschien, sorgte bei den Teilnehmerinnen kurz für Entrüstung, da er als zu anonym und wenig einladend empfunden wurde. Offene Fragen wurden gesammelt und im laufe des Workshops abgearbeitet: Wie binde ich Bilder ein, wie kann ich grafisch Artikel aufarbeiten und was sind zulässige Quellen, waren nur drei der Fragen, die in den Gruppendiskussionen immer wieder aufkamen.

Im Anschluss an den Wikipedia-Workshop kamen die Teilnehmerinnen zu dem Schluss, dass die Hürden durch das gemeinsame Arbeiten deutlich gesenkt werden konnten, dass die “schnellen Erfogserlebnisse” zählten und dass die Arbeit direkt “am offenen Herzen” durchweg positiv war. Zwei Teilnehmerinnen verabredeten sich sogleich , gemeinsam einen Artikel umzuschreiben: “Der geht ja gar nicht!” Auch die zwei Referenten konnten deutliche Unterschiede zu bisherigen Workshops feststellen, so z.B. ein größeres Bedürfnis nach persönlicher „real-live“-Vernetzung und die äußerst produktive Diskussion und offenen Fragen der Teilnehmerinnen. In einer zweiten Veranstaltung von Frau und Beruf e.V. wird es um die Frage gehen, wie die Arbeit an Wikipedia für die Jobsuche und die eigene Vernetzung helfen kann. Wikipedianerinnen, die Interesse haben, an dem zweiten Teil der Veranstaltung nächsten Dienstag (19.6.2012 18.00-21.00 Uhr) teilzunehmen, können sich gerne bei Conni Eybisch-Klimpel dazu anmelden. Wikimedia Deutschland bedankt sich bei den Teilnehmerinnen und freut sich über direkte Rückmeldung und weitere interessiete Institutionen und Partner für gemeinsame Aktionen wie diese.

Ein gemeinsamer Text von Conni Eybisch-Klimpel und Elly Köpf

 

Kommentare

  1. […] Frau und Beruf e.V. und dem Frauen Computer Zentrum Berlin (FCZB)). Der erste Workshop ist auch im Blog von Wikimedia Deutschland dokumentiert. Der Workshop mit “Frau und Beruf” motivierte einige […]

  2. Eybisch
    15. Juni 2012 um 12:26 Uhr

    Ein freundlicher Ton ist eine sehr gute Idee für den Anfang! Diejenigen von uns, die im Kurs eine freundliche Begrüßung empfangen haben, haben sich sehr gefreut. Wenn die Begrüßung dann noch persönlich ausfällt, macht das unglaublich Eindruck auf uns Anfängerinnen! Freundlichkeit hält die Leute am Anfang auch bei der STange, wenn sie erste Gehversuche machen und ins Stolpern kommen. Kommentarloses Streichen oder eine rüde Bemerkung wirken hingegen so, als würde einem jemand die Tür vor der Nase zuschlagen.

  3. Martin Rulsch
    15. Juni 2012 um 00:42 Uhr

    Zur Begrüßungsvorlage gab es zuletzt einen größeren Test: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Projekt_Warnhinweise/Tests

  4. Aschmidt
    14. Juni 2012 um 16:21 Uhr

    Schön fände ich, wenn in einem ersten Schritt aus diesem Workshop Anregungen für einen freundlicheren und einladenderen Begrüßungstext hervorgehen würden. Ich verwende dazu keinen Baustein, sondern einen schlichten Text mit ein paar Links zu Hilfeseiten, und habe damit auch bei neuen Autorinnen bisher gute Erfahrungen gemacht, vor allem wenn man den Text ergänzt um ein paar freundliche Worte, die sich konkret auf die bisherigen Bearbeitungen beziehen.

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